Unter den verschiedenen Ländern nun, welche im Ganzen das Römische Recht befolgen, kommen gerade im Pfand- recht, neben der eben dargestellten gemeinsamen Grundlage, manche untergeordnete Abweichungen vor. Hauptsächlich betreffen diese den Umfang des stillschweigenden Pfandrechts, welches, je nach den einzelnen Landesgesetzgebungen, bald mehr bald weniger Fälle von Obligationen umfaßt, die mit der Fiction eines Pfandvertrages verbunden seyn sollen.
Gesetzt nun, es sey von zwei, das Römische Recht im Ganzen befolgenden, Ländern die Rede. In dem einen gelte auch die Regel des Römischen Rechts, nach welchem das Versprechen, eine Brautgabe zu bestellen, stets durch stillschweigende Verpfändung des ganzen Vermögens ge- sichert ist (f); in dem anderen Lande sey diese Regel auf- gehoben. Wenn nun zwei Einwohner jenes ersten Landes einen solchen Dotalvertrag schließen, der Schuldner aber besitzt in dem zweiten Lande ein Grundstück, so fragt es sich, ob dieses Grundstück dem stillschweigenden Pfandrecht unterworfen sey. Man könnte diese Frage verneinen wollen, indem man die lex rei sitae zur Anwendung brächte; aber mit Unrecht. Denn auch das zweite Land erkennt die Möglichkeit einer Verpfändung durch bloßen Vertrag, und selbst durch stillschweigenden Vertrag, an. Ob nun im vorliegenden Fall ein solcher Pfandvertrag vorhanden ist, das ist eine thatsächliche Frage, die nur nach demjenigen
(f)L. un § 1 C. de rei ux. act. (5. 13).
VIII. 13
§. 368. II. Sachenrecht. Jura in re.
Unter den verſchiedenen Ländern nun, welche im Ganzen das Römiſche Recht befolgen, kommen gerade im Pfand- recht, neben der eben dargeſtellten gemeinſamen Grundlage, manche untergeordnete Abweichungen vor. Hauptſächlich betreffen dieſe den Umfang des ſtillſchweigenden Pfandrechts, welches, je nach den einzelnen Landesgeſetzgebungen, bald mehr bald weniger Fälle von Obligationen umfaßt, die mit der Fiction eines Pfandvertrages verbunden ſeyn ſollen.
Geſetzt nun, es ſey von zwei, das Römiſche Recht im Ganzen befolgenden, Ländern die Rede. In dem einen gelte auch die Regel des Römiſchen Rechts, nach welchem das Verſprechen, eine Brautgabe zu beſtellen, ſtets durch ſtillſchweigende Verpfändung des ganzen Vermögens ge- ſichert iſt (f); in dem anderen Lande ſey dieſe Regel auf- gehoben. Wenn nun zwei Einwohner jenes erſten Landes einen ſolchen Dotalvertrag ſchließen, der Schuldner aber beſitzt in dem zweiten Lande ein Grundſtück, ſo fragt es ſich, ob dieſes Grundſtück dem ſtillſchweigenden Pfandrecht unterworfen ſey. Man könnte dieſe Frage verneinen wollen, indem man die lex rei sitae zur Anwendung brächte; aber mit Unrecht. Denn auch das zweite Land erkennt die Möglichkeit einer Verpfändung durch bloßen Vertrag, und ſelbſt durch ſtillſchweigenden Vertrag, an. Ob nun im vorliegenden Fall ein ſolcher Pfandvertrag vorhanden iſt, das iſt eine thatſächliche Frage, die nur nach demjenigen
(f)L. un § 1 C. de rei ux. act. (5. 13).
VIII. 13
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§. 368. II. Sachenrecht. Jura in re.
Unter den verſchiedenen Ländern nun, welche im Ganzen
das Römiſche Recht befolgen, kommen gerade im Pfand-
recht, neben der eben dargeſtellten gemeinſamen Grundlage,
manche untergeordnete Abweichungen vor. Hauptſächlich
betreffen dieſe den Umfang des ſtillſchweigenden Pfandrechts,
welches, je nach den einzelnen Landesgeſetzgebungen, bald
mehr bald weniger Fälle von Obligationen umfaßt, die
mit der Fiction eines Pfandvertrages verbunden ſeyn ſollen.
Geſetzt nun, es ſey von zwei, das Römiſche Recht im
Ganzen befolgenden, Ländern die Rede. In dem einen
gelte auch die Regel des Römiſchen Rechts, nach welchem
das Verſprechen, eine Brautgabe zu beſtellen, ſtets durch
ſtillſchweigende Verpfändung des ganzen Vermögens ge-
ſichert iſt (f); in dem anderen Lande ſey dieſe Regel auf-
gehoben. Wenn nun zwei Einwohner jenes erſten Landes
einen ſolchen Dotalvertrag ſchließen, der Schuldner aber
beſitzt in dem zweiten Lande ein Grundſtück, ſo fragt es
ſich, ob dieſes Grundſtück dem ſtillſchweigenden Pfandrecht
unterworfen ſey. Man könnte dieſe Frage verneinen wollen,
indem man die lex rei sitae zur Anwendung brächte; aber
mit Unrecht. Denn auch das zweite Land erkennt die
Möglichkeit einer Verpfändung durch bloßen Vertrag, und
ſelbſt durch ſtillſchweigenden Vertrag, an. Ob nun im
vorliegenden Fall ein ſolcher Pfandvertrag vorhanden iſt,
das iſt eine thatſächliche Frage, die nur nach demjenigen
(f) L. un § 1 C. de rei ux. act. (5. 13).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/215>, abgerufen am 21.11.2024.
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