Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
daß der Zustand des Testators dem in einem dieser Zeit-
punkte geltenden Gesetz nicht entspricht (s).

Folgende Beispiele werden die Sache erläutern. Nach
Römischem Recht konnten testiren: alle cives, alle unab-
hängige Latini (t), nicht die peregrini (S. 452). Gesetzt
nun, ein solcher Latinus hätte ein Testament gemacht, und
während seines Lebens wäre allen Latinen durch ein Kaiser-
gesetz die testamentifactio entzogen worden, so wäre das
Testament ungültig gewesen, wegen der Unfähigkeit zur
Todeszeit. -- Gesetzt, ein Peregrine hätte ein Testament
gemacht, und während seines Lebens wäre durch ein Kaiser-
gesetz allen Peregrinen die testamentifactio verliehen worden,
so wäre das Testament ungültig geblieben, wegen der Un-
fähigkeit zur Zeit des errichteten Testaments.

2. Persönliche Fähigkeit des Testators in Beziehung
auf dessen physische Eigenschaften.

Diese muß blos vorhanden seyn zur Zeit der Errichtung
des Testaments, also entscheidet ausschließend das zu dieser
Zeit geltende Gesetz. Ein nach demselben gültig gemachtes

(s) Chabot T. 2 p. 438. 439.
-- Dagegen glaubt Meyer p.
121--131, die Unfähigkeit zur Zeit
des errichteten Testaments schade
nicht, und sucht diese grundlose
Behauptung gegen die allerdings
nicht zutreffenden Einwürfe aus
der regula Catoniana zu recht-
fertigen.
(t) Dahin gehörten früher die
Latini colonarii (Ulpian. XIX.
§ 4), und, seitdem es solche nicht
mehr gab, alle Nachkommen eines
Latinus Junianus, da das Ver-
bot der Lex Junia nur ihn selbst
betraf, nicht die Nachkommen,
welche Latini ingenui waren.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
daß der Zuſtand des Teſtators dem in einem dieſer Zeit-
punkte geltenden Geſetz nicht entſpricht (s).

Folgende Beiſpiele werden die Sache erläutern. Nach
Römiſchem Recht konnten teſtiren: alle cives, alle unab-
hängige Latini (t), nicht die peregrini (S. 452). Geſetzt
nun, ein ſolcher Latinus hätte ein Teſtament gemacht, und
während ſeines Lebens wäre allen Latinen durch ein Kaiſer-
geſetz die testamentifactio entzogen worden, ſo wäre das
Teſtament ungültig geweſen, wegen der Unfähigkeit zur
Todeszeit. — Geſetzt, ein Peregrine hätte ein Teſtament
gemacht, und während ſeines Lebens wäre durch ein Kaiſer-
geſetz allen Peregrinen die testamentifactio verliehen worden,
ſo wäre das Teſtament ungültig geblieben, wegen der Un-
fähigkeit zur Zeit des errichteten Teſtaments.

2. Perſönliche Fähigkeit des Teſtators in Beziehung
auf deſſen phyſiſche Eigenſchaften.

Dieſe muß blos vorhanden ſeyn zur Zeit der Errichtung
des Teſtaments, alſo entſcheidet ausſchließend das zu dieſer
Zeit geltende Geſetz. Ein nach demſelben gültig gemachtes

