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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 318. Bedingungen der Restitution. I. Verletzung.
es würde aber irrig seyn, diese Ausdrücke hier von einer
Unredlichkeit des Gegners (einem Betrug) zu verstehen, die
dabei ganz gleichgültig ist, indem der Nachtheil auch blos
durch Leichtsinn oder Unerfahrenheit des Betheiligten selbst
entstanden seyn kann (c).

Als Verletzung ist ferner nicht blos eine schon vollendete
Verminderung des Rechtszustandes anzusehen, sondern auch
schon die Verwandlung eines sicheren Rechts in ein zwei-
felhaftes oder bestrittenes, da die Verfolgung dieses letzten
wenigstens Mühe, Kosten, so wie die Gefahr des nach-
theiligen Ausganges eines Rechtsstreites nach sich zieht (d).

Es ist eine sehr bestrittene Frage, ob zur Restitution
nur allein die Verminderung des schon erworbenen Ver-
mögens geeignet sey, oder auch die versäumte Vermehrung
desselben (lucrum). Die Anwendung auf diesen letzten Fall,
also die günstigere und freiere Behandlung, ist für die Re-
stitution der Minderjährigen nach mehreren Stellen unzwei-
felhaft (e). Da nun für andere Fälle der Restitution das

(c) L. 11. § 4. L. 44. de minor.
(4. 4). -- So heißt es auch: "na-
turaliter licere contrahentibus
se circumvenire (circumscri-
bere)." L. 16 § 4. de minor.
(4. 4), L. 22 § 3 loc.
(19. 2), mit
welchem Ausdruck ein Uebervor-
theilen ohne Betrug bezeichnet wird,
da der Betrug in keinem Fall als
erlaubt gedacht werden kann. --
Anderwärts werden diese Aus-
drücke allerdings auch gebraucht,
um einen Betrug zu bezeichnen.
(d) L. 6 de minor. (4. 4)
"... cum intersit eorum, li-
tibus et sumtibus non vexari."

Eine erläuternde Anwendung dieser
Regel findet sich in L. 40 pr. eod.
(e) L. 7 § 6 de min. (4. 4),
"Hodie certo jure utimur, ut
et in lucro minoribus subve-
niatur." L. 44 eod., L. 17 § 3
de usuris.
(22. 1).

§. 318. Bedingungen der Reſtitution. I. Verletzung.
es würde aber irrig ſeyn, dieſe Ausdrücke hier von einer
Unredlichkeit des Gegners (einem Betrug) zu verſtehen, die
dabei ganz gleichgültig iſt, indem der Nachtheil auch blos
durch Leichtſinn oder Unerfahrenheit des Betheiligten ſelbſt
entſtanden ſeyn kann (c).

Als Verletzung iſt ferner nicht blos eine ſchon vollendete
Verminderung des Rechtszuſtandes anzuſehen, ſondern auch
ſchon die Verwandlung eines ſicheren Rechts in ein zwei-
felhaftes oder beſtrittenes, da die Verfolgung dieſes letzten
wenigſtens Mühe, Koſten, ſo wie die Gefahr des nach-
theiligen Ausganges eines Rechtsſtreites nach ſich zieht (d).

Es iſt eine ſehr beſtrittene Frage, ob zur Reſtitution
nur allein die Verminderung des ſchon erworbenen Ver-
mögens geeignet ſey, oder auch die verſäumte Vermehrung
deſſelben (lucrum). Die Anwendung auf dieſen letzten Fall,
alſo die günſtigere und freiere Behandlung, iſt für die Re-
ſtitution der Minderjährigen nach mehreren Stellen unzwei-
felhaft (e). Da nun für andere Fälle der Reſtitution das

(c) L. 11. § 4. L. 44. de minor.
(4. 4). — So heißt es auch: „na-
turaliter licere contrahentibus
se circumvenire (circumscri-
bere).“ L. 16 § 4. de minor.
(4. 4), L. 22 § 3 loc.
(19. 2), mit
welchem Ausdruck ein Uebervor-
theilen ohne Betrug bezeichnet wird,
da der Betrug in keinem Fall als
erlaubt gedacht werden kann. —
Anderwärts werden dieſe Aus-
drücke allerdings auch gebraucht,
um einen Betrug zu bezeichnen.
(d) L. 6 de minor. (4. 4)
„… cum intersit eorum, li-
tibus et sumtibus non vexari.“

Eine erläuternde Anwendung dieſer
Regel findet ſich in L. 40 pr. eod.
(e) L. 7 § 6 de min. (4. 4),
„Hodie certo jure utimur, ut
et in lucro minoribus subve-
niatur.“ L. 44 eod., L. 17 § 3
de usuris.
(22. 1).
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[121/0143] §. 318. Bedingungen der Reſtitution. I. Verletzung. es würde aber irrig ſeyn, dieſe Ausdrücke hier von einer Unredlichkeit des Gegners (einem Betrug) zu verſtehen, die dabei ganz gleichgültig iſt, indem der Nachtheil auch blos durch Leichtſinn oder Unerfahrenheit des Betheiligten ſelbſt entſtanden ſeyn kann (c). Als Verletzung iſt ferner nicht blos eine ſchon vollendete Verminderung des Rechtszuſtandes anzuſehen, ſondern auch ſchon die Verwandlung eines ſicheren Rechts in ein zwei- felhaftes oder beſtrittenes, da die Verfolgung dieſes letzten wenigſtens Mühe, Koſten, ſo wie die Gefahr des nach- theiligen Ausganges eines Rechtsſtreites nach ſich zieht (d). Es iſt eine ſehr beſtrittene Frage, ob zur Reſtitution nur allein die Verminderung des ſchon erworbenen Ver- mögens geeignet ſey, oder auch die verſäumte Vermehrung deſſelben (lucrum). Die Anwendung auf dieſen letzten Fall, alſo die günſtigere und freiere Behandlung, iſt für die Re- ſtitution der Minderjährigen nach mehreren Stellen unzwei- felhaft (e). Da nun für andere Fälle der Reſtitution das (c) L. 11. § 4. L. 44. de minor. (4. 4). — So heißt es auch: „na- turaliter licere contrahentibus se circumvenire (circumscri- bere).“ L. 16 § 4. de minor. (4. 4), L. 22 § 3 loc. (19. 2), mit welchem Ausdruck ein Uebervor- theilen ohne Betrug bezeichnet wird, da der Betrug in keinem Fall als erlaubt gedacht werden kann. — Anderwärts werden dieſe Aus- drücke allerdings auch gebraucht, um einen Betrug zu bezeichnen. (d) L. 6 de minor. (4. 4) „… cum intersit eorum, li- tibus et sumtibus non vexari.“ Eine erläuternde Anwendung dieſer Regel findet ſich in L. 40 pr. eod. (e) L. 7 § 6 de min. (4. 4), „Hodie certo jure utimur, ut et in lucro minoribus subve- niatur.“ L. 44 eod., L. 17 § 3 de usuris. (22. 1).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/143>, abgerufen am 18.05.2024.