Rechtsinstituts auf die Ausgleichung der nachtheiligen Folgen geht, welche aus der an sich nicht wünschens- werthen, aber unvermeidlichen Dauer des Rechtsstreits entspringen (§ 256. 258). Die jetzt im Einzelnen darzu- stellenden Wirkungen sind nur als Entwicklungen jenes Grundsatzes anzusehen. Es muß jedoch dazu noch durch folgende Vorbemerkungen ein fester Grund gelegt werden.
I. Die Aussprüche der Römischen Juristen über jene Wirkungen beziehen sich auf zwei verschiedenartige Anwen- dungen, deren Inhalt aber dergestalt zusammenfällt, daß sie ohne Unterschied als ganz gleichbedeutend angesehen werden dürfen.
Die meisten dieser Aussprüche betreffen die Frage, wie in Folge der L. C. das richterliche Urtheil eingerichtet werden müsse, und diese sind auch auf unsren heutigen Rechtszustand unmittelbar anzuwenden.
Mehrere Aussprüche aber betreffen eine Frage, welche nicht bei allen Klagen, sondern nur bei den arbitrariae actiones (§ 221), vorkommen konnte: Die Frage, welche Handlungen nach der L. C. der Beklagte auf die Auf- forderung des Judex vorzunehmen habe, um die Verur- theilung von sich abzuwenden. Diese Handlungen bestanden, wie oben gezeigt wurde, in einer Restitution oder Ex- hibition. Hier also lautet die Frage so: Was muß der Beklagte freiwillig thum, um nicht verurtheilt zu werden? oder mit anderen Worten: Was gehört zu einer wahren,
VI. 4
§. 260. Wirkung der L. C. — Einleitung.
Rechtsinſtituts auf die Ausgleichung der nachtheiligen Folgen geht, welche aus der an ſich nicht wünſchens- werthen, aber unvermeidlichen Dauer des Rechtsſtreits entſpringen (§ 256. 258). Die jetzt im Einzelnen darzu- ſtellenden Wirkungen ſind nur als Entwicklungen jenes Grundſatzes anzuſehen. Es muß jedoch dazu noch durch folgende Vorbemerkungen ein feſter Grund gelegt werden.
I. Die Ausſprüche der Römiſchen Juriſten über jene Wirkungen beziehen ſich auf zwei verſchiedenartige Anwen- dungen, deren Inhalt aber dergeſtalt zuſammenfällt, daß ſie ohne Unterſchied als ganz gleichbedeutend angeſehen werden dürfen.
Die meiſten dieſer Ausſprüche betreffen die Frage, wie in Folge der L. C. das richterliche Urtheil eingerichtet werden müſſe, und dieſe ſind auch auf unſren heutigen Rechtszuſtand unmittelbar anzuwenden.