(s) Chabot T. 2 p. 438. 439.
— Dagegen glaubt Meyer p.
121—131, die Unfähigkeit zur Zeit
des errichteten Teſtaments ſchade
nicht, und ſucht dieſe grundloſe
Behauptung gegen die allerdings
nicht zutreffenden Einwürfe aus
der regula Catoniana zu recht-
fertigen.
(t) Dahin gehörten früher die
Latini colonarii (Ulpian. XIX.
§ 4), und, ſeitdem es ſolche nicht
mehr gab, alle Nachkommen eines
Latinus Junianus, da das Ver-
bot der Lex Junia nur ihn ſelbſt
betraf, nicht die Nachkommen,
welche Latini ingenui waren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0484" n="462"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herr&#x017F;chaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Zeitliche Gränzen.</fw><lb/>
daß der Zu&#x017F;tand des Te&#x017F;tators dem in einem die&#x017F;er Zeit-<lb/>
punkte geltenden Ge&#x017F;etz nicht ent&#x017F;pricht <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Chabot</hi> T. 2 p.</hi> 438. 439.<lb/>
&#x2014; Dagegen glaubt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Meyer</hi> p.</hi><lb/>
121&#x2014;131, die Unfähigkeit zur Zeit<lb/>
des errichteten Te&#x017F;taments &#x017F;chade<lb/>
nicht, und &#x017F;ucht die&#x017F;e grundlo&#x017F;e<lb/>
Behauptung gegen die allerdings<lb/>
nicht zutreffenden Einwürfe aus<lb/>
der <hi rendition="#aq">regula Catoniana</hi> zu recht-<lb/>
fertigen.</note>.</p><lb/>
            <p>Folgende Bei&#x017F;piele werden die Sache erläutern. Nach<lb/>
Römi&#x017F;chem Recht konnten te&#x017F;tiren: alle <hi rendition="#aq">cives,</hi> alle unab-<lb/>
hängige <hi rendition="#aq">Latini</hi> <note place="foot" n="(t)">Dahin gehörten früher die<lb/><hi rendition="#aq">Latini colonarii (<hi rendition="#k">Ulpian</hi>. XIX.</hi><lb/>
§ 4), und, &#x017F;eitdem es &#x017F;olche nicht<lb/>
mehr gab, alle Nachkommen eines<lb/><hi rendition="#aq">Latinus Junianus,</hi> da das Ver-<lb/>
bot der <hi rendition="#aq">Lex Junia</hi> nur ihn &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
betraf, nicht die Nachkommen,<lb/>
welche <hi rendition="#aq">Latini ingenui</hi> waren.</note>, nicht die <hi rendition="#aq">peregrini</hi> (S. 452). Ge&#x017F;etzt<lb/>
nun, ein &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">Latinus</hi> hätte ein Te&#x017F;tament gemacht, und<lb/>
während &#x017F;eines Lebens wäre allen Latinen durch ein Kai&#x017F;er-<lb/>
ge&#x017F;etz die <hi rendition="#aq">testamentifactio</hi> entzogen worden, &#x017F;o wäre das<lb/>
Te&#x017F;tament ungültig gewe&#x017F;en, wegen der Unfähigkeit zur<lb/>
Todeszeit. &#x2014; Ge&#x017F;etzt, ein Peregrine hätte ein Te&#x017F;tament<lb/>
gemacht, und während &#x017F;eines Lebens wäre durch ein Kai&#x017F;er-<lb/>
ge&#x017F;etz allen Peregrinen die <hi rendition="#aq">testamentifactio</hi> verliehen worden,<lb/>
&#x017F;o wäre das Te&#x017F;tament ungültig geblieben, wegen der Un-<lb/>
fähigkeit zur Zeit des errichteten Te&#x017F;taments.</p><lb/>
            <p>2. Per&#x017F;önliche Fähigkeit des Te&#x017F;tators in Beziehung<lb/>
auf de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">phy&#x017F;i&#x017F;che Eigen&#x017F;chaften</hi>.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e muß blos vorhanden &#x017F;eyn zur Zeit der Errichtung<lb/>
des Te&#x017F;taments, al&#x017F;o ent&#x017F;cheidet aus&#x017F;chließend das zu die&#x017F;er<lb/>
Zeit geltende Ge&#x017F;etz. Ein nach dem&#x017F;elben gültig gemachtes<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[462/0484] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen. daß der Zuſtand des Teſtators dem in einem dieſer Zeit- punkte geltenden Geſetz nicht entſpricht (s). Folgende Beiſpiele werden die Sache erläutern. Nach Römiſchem Recht konnten teſtiren: alle cives, alle unab- hängige Latini (t), nicht die peregrini (S. 452). Geſetzt nun, ein ſolcher Latinus hätte ein Teſtament gemacht, und während ſeines Lebens wäre allen Latinen durch ein Kaiſer- geſetz die testamentifactio entzogen worden, ſo wäre das Teſtament ungültig geweſen, wegen der Unfähigkeit zur Todeszeit. — Geſetzt, ein Peregrine hätte ein Teſtament gemacht, und während ſeines Lebens wäre durch ein Kaiſer- geſetz allen Peregrinen die testamentifactio verliehen worden, ſo wäre das Teſtament ungültig geblieben, wegen der Un- fähigkeit zur Zeit des errichteten Teſtaments. 2. Perſönliche Fähigkeit des Teſtators in Beziehung auf deſſen phyſiſche Eigenſchaften. Dieſe muß blos vorhanden ſeyn zur Zeit der Errichtung des Teſtaments, alſo entſcheidet ausſchließend das zu dieſer Zeit geltende Geſetz. Ein nach demſelben gültig gemachtes (s) Chabot T. 2 p. 438. 439. — Dagegen glaubt Meyer p. 121—131, die Unfähigkeit zur Zeit des errichteten Teſtaments ſchade nicht, und ſucht dieſe grundloſe Behauptung gegen die allerdings nicht zutreffenden Einwürfe aus der regula Catoniana zu recht- fertigen. (t) Dahin gehörten früher die Latini colonarii (Ulpian. XIX. § 4), und, ſeitdem es ſolche nicht mehr gab, alle Nachkommen eines Latinus Junianus, da das Ver- bot der Lex Junia nur ihn ſelbſt betraf, nicht die Nachkommen, welche Latini ingenui waren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/484
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/484>, abgerufen am 22.11.2024.