urtheilung überhaupt (die Abwendung der Frei- sprechung), und Sicherung des Umfangs der Verur- theilung (die Abwendung eines zu beschränkten Urtheils) [§. 260. No. IV.].
Die erste dieser beiden Regeln ist bis jetzt dargestellt worden. Die zweite, deren Entwicklung nunmehr folgt, kann nur unter der Voraussetzung zur Anwendung kommen, daß während des Rechtsstreits in dem Gegenstand des- selben Veränderungen eintreten.
Solche Veränderungen in dem Gegenstande des Rechts- streits können in zwei entgegengesetzten Richtungen vor- kommen.
a) Als Erweiterungen, wohin vorzüglich die Früchte und Zinsen gehören.
b) Als Verminderungen, wohin der Untergang der Sache, die Corruption derselben, der Berlnst des Besitzes, und Ähnliches zu rechnen ist.
Bevor aber die hier einschlagenden wichtigen Fragen im Einzelnen erwogen werden, ist es nöthig, dazu den Grund zu legen durch die genaue Betrachtung von zwei Rechtsbegriffen, deren Einfluß mit dem der L. C. oft so nahe verwandt ist, daß sie selbst mit derselben nicht selten identificirt worden sind. Ich meine die Mora, und die mala fides, oder den unredlichen Besitz.
Die Mora bezieht sich auf Obligationen und persön- liche Klagen, der unredliche Besitz auf dingliche Rechte und Klagen in rem. Beide enthalten ein Unrecht mit Bewußt-
§ 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
urtheilung überhaupt (die Abwendung der Frei- ſprechung), und Sicherung des Umfangs der Verur- theilung (die Abwendung eines zu beſchränkten Urtheils) [§. 260. No. IV.].
Die erſte dieſer beiden Regeln iſt bis jetzt dargeſtellt worden. Die zweite, deren Entwicklung nunmehr folgt, kann nur unter der Vorausſetzung zur Anwendung kommen, daß während des Rechtsſtreits in dem Gegenſtand des- ſelben Veränderungen eintreten.
Solche Veränderungen in dem Gegenſtande des Rechts- ſtreits können in zwei entgegengeſetzten Richtungen vor- kommen.
a) Als Erweiterungen, wohin vorzüglich die Früchte und Zinſen gehören.
b) Als Verminderungen, wohin der Untergang der Sache, die Corruption derſelben, der Berlnſt des Beſitzes, und Ähnliches zu rechnen iſt.
Bevor aber die hier einſchlagenden wichtigen Fragen im Einzelnen erwogen werden, iſt es nöthig, dazu den Grund zu legen durch die genaue Betrachtung von zwei Rechtsbegriffen, deren Einfluß mit dem der L. C. oft ſo nahe verwandt iſt, daß ſie ſelbſt mit derſelben nicht ſelten identificirt worden ſind. Ich meine die Mora, und die mala fides, oder den unredlichen Beſitz.
Die Mora bezieht ſich auf Obligationen und perſön- liche Klagen, der unredliche Beſitz auf dingliche Rechte und Klagen in rem. Beide enthalten ein Unrecht mit Bewußt-
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§ 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
urtheilung überhaupt (die Abwendung der Frei-
ſprechung), und Sicherung des Umfangs der Verur-
theilung (die Abwendung eines zu beſchränkten Urtheils)
[§. 260. No. IV.].
Die erſte dieſer beiden Regeln iſt bis jetzt dargeſtellt
worden. Die zweite, deren Entwicklung nunmehr folgt,
kann nur unter der Vorausſetzung zur Anwendung kommen,
daß während des Rechtsſtreits in dem Gegenſtand des-
ſelben Veränderungen eintreten.
Solche Veränderungen in dem Gegenſtande des Rechts-
ſtreits können in zwei entgegengeſetzten Richtungen vor-
kommen.
a) Als Erweiterungen, wohin vorzüglich die Früchte
und Zinſen gehören.
b) Als Verminderungen, wohin der Untergang der
Sache, die Corruption derſelben, der Berlnſt des Beſitzes,
und Ähnliches zu rechnen iſt.
Bevor aber die hier einſchlagenden wichtigen Fragen
im Einzelnen erwogen werden, iſt es nöthig, dazu den
Grund zu legen durch die genaue Betrachtung von zwei
Rechtsbegriffen, deren Einfluß mit dem der L. C. oft ſo
nahe verwandt iſt, daß ſie ſelbſt mit derſelben nicht ſelten
identificirt worden ſind. Ich meine die Mora, und die
mala fides, oder den unredlichen Beſitz.
Die Mora bezieht ſich auf Obligationen und perſön-
liche Klagen, der unredliche Beſitz auf dingliche Rechte und
Klagen in rem. Beide enthalten ein Unrecht mit Bewußt-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/97>, abgerufen am 28.11.2024.
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