Mehrere Ausſprüche aber betreffen eine Frage, welche nicht bei allen Klagen, ſondern nur bei den arbitrariae actiones (§ 221), vorkommen konnte: Die Frage, welche Handlungen nach der L. C. der Beklagte auf die Auf- forderung des Judex vorzunehmen habe, um die Verur- theilung von ſich abzuwenden. Dieſe Handlungen beſtanden, wie oben gezeigt wurde, in einer Reſtitution oder Ex- hibition. Hier alſo lautet die Frage ſo: Was muß der Beklagte freiwillig thum, um nicht verurtheilt zu werden? oder mit anderen Worten: Was gehört zu einer wahren,
VI. 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0067"n="49"/><fwplace="top"type="header">§. 260. Wirkung der L. C. — Einleitung.</fw><lb/>
Rechtsinſtituts auf die Ausgleichung der nachtheiligen<lb/>
Folgen geht, welche aus der an ſich nicht wünſchens-<lb/>
werthen, aber unvermeidlichen Dauer des Rechtsſtreits<lb/>
entſpringen (§ 256. 258). Die jetzt im Einzelnen darzu-<lb/>ſtellenden Wirkungen ſind nur als Entwicklungen jenes<lb/>
Grundſatzes anzuſehen. Es muß jedoch dazu noch durch<lb/>
folgende Vorbemerkungen ein feſter Grund gelegt werden.</p><lb/><p><hirendition="#aq">I.</hi> Die Ausſprüche der Römiſchen Juriſten über jene<lb/>
Wirkungen beziehen ſich auf zwei verſchiedenartige <hirendition="#g">Anwen-<lb/>
dungen</hi>, deren Inhalt aber dergeſtalt zuſammenfällt, daß<lb/>ſie ohne Unterſchied als ganz gleichbedeutend angeſehen<lb/>
werden dürfen.</p><lb/><p>Die meiſten dieſer Ausſprüche betreffen die Frage, wie<lb/>
in Folge der L. C. das richterliche <hirendition="#g">Urtheil</hi> eingerichtet<lb/>
werden müſſe, und dieſe ſind auch auf unſren heutigen<lb/>
Rechtszuſtand unmittelbar anzuwenden.</p><lb/><p>Mehrere Ausſprüche aber betreffen eine Frage, welche<lb/>
nicht bei allen Klagen, ſondern nur bei den <hirendition="#aq">arbitrariae<lb/>
actiones</hi> (§ 221), vorkommen konnte: Die Frage, welche<lb/>
Handlungen nach der L. C. der Beklagte auf die Auf-<lb/>
forderung des Judex vorzunehmen habe, um die Verur-<lb/>
theilung von ſich abzuwenden. Dieſe Handlungen beſtanden,<lb/>
wie oben gezeigt wurde, in einer <hirendition="#g">Reſtitution</hi> oder <hirendition="#g">Ex-<lb/>
hibition</hi>. Hier alſo lautet die Frage ſo: Was muß der<lb/>
Beklagte freiwillig thum, um nicht verurtheilt zu werden?<lb/>
oder mit anderen Worten: Was gehört zu einer wahren,<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">VI.</hi> 4</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[49/0067]
§. 260. Wirkung der L. C. — Einleitung.
Rechtsinſtituts auf die Ausgleichung der nachtheiligen
Folgen geht, welche aus der an ſich nicht wünſchens-
werthen, aber unvermeidlichen Dauer des Rechtsſtreits
entſpringen (§ 256. 258). Die jetzt im Einzelnen darzu-
ſtellenden Wirkungen ſind nur als Entwicklungen jenes
Grundſatzes anzuſehen. Es muß jedoch dazu noch durch
folgende Vorbemerkungen ein feſter Grund gelegt werden.
I. Die Ausſprüche der Römiſchen Juriſten über jene
Wirkungen beziehen ſich auf zwei verſchiedenartige Anwen-
dungen, deren Inhalt aber dergeſtalt zuſammenfällt, daß
ſie ohne Unterſchied als ganz gleichbedeutend angeſehen
werden dürfen.
Die meiſten dieſer Ausſprüche betreffen die Frage, wie
in Folge der L. C. das richterliche Urtheil eingerichtet
werden müſſe, und dieſe ſind auch auf unſren heutigen
Rechtszuſtand unmittelbar anzuwenden.
Mehrere Ausſprüche aber betreffen eine Frage, welche
nicht bei allen Klagen, ſondern nur bei den arbitrariae
actiones (§ 221), vorkommen konnte: Die Frage, welche
Handlungen nach der L. C. der Beklagte auf die Auf-
forderung des Judex vorzunehmen habe, um die Verur-
theilung von ſich abzuwenden. Dieſe Handlungen beſtanden,
wie oben gezeigt wurde, in einer Reſtitution oder Ex-
hibition. Hier alſo lautet die Frage ſo: Was muß der
Beklagte freiwillig thum, um nicht verurtheilt zu werden?
oder mit anderen Worten: Was gehört zu einer wahren,
VI. 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/67>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.