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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Stellen unbedingt ausgesprochen wird, daß bei der Stipu-
lation der Schuldner durch die Mora verpflichtet werde,
den zufälligen Untergang der versprochenen Sache zu ver-
güten, ohne irgend eine Erwähnung jener Einschränkung,
so würden wir durch Annahme der Einschränkung wenig-
stens mit diesen Stellen in entschiedenen Widerspruch
treten, und es würde sehr klarer, unzweideutiger Zeugnisse
bedürfen, wenn wir auch nur zu einem Zweifel, und zu
dem Versuch einer Vereinigung der scheinbar widersprechen-
den Stellen veranlaßt werden sollten. Ganz eben so ver-
hält es sich mit der strengen Verpflichtung des unredlichen
Besitzers, so wie mit der eigenthümlichen Art der Mora
bei den Klagen in rem.

Was wir nun in der That über jene angebliche Ein-
schränkung im R. R. finden, läßt sich auf folgende Äuße-
rungen zurück führen.

A. Bei der actio ad exhibendum ist schon oben der
Satz vorgetragen worden, daß der zufällige Untergang der
Sache nach der L. C. den Beklagten zuweilen zur Ent-
schädigung verpflichte, welches so zu verstehen ist, daß die
strenge Verpflichtung unter denselben Bedingungen ein-
treten soll, wie bei der Eigenthumsklage (§ 273. z).
Diesem Ausspruch fügt Paulus folgende Worte hinzu (h):
"Tanto magis, si apparebit, eo casu mortuum esse,
qui non incidisset, si tum exhibitus fuisset."

In diesen Worten liegt Nichts als eine besondere Be-

(h) L. 12 § 4 ad exhib. (10. 4).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Stellen unbedingt ausgeſprochen wird, daß bei der Stipu-
lation der Schuldner durch die Mora verpflichtet werde,
den zufälligen Untergang der verſprochenen Sache zu ver-
güten, ohne irgend eine Erwähnung jener Einſchränkung,
ſo würden wir durch Annahme der Einſchränkung wenig-
ſtens mit dieſen Stellen in entſchiedenen Widerſpruch
treten, und es würde ſehr klarer, unzweideutiger Zeugniſſe
bedürfen, wenn wir auch nur zu einem Zweifel, und zu
dem Verſuch einer Vereinigung der ſcheinbar widerſprechen-
den Stellen veranlaßt werden ſollten. Ganz eben ſo ver-
hält es ſich mit der ſtrengen Verpflichtung des unredlichen
Beſitzers, ſo wie mit der eigenthümlichen Art der Mora
bei den Klagen in rem.

Was wir nun in der That über jene angebliche Ein-
ſchränkung im R. R. finden, läßt ſich auf folgende Äuße-
rungen zurück führen.

A. Bei der actio ad exhibendum iſt ſchon oben der
Satz vorgetragen worden, daß der zufällige Untergang der
Sache nach der L. C. den Beklagten zuweilen zur Ent-
ſchädigung verpflichte, welches ſo zu verſtehen iſt, daß die
ſtrenge Verpflichtung unter denſelben Bedingungen ein-
treten ſoll, wie bei der Eigenthumsklage (§ 273. z).
Dieſem Ausſpruch fügt Paulus folgende Worte hinzu (h):
Tanto magis, si apparebit, eo casu mortuum esse,
qui non incidisset, si tum exhibitus fuisset.“

In dieſen Worten liegt Nichts als eine beſondere Be-

(h) L. 12 § 4 ad exhib. (10. 4).
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[192/0210] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Stellen unbedingt ausgeſprochen wird, daß bei der Stipu- lation der Schuldner durch die Mora verpflichtet werde, den zufälligen Untergang der verſprochenen Sache zu ver- güten, ohne irgend eine Erwähnung jener Einſchränkung, ſo würden wir durch Annahme der Einſchränkung wenig- ſtens mit dieſen Stellen in entſchiedenen Widerſpruch treten, und es würde ſehr klarer, unzweideutiger Zeugniſſe bedürfen, wenn wir auch nur zu einem Zweifel, und zu dem Verſuch einer Vereinigung der ſcheinbar widerſprechen- den Stellen veranlaßt werden ſollten. Ganz eben ſo ver- hält es ſich mit der ſtrengen Verpflichtung des unredlichen Beſitzers, ſo wie mit der eigenthümlichen Art der Mora bei den Klagen in rem. Was wir nun in der That über jene angebliche Ein- ſchränkung im R. R. finden, läßt ſich auf folgende Äuße- rungen zurück führen. A. Bei der actio ad exhibendum iſt ſchon oben der Satz vorgetragen worden, daß der zufällige Untergang der Sache nach der L. C. den Beklagten zuweilen zur Ent- ſchädigung verpflichte, welches ſo zu verſtehen iſt, daß die ſtrenge Verpflichtung unter denſelben Bedingungen ein- treten ſoll, wie bei der Eigenthumsklage (§ 273. z). Dieſem Ausſpruch fügt Paulus folgende Worte hinzu (h): „Tanto magis, si apparebit, eo casu mortuum esse, qui non incidisset, si tum exhibitus fuisset.“ In dieſen Worten liegt Nichts als eine beſondere Be- (h) L. 12 § 4 ad exhib. (10. 4).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/210>, abgerufen am 17.05.2024.