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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 316. Begriff der Restitution.
früheren privatrechtlichen Zustandes besteht, als den Grund
dieser Herstellung, der in dem Verhältniß der Billigkeit zum
strengen Recht zu suchen ist. Nicht nur diese Gemeinschaft
des Zweckes und Grundes muß anerkannt und festgehalten
werden, sondern auch die zusammenhängende historische Ent-
wicklung dieser Rechtsinstitute, welche sehr deutlich in der
Anordnung des Edicts und der Digesten hervortritt (b).
Dagegen ist die zur Erreichung jenes Zweckes führende
Rechtsform durchaus verschieden. In den oben dargestellten
Fällen dienten dazu Klagen und Einreden, die eben so, wie
alle andern, von den gewöhnlichen Richtern geprüft und ent-
schieden werden durch die Anwendung der dafür aufgestellten
Rechtsregeln, also durch die Anerkennung eines kraft dieser
Regeln bestehenden Rechtes. Bei der Restitution ist eine
solche zur Anwendung fertige Regel nicht vorhanden; viel-
mehr ist es der Prätor, welcher eine solche Regel nach dem
Bedürfniß jedes einzelnen Falles gleichsam neu erfindet, und
so den bestehenden Rechtszustand durch seine Macht ver-
ändert, um einen früheren herzustellen.

In die ganze Lehre von der Restitution ist nun von
jeher die größte Verwirrung dadurch gebracht worden, daß
man die Restitution mit den oben erwähnten Klagen zu-
sammen geworfen hat, anstatt in der Darstellung beiderlei
Rechtsinstitute streng auseinander zu halten. Um den durch-

(b) Der zweite und dritte
Titel des vierten Buchs der Di-
gesten handeln nur wenig und bei-
läufig von der Restitution, und
stehen dennoch mitten in der Re-
stitutionslehre.
7*

§. 316. Begriff der Reſtitution.
früheren privatrechtlichen Zuſtandes beſteht, als den Grund
dieſer Herſtellung, der in dem Verhältniß der Billigkeit zum
ſtrengen Recht zu ſuchen iſt. Nicht nur dieſe Gemeinſchaft
des Zweckes und Grundes muß anerkannt und feſtgehalten
werden, ſondern auch die zuſammenhängende hiſtoriſche Ent-
wicklung dieſer Rechtsinſtitute, welche ſehr deutlich in der
Anordnung des Edicts und der Digeſten hervortritt (b).
Dagegen iſt die zur Erreichung jenes Zweckes führende
Rechtsform durchaus verſchieden. In den oben dargeſtellten
Fällen dienten dazu Klagen und Einreden, die eben ſo, wie
alle andern, von den gewöhnlichen Richtern geprüft und ent-
ſchieden werden durch die Anwendung der dafür aufgeſtellten
Rechtsregeln, alſo durch die Anerkennung eines kraft dieſer
Regeln beſtehenden Rechtes. Bei der Reſtitution iſt eine
ſolche zur Anwendung fertige Regel nicht vorhanden; viel-
mehr iſt es der Prätor, welcher eine ſolche Regel nach dem
Bedürfniß jedes einzelnen Falles gleichſam neu erfindet, und
ſo den beſtehenden Rechtszuſtand durch ſeine Macht ver-
ändert, um einen früheren herzuſtellen.

In die ganze Lehre von der Reſtitution iſt nun von
jeher die größte Verwirrung dadurch gebracht worden, daß
man die Reſtitution mit den oben erwähnten Klagen zu-
ſammen geworfen hat, anſtatt in der Darſtellung beiderlei
Rechtsinſtitute ſtreng auseinander zu halten. Um den durch-

(b) Der zweite und dritte
Titel des vierten Buchs der Di-
geſten handeln nur wenig und bei-
läufig von der Reſtitution, und
ſtehen dennoch mitten in der Re-
ſtitutionslehre.
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[99/0121] §. 316. Begriff der Reſtitution. früheren privatrechtlichen Zuſtandes beſteht, als den Grund dieſer Herſtellung, der in dem Verhältniß der Billigkeit zum ſtrengen Recht zu ſuchen iſt. Nicht nur dieſe Gemeinſchaft des Zweckes und Grundes muß anerkannt und feſtgehalten werden, ſondern auch die zuſammenhängende hiſtoriſche Ent- wicklung dieſer Rechtsinſtitute, welche ſehr deutlich in der Anordnung des Edicts und der Digeſten hervortritt (b). Dagegen iſt die zur Erreichung jenes Zweckes führende Rechtsform durchaus verſchieden. In den oben dargeſtellten Fällen dienten dazu Klagen und Einreden, die eben ſo, wie alle andern, von den gewöhnlichen Richtern geprüft und ent- ſchieden werden durch die Anwendung der dafür aufgeſtellten Rechtsregeln, alſo durch die Anerkennung eines kraft dieſer Regeln beſtehenden Rechtes. Bei der Reſtitution iſt eine ſolche zur Anwendung fertige Regel nicht vorhanden; viel- mehr iſt es der Prätor, welcher eine ſolche Regel nach dem Bedürfniß jedes einzelnen Falles gleichſam neu erfindet, und ſo den beſtehenden Rechtszuſtand durch ſeine Macht ver- ändert, um einen früheren herzuſtellen. In die ganze Lehre von der Reſtitution iſt nun von jeher die größte Verwirrung dadurch gebracht worden, daß man die Reſtitution mit den oben erwähnten Klagen zu- ſammen geworfen hat, anſtatt in der Darſtellung beiderlei Rechtsinſtitute ſtreng auseinander zu halten. Um den durch- (b) Der zweite und dritte Titel des vierten Buchs der Di- geſten handeln nur wenig und bei- läufig von der Reſtitution, und ſtehen dennoch mitten in der Re- ſtitutionslehre. 7*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/121>, abgerufen am 24.11.2024.