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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
hafte Satz ausgedrückt, daß bei einer gerichtlichen Handlung
das Gesetz dieses Orts zu beobachten sey.

3. L. 1. C. de emanc. (8. 49). Vor den Duumvirn
einer Stadt hatte ein Mann, der nicht dieser Stadt ange-
hörte, seinen Sohn emancipirt, und die Gültigkeit dieser
Handlung wurde bezweifelt. Der Zweifel gründete sich
darauf, daß überhaupt in der Regel die Municipalmagistrate
keine legis actio hatten, sondern sie nur ausnahmsweise
durch Privilegium erlangen konnten (d). Die Kaiser re-
scribiren, die Gültigkeit der Handlung hänge ab von dem
Inhalt des Stadtgesetzes. Gebe dieses die legis actio den
Duumvirn, und zwar auch in der Ausdehnung, daß sie
dieselbe selbst über Fremde ausüben könnten, so sey die
Handlung gültig. -- Von einer Collision örtlicher Rechte
ist hier keine Spur.

4. C. 1. X. de spons. (4. 1). Ein Sachse hatte eine
Fränkische Frau zur Ehe genommen, und dabei nicht die
Sächsischen, sondern die Fränkischen Gebräuche beobachtet.
Nachdem er mit ihr viele Jahre gelebt, und Kinder erzeugt
hatte, berief er sich auf den erwähnten Fehler im Abschluß
der Ehe, verstieß die Frau, und nahm eine andere. Eine
Kirchenversammlung erklärt dieses Verfahren für strafbar,
die versuchte zweite Ehe für nichtig, und verfügt die Her-
stellung der früheren Ehe. -- Auch hier ist von einer Colli-
sion örtlicher Rechte nicht die Rede, und besonders wird

(d) Savigny Geschichte des R. R. im Mittelalter B. 1 § 27.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
hafte Satz ausgedrückt, daß bei einer gerichtlichen Handlung
das Geſetz dieſes Orts zu beobachten ſey.

3. L. 1. C. de emanc. (8. 49). Vor den Duumvirn
einer Stadt hatte ein Mann, der nicht dieſer Stadt ange-
hörte, ſeinen Sohn emancipirt, und die Gültigkeit dieſer
Handlung wurde bezweifelt. Der Zweifel gründete ſich
darauf, daß überhaupt in der Regel die Municipalmagiſtrate
keine legis actio hatten, ſondern ſie nur ausnahmsweiſe
durch Privilegium erlangen konnten (d). Die Kaiſer re-
ſcribiren, die Gültigkeit der Handlung hänge ab von dem
Inhalt des Stadtgeſetzes. Gebe dieſes die legis actio den
Duumvirn, und zwar auch in der Ausdehnung, daß ſie
dieſelbe ſelbſt über Fremde ausüben könnten, ſo ſey die
Handlung gültig. — Von einer Colliſion örtlicher Rechte
iſt hier keine Spur.

4. C. 1. X. de spons. (4. 1). Ein Sachſe hatte eine
Fränkiſche Frau zur Ehe genommen, und dabei nicht die
Sächſiſchen, ſondern die Fränkiſchen Gebräuche beobachtet.
Nachdem er mit ihr viele Jahre gelebt, und Kinder erzeugt
hatte, berief er ſich auf den erwähnten Fehler im Abſchluß
der Ehe, verſtieß die Frau, und nahm eine andere. Eine
Kirchenverſammlung erklärt dieſes Verfahren für ſtrafbar,
die verſuchte zweite Ehe für nichtig, und verfügt die Her-
ſtellung der früheren Ehe. — Auch hier iſt von einer Colli-
ſion örtlicher Rechte nicht die Rede, und beſonders wird

(d) Savigny Geſchichte des R. R. im Mittelalter B. 1 § 27.
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[362/0384] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. hafte Satz ausgedrückt, daß bei einer gerichtlichen Handlung das Geſetz dieſes Orts zu beobachten ſey. 3. L. 1. C. de emanc. (8. 49). Vor den Duumvirn einer Stadt hatte ein Mann, der nicht dieſer Stadt ange- hörte, ſeinen Sohn emancipirt, und die Gültigkeit dieſer Handlung wurde bezweifelt. Der Zweifel gründete ſich darauf, daß überhaupt in der Regel die Municipalmagiſtrate keine legis actio hatten, ſondern ſie nur ausnahmsweiſe durch Privilegium erlangen konnten (d). Die Kaiſer re- ſcribiren, die Gültigkeit der Handlung hänge ab von dem Inhalt des Stadtgeſetzes. Gebe dieſes die legis actio den Duumvirn, und zwar auch in der Ausdehnung, daß ſie dieſelbe ſelbſt über Fremde ausüben könnten, ſo ſey die Handlung gültig. — Von einer Colliſion örtlicher Rechte iſt hier keine Spur. 4. C. 1. X. de spons. (4. 1). Ein Sachſe hatte eine Fränkiſche Frau zur Ehe genommen, und dabei nicht die Sächſiſchen, ſondern die Fränkiſchen Gebräuche beobachtet. Nachdem er mit ihr viele Jahre gelebt, und Kinder erzeugt hatte, berief er ſich auf den erwähnten Fehler im Abſchluß der Ehe, verſtieß die Frau, und nahm eine andere. Eine Kirchenverſammlung erklärt dieſes Verfahren für ſtrafbar, die verſuchte zweite Ehe für nichtig, und verfügt die Her- ſtellung der früheren Ehe. — Auch hier iſt von einer Colli- ſion örtlicher Rechte nicht die Rede, und beſonders wird (d) Savigny Geſchichte des R. R. im Mittelalter B. 1 § 27.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/384>, abgerufen am 24.11.2024.