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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 295. Wirkungen der Rechtskraft.
fenden Zinsen, insbesondere der Prozeßzinsen, wo solche zur
Anwendung kommen, auch nachdem ein rechtskräftiges Ur-
theil ergangen ist.

Unter den drei oben angegebenen Wirkungsarten der
Rechtskraft bleibt jetzt noch die letzte zur näheren Be-
trachtung übrig: die exceptio rei judicatae, oder die Ein-
rede der Rechtskraft
. Von dieser ist schon oben nach-
gewiesen worden, daß die historische Entwicklung der
Rechtskraft sich hauptsächlich an sie, als ihren eigentlichen
Mittelpunkt, angeknüpft hat (§ 281 fg.). Durch sie sollte
vorzugsweise die Fiction der Wahrheit des rechtskräftigen
Urtheils praktisch durchgeführt werden, oder mit anderen
Worten, es sollte durch sie bewirkt werden, daß niemals
der Inhalt eines Urtheils mit dem Inhalt eines früheren
rechtskräftigen Urtheils in Widerspruch trete. Allerdings
theilte sie in früherer Zeit diesen Beruf mit anderen ver-
wandten Rechtsinstituten (i); als aber diese allmälig ver-
schwanden, diente sie allein zu jenem wichtigen Zweck,
so daß sie im neuesten Recht eine noch höhere Stufe der
Wichtigkeit eingenommen hat, als in der früheren Zeit.

Diese Einrede kann begründet werden sowohl durch
eine Freisprechung, als durch eine Verurtheilung, hat also
insofern eine weitere Wirkungssphäre, als die Execution

(i) Nämlich mit der, schon in
der Litiscontestation liegende Con-
sumtion der Klage, wodurch
manche Klagen ipso jure zerstört,
andere vermittelst einer exceptio
rei in judicium deductae
ent-
kräftet wurden (§ 281).

§. 295. Wirkungen der Rechtskraft.
fenden Zinſen, insbeſondere der Prozeßzinſen, wo ſolche zur
Anwendung kommen, auch nachdem ein rechtskräftiges Ur-
theil ergangen iſt.

Unter den drei oben angegebenen Wirkungsarten der
Rechtskraft bleibt jetzt noch die letzte zur näheren Be-
trachtung übrig: die exceptio rei judicatae, oder die Ein-
rede der Rechtskraft
. Von dieſer iſt ſchon oben nach-
gewieſen worden, daß die hiſtoriſche Entwicklung der
Rechtskraft ſich hauptſächlich an ſie, als ihren eigentlichen
Mittelpunkt, angeknüpft hat (§ 281 fg.). Durch ſie ſollte
vorzugsweiſe die Fiction der Wahrheit des rechtskräftigen
Urtheils praktiſch durchgeführt werden, oder mit anderen
Worten, es ſollte durch ſie bewirkt werden, daß niemals
der Inhalt eines Urtheils mit dem Inhalt eines früheren
rechtskräftigen Urtheils in Widerſpruch trete. Allerdings
theilte ſie in früherer Zeit dieſen Beruf mit anderen ver-
wandten Rechtsinſtituten (i); als aber dieſe allmälig ver-
ſchwanden, diente ſie allein zu jenem wichtigen Zweck,
ſo daß ſie im neueſten Recht eine noch höhere Stufe der
Wichtigkeit eingenommen hat, als in der früheren Zeit.

Dieſe Einrede kann begründet werden ſowohl durch
eine Freiſprechung, als durch eine Verurtheilung, hat alſo
inſofern eine weitere Wirkungsſphäre, als die Execution

(i) Nämlich mit der, ſchon in
der Litisconteſtation liegende Con-
ſumtion der Klage, wodurch
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andere vermittelſt einer exceptio
rei in judicium deductae
ent-
kräftet wurden (§ 281).
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[413/0431] §. 295. Wirkungen der Rechtskraft. fenden Zinſen, insbeſondere der Prozeßzinſen, wo ſolche zur Anwendung kommen, auch nachdem ein rechtskräftiges Ur- theil ergangen iſt. Unter den drei oben angegebenen Wirkungsarten der Rechtskraft bleibt jetzt noch die letzte zur näheren Be- trachtung übrig: die exceptio rei judicatae, oder die Ein- rede der Rechtskraft. Von dieſer iſt ſchon oben nach- gewieſen worden, daß die hiſtoriſche Entwicklung der Rechtskraft ſich hauptſächlich an ſie, als ihren eigentlichen Mittelpunkt, angeknüpft hat (§ 281 fg.). Durch ſie ſollte vorzugsweiſe die Fiction der Wahrheit des rechtskräftigen Urtheils praktiſch durchgeführt werden, oder mit anderen Worten, es ſollte durch ſie bewirkt werden, daß niemals der Inhalt eines Urtheils mit dem Inhalt eines früheren rechtskräftigen Urtheils in Widerſpruch trete. Allerdings theilte ſie in früherer Zeit dieſen Beruf mit anderen ver- wandten Rechtsinſtituten (i); als aber dieſe allmälig ver- ſchwanden, diente ſie allein zu jenem wichtigen Zweck, ſo daß ſie im neueſten Recht eine noch höhere Stufe der Wichtigkeit eingenommen hat, als in der früheren Zeit. Dieſe Einrede kann begründet werden ſowohl durch eine Freiſprechung, als durch eine Verurtheilung, hat alſo inſofern eine weitere Wirkungsſphäre, als die Execution (i) Nämlich mit der, ſchon in der Litisconteſtation liegende Con- ſumtion der Klage, wodurch manche Klagen ipso jure zerſtört, andere vermittelſt einer exceptio rei in judicium deductae ent- kräftet wurden (§ 281).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/431>, abgerufen am 22.11.2024.