Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. der einzelnen deutschen Staaten zu dem, sie alle zusammenhaltenden deutschen Reiche (b). -- Aehnliche Verhältnisse aber fanden sich innerhalb der zum deutschen Reiche gehö- renden einzelnen Staaten, und finden sich noch jetzt nach der Auflösung des Reiches. Solche Particularrechte erscheinen bald in ganzen Pro- In größeren Landstrichen (Provinzen oder Provinzab- (b) B. 1 § 2. -- Ein ähnliches, doch nicht völlig gleiches, Verhält- niß finden wir unter den souveränen kleinen Staaten, aus welchen die vereinigten Niederlande bestanden, die nicht so, wie die deutschen Staaten, durch eine gemeinsame höhere Staatsgewalt und Gesetz- gebung verbunden waren. Durch die daselbst sehr häufig hervortre- tenden Collisionsfälle wurden be- sonders die Holländischen Juristen (Rodenburg, P. Voet, J. Voet, Huber) veranlaßt, große Aufmerk- samkeit auf den hier vorliegenden Gegenstand zu wenden. Aehnlich ist auch das Verhältniß der Nord- amerikanischen Freistaaten. (c) So z. B. bestanden neben
einander in Breslau bis zum 1. Jan. 1840 fünferlei partikuläre Gesetze und Observanzen über Erb- recht, eheliches Güterrecht u. s. w., deren Anwendung durch Juris- dictionsbezirke begränzt war. Nicht selten war hier das Recht von Haus zu Haus verschieden, ja es kam vor, daß Ein Haus auf der Gränze verschiedener Rechte lag, denen es daher theilweise angehörte. Vgl. das Gesetz vom 11. Mai 1839 (Gesetzsammlung 1839 S. 166). Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. der einzelnen deutſchen Staaten zu dem, ſie alle zuſammenhaltenden deutſchen Reiche (b). — Aehnliche Verhältniſſe aber fanden ſich innerhalb der zum deutſchen Reiche gehö- renden einzelnen Staaten, und finden ſich noch jetzt nach der Auflöſung des Reiches. Solche Particularrechte erſcheinen bald in ganzen Pro- In größeren Landſtrichen (Provinzen oder Provinzab- (b) B. 1 § 2. — Ein ähnliches, doch nicht völlig gleiches, Verhält- niß finden wir unter den ſouveränen kleinen Staaten, aus welchen die vereinigten Niederlande beſtanden, die nicht ſo, wie die deutſchen Staaten, durch eine gemeinſame höhere Staatsgewalt und Geſetz- gebung verbunden waren. Durch die daſelbſt ſehr häufig hervortre- tenden Colliſionsfälle wurden be- ſonders die Holländiſchen Juriſten (Rodenburg, P. Voet, J. Voet, Huber) veranlaßt, große Aufmerk- ſamkeit auf den hier vorliegenden Gegenſtand zu wenden. Aehnlich iſt auch das Verhältniß der Nord- amerikaniſchen Freiſtaaten. (c) So z. B. beſtanden neben
einander in Breslau bis zum 1. Jan. 1840 fünferlei partikuläre Geſetze und Obſervanzen über Erb- recht, eheliches Güterrecht u. ſ. w., deren Anwendung durch Juris- dictionsbezirke begränzt war. Nicht ſelten war hier das Recht von Haus zu Haus verſchieden, ja es kam vor, daß Ein Haus auf der Gränze verſchiedener Rechte lag, denen es daher theilweiſe angehörte. Vgl. das Geſetz vom 11. Mai 1839 (Geſetzſammlung 1839 S. 166). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0042" n="20"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/> der einzelnen deutſchen Staaten zu dem, ſie alle zuſammen<lb/> haltenden deutſchen Reiche <note place="foot" n="(b)">B. 1 § 2. — Ein ähnliches,<lb/> doch nicht völlig gleiches, Verhält-<lb/> niß finden wir unter den ſouveränen<lb/> kleinen Staaten, aus welchen die<lb/> vereinigten Niederlande beſtanden,<lb/> die nicht ſo, wie die deutſchen<lb/> Staaten, durch eine gemeinſame<lb/> höhere Staatsgewalt und Geſetz-<lb/> gebung verbunden waren. Durch<lb/> die daſelbſt ſehr häufig hervortre-<lb/> tenden Colliſionsfälle wurden be-<lb/> ſonders die Holländiſchen Juriſten<lb/> (Rodenburg, P. Voet, J. Voet,<lb/> Huber) veranlaßt, große Aufmerk-<lb/> ſamkeit auf den hier vorliegenden<lb/> Gegenſtand zu wenden. Aehnlich<lb/> iſt auch das Verhältniß der Nord-<lb/> amerikaniſchen Freiſtaaten.