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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 380. V. Familienrecht. B. Väterliche Gewalt.
Ehe, und die Zeit der Geburt des Kindes ist dabei gleich-
gültig. Zwar ist behauptet worden, daß dieser letzte Zeit-
punkt beachtet werden müsse, weil das Kind durch die Ge-
burt schon ein gewisses Rechtsverhältniß begründet habe,
das durch die spätere Ehe der Eltern nur zu voller Wirk-
samkeit gelange; man setzt hinzu, daß außerdem der Vater
einen dem Kind nachtheiligen Wohnsitz vor der Ehe will-
kürlich wählen könne (a). Allein von einem Rechte solcher
Kinder, also auch von einer Verletzung desselben, kann gar
nicht die Rede seyn, da es in der freien Willkür des
Vaters steht, nicht nur die Ehe mit der Mutter des Kindes
zu unterlassen, sondern, selbst wenn er diese Ehe schließt,
das Kind nicht anzuerkennen. In beiden Fällen aber
erlangt das Kind kein Recht der Legitimität, da ein wahrer
Beweis der außerehelichen Kinderzeugung unmöglich ist, mit-
hin die freie Anerkennung allein noch neben der Ehe, und
unabhängig von derselben, dem Kinde die Rechte der ehe-
lichen Geburt verschaffen kann (b).


(a) Schäffner § 37.
(b) So ist es nach gemeinem
Recht. Im Römischen Recht tritt
dieser Satz weniger sichtbar hervor,
da die Legitimation nur auf Con-
cubinenkinder (naturales) ging,
bei welchen die Paternität faktisch
fast eben so sicher war, wie bei
den ehelichen. Wir haben keine
naturales, sondern nur spurii,
und bei diesen hängt gewiß Alles
allein von der ganz willkürlichen
Anerkennung des Vaters ab. --
Allerdings sieht das Preußische
Recht den Beweis des bloßen Bei-
schlafs in einer gewissen Zeit vor
der Geburt schon als Beweis der
Paternität an (A. L. R. II. 1
§ 1077). Dennoch läßt es bei
der Legitimation durch Ehe die
Rechte der ehelichen Geburt erst
von der Trauung anfangen (A. L.
R. II. 2 § 598). Daher muß
auch nach dem Sinn des Landrechts
22*

§. 380. V. Familienrecht. B. Väterliche Gewalt.
Ehe, und die Zeit der Geburt des Kindes iſt dabei gleich-
gültig. Zwar iſt behauptet worden, daß dieſer letzte Zeit-
punkt beachtet werden müſſe, weil das Kind durch die Ge-
burt ſchon ein gewiſſes Rechtsverhältniß begründet habe,
das durch die ſpätere Ehe der Eltern nur zu voller Wirk-
ſamkeit gelange; man ſetzt hinzu, daß außerdem der Vater
einen dem Kind nachtheiligen Wohnſitz vor der Ehe will-
kürlich wählen könne (a). Allein von einem Rechte ſolcher
Kinder, alſo auch von einer Verletzung deſſelben, kann gar
nicht die Rede ſeyn, da es in der freien Willkür des
Vaters ſteht, nicht nur die Ehe mit der Mutter des Kindes
zu unterlaſſen, ſondern, ſelbſt wenn er dieſe Ehe ſchließt,
das Kind nicht anzuerkennen. In beiden Fällen aber
erlangt das Kind kein Recht der Legitimität, da ein wahrer
Beweis der außerehelichen Kinderzeugung unmöglich iſt, mit-
hin die freie Anerkennung allein noch neben der Ehe, und
unabhängig von derſelben, dem Kinde die Rechte der ehe-
lichen Geburt verſchaffen kann (b).


(a) Schäffner § 37.
(b) So iſt es nach gemeinem
Recht. Im Römiſchen Recht tritt
dieſer Satz weniger ſichtbar hervor,
da die Legitimation nur auf Con-
cubinenkinder (naturales) ging,
bei welchen die Paternität faktiſch
faſt eben ſo ſicher war, wie bei
den ehelichen. Wir haben keine
naturales, ſondern nur spurii,
und bei dieſen hängt gewiß Alles
allein von der ganz willkürlichen
Anerkennung des Vaters ab. —
Allerdings ſieht das Preußiſche
Recht den Beweis des bloßen Bei-
ſchlafs in einer gewiſſen Zeit vor
der Geburt ſchon als Beweis der
Paternität an (A. L. R. II. 1
§ 1077). Dennoch läßt es bei
der Legitimation durch Ehe die
Rechte der ehelichen Geburt erſt
von der Trauung anfangen (A. L.
R. II. 2 § 598). Daher muß
auch nach dem Sinn des Landrechts
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[339/0361] §. 380. V. Familienrecht. B. Väterliche Gewalt. Ehe, und die Zeit der Geburt des Kindes iſt dabei gleich- gültig. Zwar iſt behauptet worden, daß dieſer letzte Zeit- punkt beachtet werden müſſe, weil das Kind durch die Ge- burt ſchon ein gewiſſes Rechtsverhältniß begründet habe, das durch die ſpätere Ehe der Eltern nur zu voller Wirk- ſamkeit gelange; man ſetzt hinzu, daß außerdem der Vater einen dem Kind nachtheiligen Wohnſitz vor der Ehe will- kürlich wählen könne (a). Allein von einem Rechte ſolcher Kinder, alſo auch von einer Verletzung deſſelben, kann gar nicht die Rede ſeyn, da es in der freien Willkür des Vaters ſteht, nicht nur die Ehe mit der Mutter des Kindes zu unterlaſſen, ſondern, ſelbſt wenn er dieſe Ehe ſchließt, das Kind nicht anzuerkennen. In beiden Fällen aber erlangt das Kind kein Recht der Legitimität, da ein wahrer Beweis der außerehelichen Kinderzeugung unmöglich iſt, mit- hin die freie Anerkennung allein noch neben der Ehe, und unabhängig von derſelben, dem Kinde die Rechte der ehe- lichen Geburt verſchaffen kann (b). (a) Schäffner § 37. (b) So iſt es nach gemeinem Recht. Im Römiſchen Recht tritt dieſer Satz weniger ſichtbar hervor, da die Legitimation nur auf Con- cubinenkinder (naturales) ging, bei welchen die Paternität faktiſch faſt eben ſo ſicher war, wie bei den ehelichen. Wir haben keine naturales, ſondern nur spurii, und bei dieſen hängt gewiß Alles allein von der ganz willkürlichen Anerkennung des Vaters ab. — Allerdings ſieht das Preußiſche Recht den Beweis des bloßen Bei- ſchlafs in einer gewiſſen Zeit vor der Geburt ſchon als Beweis der Paternität an (A. L. R. II. 1 § 1077). Dennoch läßt es bei der Legitimation durch Ehe die Rechte der ehelichen Geburt erſt von der Trauung anfangen (A. L. R. II. 2 § 598). Daher muß auch nach dem Sinn des Landrechts 22*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/361>, abgerufen am 24.11.2024.