Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 387. A. Erwerb der Rechte. Grundsatz. (Forts.)
suchen, das mehr oder weniger deutlich Gedachte in allge-
meinen Grundsätzen zu formuliren; diese Verschiedenheiten
haben eine überwiegend theoretische Natur. Eine sehr in
das Einzelne gehende Vergleichung und Kritik dieser Ver-
suche würde nicht in rechtem Verhältniß stehen zu der da-
von zu erwartenden Frucht. Es wird genügen, bei einigen
Schriftstellern, die auf diese allgemeine Formulirung mehr
als Andere, Kraft verwendet haben, auf das Eigenthümliche
derselben hinzuweisen.

Weber legt besonderes Gewicht auf folgende Unter-
scheidung (f). Man könne ein neues Gesetz erstlich ver-
suchen so zu behandeln, als wenn es schon in einer frü-
heren Zeit vorhanden gewesen wäre, so daß es auch auf
die in die Vergangenheit fallenden Wirkungen älterer Rechts-
geschäfte bezogen würde. Darin liege eine rückwirkende
Kraft, und diese sey verwerflich. Man könne aber auch
zweitens sich darauf beschränken, die künftigen Wirkungen
älterer Rechtsgeschäfte nach dem neuen Gesetze zu beurthei-
len, und Dieses sey richtig. -- Er glaubt, diese Unterschei-
dung, als Grundlage der ganzen Lehre, aus der Natur der
Sache abgeleitet zu haben, steht aber in der That unter
dem Einfluß der L. 27 C. de usuris (§ 386. g), deren
sehr eigenthümliche und willkürliche Vorschrift sich ihm un-
vermerkt in einen allgemeinen Grundsatz verwandelt. Wie
sehr er auf diesem Wege zu einer inconsequenten Anwen-

(f) Weber § 21. a bis § 27.
26*

§. 387. A. Erwerb der Rechte. Grundſatz. (Fortſ.)
ſuchen, das mehr oder weniger deutlich Gedachte in allge-
meinen Grundſätzen zu formuliren; dieſe Verſchiedenheiten
haben eine überwiegend theoretiſche Natur. Eine ſehr in
das Einzelne gehende Vergleichung und Kritik dieſer Ver-
ſuche würde nicht in rechtem Verhältniß ſtehen zu der da-
von zu erwartenden Frucht. Es wird genügen, bei einigen
Schriftſtellern, die auf dieſe allgemeine Formulirung mehr
als Andere, Kraft verwendet haben, auf das Eigenthümliche
derſelben hinzuweiſen.

Weber legt beſonderes Gewicht auf folgende Unter-
ſcheidung (f). Man könne ein neues Geſetz erſtlich ver-
ſuchen ſo zu behandeln, als wenn es ſchon in einer frü-
heren Zeit vorhanden geweſen wäre, ſo daß es auch auf
die in die Vergangenheit fallenden Wirkungen älterer Rechts-
geſchäfte bezogen würde. Darin liege eine rückwirkende
Kraft, und dieſe ſey verwerflich. Man könne aber auch
zweitens ſich darauf beſchränken, die künftigen Wirkungen
älterer Rechtsgeſchäfte nach dem neuen Geſetze zu beurthei-
len, und Dieſes ſey richtig. — Er glaubt, dieſe Unterſchei-
dung, als Grundlage der ganzen Lehre, aus der Natur der
Sache abgeleitet zu haben, ſteht aber in der That unter
dem Einfluß der L. 27 C. de usuris (§ 386. g), deren
ſehr eigenthümliche und willkürliche Vorſchrift ſich ihm un-
vermerkt in einen allgemeinen Grundſatz verwandelt. Wie
ſehr er auf dieſem Wege zu einer inconſequenten Anwen-