</note>. — Aehnliche Verhältniſſe<lb/> aber fanden ſich innerhalb der zum deutſchen Reiche gehö-<lb/> renden einzelnen Staaten, und finden ſich noch jetzt nach<lb/> der Auflöſung des Reiches.</p><lb/> <p>Solche Particularrechte erſcheinen bald in ganzen Pro-<lb/> vinzen, bald in Abtheilungen von Provinzen, bald und vor-<lb/> züglich in einzelnen Gemeinden. Beſonders häufig erſchei-<lb/> nen ſie in Stadtgebieten, ja zuweilen ſelbſt in einzelnen<lb/> örtlichen Beſtandtheilen eines und deſſelben Stadtgebietes <note place="foot" n="(c)">So z. B. beſtanden neben<lb/> einander in Breslau bis zum 1.<lb/> Jan. 1840 fünferlei partikuläre<lb/> Geſetze und Obſervanzen über Erb-<lb/> recht, eheliches Güterrecht u. ſ.<lb/> w., deren Anwendung durch Juris-<lb/> dictionsbezirke begränzt war. Nicht<lb/> ſelten war hier das Recht von<lb/> Haus zu Haus verſchieden, ja es<lb/> kam vor, daß Ein Haus auf der<lb/> Gränze verſchiedener Rechte lag,<lb/> denen es daher theilweiſe angehörte.<lb/> Vgl. das Geſetz vom 11. Mai 1839<lb/> (Geſetzſammlung 1839 S. 166).</note>.</p><lb/> <p>In größeren Landſtrichen (Provinzen oder Provinzab-<lb/> theilungen) ſind ſolche Particularrechte oft dadurch entſtan-<lb/> den, daß ein ſolcher Landſtrich früher als ſelbſtſtändiges<lb/> Staatsgebiet oder auch als Theil eines fremden Staates<lb/> beſtand, und erſt ſpäter dem Staate, dem er jetzt angehört,<lb/> einverleibt wurde.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0042]
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
der einzelnen deutſchen Staaten zu dem, ſie alle zuſammen
haltenden deutſchen Reiche (b). — Aehnliche Verhältniſſe
aber fanden ſich innerhalb der zum deutſchen Reiche gehö-
renden einzelnen Staaten, und finden ſich noch jetzt nach
der Auflöſung des Reiches.
Solche Particularrechte erſcheinen bald in ganzen Pro-
vinzen, bald in Abtheilungen von Provinzen, bald und vor-
züglich in einzelnen Gemeinden. Beſonders häufig erſchei-
nen ſie in Stadtgebieten, ja zuweilen ſelbſt in einzelnen
örtlichen Beſtandtheilen eines und deſſelben Stadtgebietes (c).
In größeren Landſtrichen (Provinzen oder Provinzab-
theilungen) ſind ſolche Particularrechte oft dadurch entſtan-
den, daß ein ſolcher Landſtrich früher als ſelbſtſtändiges
Staatsgebiet oder auch als Theil eines fremden Staates
beſtand, und erſt ſpäter dem Staate, dem er jetzt angehört,
einverleibt wurde.
(b) B. 1 § 2. — Ein ähnliches,
doch nicht völlig gleiches, Verhält-
niß finden wir unter den ſouveränen
kleinen Staaten, aus welchen die
vereinigten Niederlande beſtanden,
die nicht ſo, wie die deutſchen
Staaten, durch eine gemeinſame
höhere Staatsgewalt und Geſetz-
gebung verbunden waren. Durch
die daſelbſt ſehr häufig hervortre-
tenden Colliſionsfälle wurden be-
ſonders die Holländiſchen Juriſten
(Rodenburg, P. Voet, J. Voet,
Huber) veranlaßt, große Aufmerk-
ſamkeit auf den hier vorliegenden
Gegenſtand zu wenden. Aehnlich
iſt auch das Verhältniß der Nord-
amerikaniſchen Freiſtaaten.
(c) So z. B. beſtanden neben
einander in Breslau bis zum 1.
Jan. 1840 fünferlei partikuläre
Geſetze und Obſervanzen über Erb-
recht, eheliches Güterrecht u. ſ.
w., deren Anwendung durch Juris-
dictionsbezirke begränzt war. Nicht
ſelten war hier das Recht von
Haus zu Haus verſchieden, ja es
kam vor, daß Ein Haus auf der
Gränze verſchiedener Rechte lag,
denen es daher theilweiſe angehörte.
Vgl. das Geſetz vom 11. Mai 1839
(Geſetzſammlung 1839 S. 166).
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