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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Bekräftigung dieser Meinung, nach der anderen als Ein-
schränkung derselben.

C. Endlich bleibt noch die öfter erwähnte sehr ver-
worrene Stelle des Ulpian über die actio quod metus
causa
übrig (k). Darin wird gesagt, bei dem zufälligen
Untergang während des Rechtsstreits sey der Beklagte zum
Ersatz verpflichtet:
"si tamen peritura res non fuit, si metum non ad-
hibuisset, tenebitur reus"
(l).

In diesen Worten scheint allerdings, nach einem sehr
nahe liegenden argumentum a contrario, für den entgegen-
gesetzten Fall (wenn die Sache in jedem Fall untergegangen
wäre, z. B. bei dem natürlichen Tode des Sclaven vor
Alter) jede strenge Verpflichtung des Beklagten verneint zu
werden, und Dieses ist in der That die einzige scheinbare
Stütze der hier bekämpften Meinung. Es scheint mir je-
doch aus folgenden Gründen durchaus unzulässig, den so

(k) L. 14 § 11 quod metus
(4. 2). Vgl. oben § 273.
(l) Vollständig lautet der hier-
her gehörende Theil der Stelle so:
Nachdem zuerst gesagt war, für
einen Sclaven, der ohne Schuld
des Beklagten entlaufen sey, habe
der Beklagte blos Caution zu
stellen, fährt Ulpian fort: "Sed
et si non culpa ejus cum quo
agetur obierit,
si tamen per-
itura res non fuit, si metum
non adhibuisset tenebitur reus."

Die hier cursiv gedruckten Worte
sind aus Haloander genommen, und
geben folgenden Sinn. Vorher
war die Rede gewesen von dem
entlaufenen Sclaven ("Ergo
si in fuga sit servus sine dolo
malo et culpa ejus cum quo
agetur, cavendum esse" rel
). --
Dagegen bildet den Gegensatz der
Fall des verstorbenen Sclaven
("Sed et si ... obierit"). -- Die
Leseart der Florentina und der
Vulgata: "Sed et si non culpa
ab eo cum quo agetur aberit"

giebt durchaus keinen erträglichen
Sinn.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Bekräftigung dieſer Meinung, nach der anderen als Ein-
ſchränkung derſelben.

C. Endlich bleibt noch die öfter erwähnte ſehr ver-
worrene Stelle des Ulpian über die actio quod metus
causa
übrig (k). Darin wird geſagt, bei dem zufälligen
Untergang während des Rechtsſtreits ſey der Beklagte zum
Erſatz verpflichtet:
„si tamen peritura res non fuit, si metum non ad-
hibuisset, tenebitur reus“
(l).

In dieſen Worten ſcheint allerdings, nach einem ſehr
nahe liegenden argumentum a contrario, für den entgegen-
geſetzten Fall (wenn die Sache in jedem Fall untergegangen
wäre, z. B. bei dem natürlichen Tode des Sclaven vor
Alter) jede ſtrenge Verpflichtung des Beklagten verneint zu
werden, und Dieſes iſt in der That die einzige ſcheinbare
Stütze der hier bekämpften Meinung. Es ſcheint mir je-
doch aus folgenden Gründen durchaus unzuläſſig, den ſo

(k) L. 14 § 11 quod metus
(4. 2). Vgl. oben § 273.
(l) Vollſtändig lautet der hier-
her gehörende Theil der Stelle ſo:
Nachdem zuerſt geſagt war, für
einen Sclaven, der ohne Schuld
des Beklagten entlaufen ſey, habe
der Beklagte blos Caution zu
ſtellen, fährt Ulpian fort: „Sed
et si non culpa ejus cum quo
agetur obierit,
si tamen per-
itura res non fuit, si metum
non adhibuisset tenebitur reus.“

Die hier curſiv gedruckten Worte
ſind aus Haloander genommen, und
geben folgenden Sinn. Vorher
war die Rede geweſen von dem
entlaufenen Sclaven („Ergo
si in fuga sit servus sine dolo
malo et culpa ejus cum quo
agetur, cavendum esse“ rel
). —
Dagegen bildet den Gegenſatz der
Fall des verſtorbenen Sclaven
(„Sed et si … obierit). — Die
Leſeart der Florentina und der
Vulgata: „Sed et si non culpa
ab eo cum quo agetur aberit“

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[194/0212] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Bekräftigung dieſer Meinung, nach der anderen als Ein- ſchränkung derſelben. C. Endlich bleibt noch die öfter erwähnte ſehr ver- worrene Stelle des Ulpian über die actio quod metus causa übrig (k). Darin wird geſagt, bei dem zufälligen Untergang während des Rechtsſtreits ſey der Beklagte zum Erſatz verpflichtet: „si tamen peritura res non fuit, si metum non ad- hibuisset, tenebitur reus“ (l). In dieſen Worten ſcheint allerdings, nach einem ſehr nahe liegenden argumentum a contrario, für den entgegen- geſetzten Fall (wenn die Sache in jedem Fall untergegangen wäre, z. B. bei dem natürlichen Tode des Sclaven vor Alter) jede ſtrenge Verpflichtung des Beklagten verneint zu werden, und Dieſes iſt in der That die einzige ſcheinbare Stütze der hier bekämpften Meinung. Es ſcheint mir je- doch aus folgenden Gründen durchaus unzuläſſig, den ſo (k) L. 14 § 11 quod metus (4. 2). Vgl. oben § 273. (l) Vollſtändig lautet der hier- her gehörende Theil der Stelle ſo: Nachdem zuerſt geſagt war, für einen Sclaven, der ohne Schuld des Beklagten entlaufen ſey, habe der Beklagte blos Caution zu ſtellen, fährt Ulpian fort: „Sed et si non culpa ejus cum quo agetur obierit, si tamen per- itura res non fuit, si metum non adhibuisset tenebitur reus.“ Die hier curſiv gedruckten Worte ſind aus Haloander genommen, und geben folgenden Sinn. Vorher war die Rede geweſen von dem entlaufenen Sclaven („Ergo si in fuga sit servus sine dolo malo et culpa ejus cum quo agetur, cavendum esse“ rel). — Dagegen bildet den Gegenſatz der Fall des verſtorbenen Sclaven („Sed et si … obierit“). — Die Leſeart der Florentina und der Vulgata: „Sed et si non culpa ab eo cum quo agetur aberit“ giebt durchaus keinen erträglichen Sinn.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/212>, abgerufen am 20.05.2024.