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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 286. Inhalt des Urtheils. Arten.
Regel ist denn auch für unser heutiges Recht der praktisch
wichtige Satz abzuleiten, daß das stillschweigende Übergehen
der omnis causa, so wie der Prozeßkosten, eben so zu
betrachten ist, wie wenn sie ausdrücklich ausgesprochen
worden wären (f).

Hält man fest an diesen Regeln, so vermindert sich die
Wichtigkeit der oft aufgeworfenen Frage, ob der Kläger,
der nach einer rechtskräftigen Verurtheilung seine Befriedi-
gung noch nicht erlangt hat, blos mit der actio judicati
klagen könne, oder auch mit der früheren, bereits abgeur-
theilten Klage. Der Gebrauch der actio judicati macht die
Sache klarer und einfacher, aber auch die frühere Klage ist
ganz ungefährlich, wenn man sie nur unter die eben auf-
gestellten Beschränkungen stellt, so daß jeder Anspruch, der
über die rechtskräftige Verurtheilung hinaus geht, durch
die Einrede der Rechtskraft schlechthin ausgeschlossen ist.
Wir müssen aber hierin noch weiter gehen. Da unser
heutiger Prozeß weder Klagformeln, noch fest bestimmte
Arten und Namen der Klagen kennt, sondern Alles von
den Behauptungen und Anträgen der Parteien abhängen
läßt, so haben wir oft gar kein durchgreifendes Mittel, zu
unterscheiden, ob die actio judicati, oder vielmehr (unter

scheinlich ist, daß in den Stipu-
lationen bei der L. C. stets die
Worte vorgekommen seyn möchten:
sententiae stari, amplius non
peti (Brisson. de form. VI.
184),
so wird die Sache noch anschau-
licher. Vgl. oben § 258.
(f) Verzugszinsen. L. 13 C. de
usur.
(4. 32), L. 4 C. depos.

(4. 34). -- Prozeßkosten. L. 3
C. de fruct.
7. 51.
VI. 20

§. 286. Inhalt des Urtheils. Arten.
Regel iſt denn auch für unſer heutiges Recht der praktiſch
wichtige Satz abzuleiten, daß das ſtillſchweigende Übergehen
der omnis causa, ſo wie der Prozeßkoſten, eben ſo zu
betrachten iſt, wie wenn ſie ausdrücklich ausgeſprochen
worden wären (f).

Hält man feſt an dieſen Regeln, ſo vermindert ſich die
Wichtigkeit der oft aufgeworfenen Frage, ob der Kläger,
der nach einer rechtskräftigen Verurtheilung ſeine Befriedi-
gung noch nicht erlangt hat, blos mit der actio judicati
klagen könne, oder auch mit der früheren, bereits abgeur-
theilten Klage. Der Gebrauch der actio judicati macht die
Sache klarer und einfacher, aber auch die frühere Klage iſt
ganz ungefährlich, wenn man ſie nur unter die eben auf-
geſtellten Beſchränkungen ſtellt, ſo daß jeder Anſpruch, der
über die rechtskräftige Verurtheilung hinaus geht, durch
die Einrede der Rechtskraft ſchlechthin ausgeſchloſſen iſt.
Wir müſſen aber hierin noch weiter gehen. Da unſer
heutiger Prozeß weder Klagformeln, noch feſt beſtimmte
Arten und Namen der Klagen kennt, ſondern Alles von
den Behauptungen und Anträgen der Parteien abhängen
läßt, ſo haben wir oft gar kein durchgreifendes Mittel, zu
unterſcheiden, ob die actio judicati, oder vielmehr (unter

ſcheinlich iſt, daß in den Stipu-
lationen bei der L. C. ſtets die
Worte vorgekommen ſeyn möchten:
sententiae stari, amplius non
peti (Brisson. de form. VI.
184),
ſo wird die Sache noch anſchau-
licher. Vgl. oben § 258.
(f) Verzugszinſen. L. 13 C. de
usur.
(4. 32), L. 4 C. depos.

(4. 34). — Prozeßkoſten. L. 3
C. de fruct.
7. 51.
VI. 20
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[305/0323] §. 286. Inhalt des Urtheils. Arten. Regel iſt denn auch für unſer heutiges Recht der praktiſch wichtige Satz abzuleiten, daß das ſtillſchweigende Übergehen der omnis causa, ſo wie der Prozeßkoſten, eben ſo zu betrachten iſt, wie wenn ſie ausdrücklich ausgeſprochen worden wären (f). Hält man feſt an dieſen Regeln, ſo vermindert ſich die Wichtigkeit der oft aufgeworfenen Frage, ob der Kläger, der nach einer rechtskräftigen Verurtheilung ſeine Befriedi- gung noch nicht erlangt hat, blos mit der actio judicati klagen könne, oder auch mit der früheren, bereits abgeur- theilten Klage. Der Gebrauch der actio judicati macht die Sache klarer und einfacher, aber auch die frühere Klage iſt ganz ungefährlich, wenn man ſie nur unter die eben auf- geſtellten Beſchränkungen ſtellt, ſo daß jeder Anſpruch, der über die rechtskräftige Verurtheilung hinaus geht, durch die Einrede der Rechtskraft ſchlechthin ausgeſchloſſen iſt. Wir müſſen aber hierin noch weiter gehen. Da unſer heutiger Prozeß weder Klagformeln, noch feſt beſtimmte Arten und Namen der Klagen kennt, ſondern Alles von den Behauptungen und Anträgen der Parteien abhängen läßt, ſo haben wir oft gar kein durchgreifendes Mittel, zu unterſcheiden, ob die actio judicati, oder vielmehr (unter (e) (f) Verzugszinſen. L. 13 C. de usur. (4. 32), L. 4 C. depos. (4. 34). — Prozeßkoſten. L. 3 C. de fruct. 7. 51. (e) ſcheinlich iſt, daß in den Stipu- lationen bei der L. C. ſtets die Worte vorgekommen ſeyn möchten: sententiae stari, amplius non peti (Brisson. de form. VI. 184), ſo wird die Sache noch anſchau- licher. Vgl. oben § 258. VI. 20

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/323>, abgerufen am 24.11.2024.