Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
insbesondere die Glaubiger, in ganz unnütze Noth ver- wickeln mußte. Dieser rein praktische Grund scheint mir weit erheblicher, als der von den Gegnern geltend gemachte, daß zur Zeit, als das Landrecht abgefaßt wurde, die ent- gegengesetzte Lehre in der Praxis herrschend war, ein An- schließen an diese Praxis aber in dem Gesetz angenommen werden müsse, wo nicht eine Abweichung von derselben deutlich ausgesprochen würde (e).
Es kommen daneben noch folgende einzelne Stellen un- serer Gesetzgebung in Betracht.
1. Ueber die Intestaterbfolge unter Ehegatten wird im Allgemeinen vorgeschrieben, daß das am Wohnsitz des Ver- storbenen geltende örtliche Gesetz zur Anwendung kommen soll (f), und ein späterer Zusatz zu dieser Stelle lau- tet so: Anhang § 78. Von dieser Bestimmung macht auch das unbewegliche Vermögen der Eheleute keine Ausnahme, ob dieses sich gleich unter einer anderen Gerichtsbarkeit befindet.
Nichts ist einfacher und natürlicher, als dieses Gesetz für eine einzelne Anwendung unsers Grundsatzes anzusehen, und also eine Bestätigung dieses Grundsatzes darin zu fin- den. Unsere Gegner sehen darin eine beabsichtigte Aus-
(e) Es ist besonders zu be- merken, daß kurz vor Abfassung des Landrechts Pufendorf, der doch auch ein Praktiker war, die Verkehrtheit jenes Systems sehr gründlich dargestellt hatte (§ 376.h).
(f) A. L. R. II. 1 § 495.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
insbeſondere die Glaubiger, in ganz unnütze Noth ver- wickeln mußte. Dieſer rein praktiſche Grund ſcheint mir weit erheblicher, als der von den Gegnern geltend gemachte, daß zur Zeit, als das Landrecht abgefaßt wurde, die ent- gegengeſetzte Lehre in der Praxis herrſchend war, ein An- ſchließen an dieſe Praxis aber in dem Geſetz angenommen werden müſſe, wo nicht eine Abweichung von derſelben deutlich ausgeſprochen würde (e).
Es kommen daneben noch folgende einzelne Stellen un- ſerer Geſetzgebung in Betracht.
1. Ueber die Inteſtaterbfolge unter Ehegatten wird im Allgemeinen vorgeſchrieben, daß das am Wohnſitz des Ver- ſtorbenen geltende örtliche Geſetz zur Anwendung kommen ſoll (f), und ein ſpäterer Zuſatz zu dieſer Stelle lau- tet ſo: Anhang § 78. Von dieſer Beſtimmung macht auch das unbewegliche Vermögen der Eheleute keine Ausnahme, ob dieſes ſich gleich unter einer anderen Gerichtsbarkeit befindet.
Nichts iſt einfacher und natürlicher, als dieſes Geſetz für eine einzelne Anwendung unſers Grundſatzes anzuſehen, und alſo eine Beſtätigung dieſes Grundſatzes darin zu fin- den. Unſere Gegner ſehen darin eine beabſichtigte Aus-
(e) Es iſt beſonders zu be- merken, daß kurz vor Abfaſſung des Landrechts Pufendorf, der doch auch ein Praktiker war, die Verkehrtheit jenes Syſtems ſehr gründlich dargeſtellt hatte (§ 376.h).
(f) A. L. R. II. 1 § 495.
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
insbeſondere die Glaubiger, in ganz unnütze Noth ver-
wickeln mußte. Dieſer rein praktiſche Grund ſcheint mir
weit erheblicher, als der von den Gegnern geltend gemachte,
daß zur Zeit, als das Landrecht abgefaßt wurde, die ent-
gegengeſetzte Lehre in der Praxis herrſchend war, ein An-
ſchließen an dieſe Praxis aber in dem Geſetz angenommen
werden müſſe, wo nicht eine Abweichung von derſelben
deutlich ausgeſprochen würde (e).
Es kommen daneben noch folgende einzelne Stellen un-
ſerer Geſetzgebung in Betracht.
1. Ueber die Inteſtaterbfolge unter Ehegatten wird im
Allgemeinen vorgeſchrieben, daß das am Wohnſitz des Ver-
ſtorbenen geltende örtliche Geſetz zur Anwendung kommen
ſoll (f), und ein ſpäterer Zuſatz zu dieſer Stelle lau-
tet ſo:
Anhang § 78. Von dieſer Beſtimmung macht
auch das unbewegliche Vermögen der Eheleute
keine Ausnahme, ob dieſes ſich gleich unter einer
anderen Gerichtsbarkeit befindet.
Nichts iſt einfacher und natürlicher, als dieſes Geſetz
für eine einzelne Anwendung unſers Grundſatzes anzuſehen,
und alſo eine Beſtätigung dieſes Grundſatzes darin zu fin-
den. Unſere Gegner ſehen darin eine beabſichtigte Aus-
(e) Es iſt beſonders zu be-
merken, daß kurz vor Abfaſſung
des Landrechts Pufendorf, der
doch auch ein Praktiker war, die
Verkehrtheit jenes Syſtems ſehr
gründlich dargeſtellt hatte (§ 376.h).
(f) A. L. R. II. 1 § 495.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/344>, abgerufen am 24.06.2024.
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