(f) Weber § 21. a bis § 27.
26*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0425" n="403"/><fw place="top" type="header">§. 387. <hi rendition="#aq">A.</hi> Erwerb der Rechte. Grund&#x017F;atz. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
&#x017F;uchen, das mehr oder weniger deutlich Gedachte in allge-<lb/>
meinen Grund&#x017F;ätzen zu formuliren; die&#x017F;e Ver&#x017F;chiedenheiten<lb/>
haben eine überwiegend theoreti&#x017F;che Natur. Eine &#x017F;ehr in<lb/>
das Einzelne gehende Vergleichung und Kritik die&#x017F;er Ver-<lb/>
&#x017F;uche würde nicht in rechtem Verhältniß &#x017F;tehen zu der da-<lb/>
von zu erwartenden Frucht. Es wird genügen, bei einigen<lb/>
Schrift&#x017F;tellern, die auf die&#x017F;e allgemeine Formulirung mehr<lb/>
als Andere, Kraft verwendet haben, auf das Eigenthümliche<lb/>
der&#x017F;elben hinzuwei&#x017F;en.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Weber</hi> legt be&#x017F;onderes Gewicht auf folgende Unter-<lb/>
&#x017F;cheidung <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#g">Weber</hi> § 21. <hi rendition="#aq">a</hi> bis § 27.</note>. Man könne ein neues Ge&#x017F;etz er&#x017F;tlich ver-<lb/>
&#x017F;uchen &#x017F;o zu behandeln, als wenn es &#x017F;chon in einer frü-<lb/>
heren Zeit vorhanden gewe&#x017F;en wäre, &#x017F;o daß es auch auf<lb/>
die in die Vergangenheit fallenden Wirkungen älterer Rechts-<lb/>
ge&#x017F;chäfte bezogen würde. Darin liege eine rückwirkende<lb/>
Kraft, und die&#x017F;e &#x017F;ey verwerflich. Man könne aber auch<lb/>
zweitens &#x017F;ich darauf be&#x017F;chränken, die künftigen Wirkungen<lb/>
älterer Rechtsge&#x017F;chäfte nach dem neuen Ge&#x017F;etze zu beurthei-<lb/>
len, und Die&#x017F;es &#x017F;ey richtig. &#x2014; Er glaubt, die&#x017F;e Unter&#x017F;chei-<lb/>
dung, als Grundlage der ganzen Lehre, aus der Natur der<lb/>
Sache abgeleitet zu haben, &#x017F;teht aber in der That unter<lb/>
dem Einfluß der <hi rendition="#aq">L. 27 C. de usuris (§ 386. g)</hi>, deren<lb/>
&#x017F;ehr eigenthümliche und willkürliche Vor&#x017F;chrift &#x017F;ich ihm un-<lb/>
vermerkt in einen allgemeinen Grund&#x017F;atz verwandelt. Wie<lb/>
&#x017F;ehr er auf die&#x017F;em Wege zu einer incon&#x017F;equenten Anwen-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">26*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[403/0425] §. 387. A. Erwerb der Rechte. Grundſatz. (Fortſ.) ſuchen, das mehr oder weniger deutlich Gedachte in allge- meinen Grundſätzen zu formuliren; dieſe Verſchiedenheiten haben eine überwiegend theoretiſche Natur. Eine ſehr in das Einzelne gehende Vergleichung und Kritik dieſer Ver- ſuche würde nicht in rechtem Verhältniß ſtehen zu der da- von zu erwartenden Frucht. Es wird genügen, bei einigen Schriftſtellern, die auf dieſe allgemeine Formulirung mehr als Andere, Kraft verwendet haben, auf das Eigenthümliche derſelben hinzuweiſen. Weber legt beſonderes Gewicht auf folgende Unter- ſcheidung (f). Man könne ein neues Geſetz erſtlich ver- ſuchen ſo zu behandeln, als wenn es ſchon in einer frü- heren Zeit vorhanden geweſen wäre, ſo daß es auch auf die in die Vergangenheit fallenden Wirkungen älterer Rechts- geſchäfte bezogen würde. Darin liege eine rückwirkende Kraft, und dieſe ſey verwerflich. Man könne aber auch zweitens ſich darauf beſchränken, die künftigen Wirkungen älterer Rechtsgeſchäfte nach dem neuen Geſetze zu beurthei- len, und Dieſes ſey richtig. — Er glaubt, dieſe Unterſchei- dung, als Grundlage der ganzen Lehre, aus der Natur der Sache abgeleitet zu haben, ſteht aber in der That unter dem Einfluß der L. 27 C. de usuris (§ 386. g), deren ſehr eigenthümliche und willkürliche Vorſchrift ſich ihm un- vermerkt in einen allgemeinen Grundſatz verwandelt. Wie ſehr er auf dieſem Wege zu einer inconſequenten Anwen- (f) Weber § 21. a bis § 27. 26*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/425
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/425>, abgerufen am 22.11.2024.