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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 296. Einrede der Rechtskraft. Dieselbe Rechtsfrage.
bloße Bedingung eines anderen, eigentlich verfolgten
Rechts zur Sprache kommen (als Legitimationspunkt).
4. Der äußere Gegenstand kann in beiden Klagen ver-
schieden seyn.
5. Der juristische Gegenstand kann in beiden Klagen ver-
schieden seyn.
6. Das bestrittene Recht kann in beiden Klagen aus
verschiedenen Entstehungsgründen abgeleitet werden.

Die hier aufgestellte Behauptung geht also dahin, daß
die Übereinstimmung der Rechtsfrage (eadem quaestio)
für die Anwendbarkeit der Einrede der Rechtskraft allein
entscheidend ist, und daß daneben andere, wenn auch sehr
scheinbare, Verschiedenheiten beider Klagen nicht in Betracht
kommen. Diese Behauptung aber steht in dem engsten
Zusammenhang mit der oben aufgestellten Lehre von den
(objectiven) Gründen des Urtheils, als wesentlichen, un-
trennbaren Bestandtheilen desselben, auf welche sich die
Rechtskraft des Urtheils selbst mit erstreckt. In der Auf-
fassung der Römischen Juristen erscheinen beide Behaup-
tungen als zusammenhangende Stücke eines und desselben
Grundsatzes, und auch bei den neueren Schriftstellern be-
währt sich dieser innere Zusammenhang darin, daß fast
überall beide Fragen gleich richtig oder gleich irrig aufge-
faßt zu werden pflegen (i).


(i) Derselbe innere Zusammen-
hang bewährt sich in der Behand-
lung beider Gegenstände, wie sie
in der Praxis und in der Literatur
des Preußischen Rechts wahrzu-
nehmen ist. Vgl. Koch Lehrbuch
V. 1 § 200.
§. 296. Einrede der Rechtskraft. Dieſelbe Rechtsfrage.
bloße Bedingung eines anderen, eigentlich verfolgten
Rechts zur Sprache kommen (als Legitimationspunkt).
4. Der äußere Gegenſtand kann in beiden Klagen ver-
ſchieden ſeyn.
5. Der juriſtiſche Gegenſtand kann in beiden Klagen ver-
ſchieden ſeyn.
6. Das beſtrittene Recht kann in beiden Klagen aus
verſchiedenen Entſtehungsgründen abgeleitet werden.

Die hier aufgeſtellte Behauptung geht alſo dahin, daß
die Übereinſtimmung der Rechtsfrage (eadem quaestio)
für die Anwendbarkeit der Einrede der Rechtskraft allein
entſcheidend iſt, und daß daneben andere, wenn auch ſehr
ſcheinbare, Verſchiedenheiten beider Klagen nicht in Betracht
kommen. Dieſe Behauptung aber ſteht in dem engſten
Zuſammenhang mit der oben aufgeſtellten Lehre von den
(objectiven) Gründen des Urtheils, als weſentlichen, un-
trennbaren Beſtandtheilen deſſelben, auf welche ſich die
Rechtskraft des Urtheils ſelbſt mit erſtreckt. In der Auf-
faſſung der Römiſchen Juriſten erſcheinen beide Behaup-
tungen als zuſammenhangende Stücke eines und deſſelben
Grundſatzes, und auch bei den neueren Schriftſtellern be-
währt ſich dieſer innere Zuſammenhang darin, daß faſt
überall beide Fragen gleich richtig oder gleich irrig aufge-
faßt zu werden pflegen (i).


(i) Derſelbe innere Zuſammen-
hang bewährt ſich in der Behand-
lung beider Gegenſtände, wie ſie
in der Praxis und in der Literatur
des Preußiſchen Rechts wahrzu-
nehmen iſt. Vgl. Koch Lehrbuch
V. 1 § 200.
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[423/0441] §. 296. Einrede der Rechtskraft. Dieſelbe Rechtsfrage. bloße Bedingung eines anderen, eigentlich verfolgten Rechts zur Sprache kommen (als Legitimationspunkt). 4. Der äußere Gegenſtand kann in beiden Klagen ver- ſchieden ſeyn. 5. Der juriſtiſche Gegenſtand kann in beiden Klagen ver- ſchieden ſeyn. 6. Das beſtrittene Recht kann in beiden Klagen aus verſchiedenen Entſtehungsgründen abgeleitet werden. Die hier aufgeſtellte Behauptung geht alſo dahin, daß die Übereinſtimmung der Rechtsfrage (eadem quaestio) für die Anwendbarkeit der Einrede der Rechtskraft allein entſcheidend iſt, und daß daneben andere, wenn auch ſehr ſcheinbare, Verſchiedenheiten beider Klagen nicht in Betracht kommen. Dieſe Behauptung aber ſteht in dem engſten Zuſammenhang mit der oben aufgeſtellten Lehre von den (objectiven) Gründen des Urtheils, als weſentlichen, un- trennbaren Beſtandtheilen deſſelben, auf welche ſich die Rechtskraft des Urtheils ſelbſt mit erſtreckt. In der Auf- faſſung der Römiſchen Juriſten erſcheinen beide Behaup- tungen als zuſammenhangende Stücke eines und deſſelben Grundſatzes, und auch bei den neueren Schriftſtellern be- währt ſich dieſer innere Zuſammenhang darin, daß faſt überall beide Fragen gleich richtig oder gleich irrig aufge- faßt zu werden pflegen (i). (i) Derſelbe innere Zuſammen- hang bewährt ſich in der Behand- lung beider Gegenſtände, wie ſie in der Praxis und in der Literatur des Preußiſchen Rechts wahrzu- nehmen iſt. Vgl. Koch Lehrbuch V. 1 § 200.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/441>, abgerufen am 22.11.2024.