Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 395. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Forts.)
wurden. Ein Römer, der eine magna capitis deminutio
erlitten hatte (ein Deportirter, oder ein servus poenae),
konnte ohnehin keine Erbschaft hinterlassen; was er hatte,
oder zu haben schien, gehörte dem Fiscus.

Die persönliche Fähigkeit, zu irgend einer Intestaterb-
schaft berufen zu werden, beruhte auf derselben Bedingung
der Civität; die magna capitis deminutio machte dazu un-
fähig, während die minima kein unbedingtes Hinderniß war,
sondern nur gewisse Ansprüche auf Intestaterbfolge, die auf
Agnation gegründeten, aufhob (a). Diese Fähigkeit mußte
gewiß vorhanden seyn zur Zeit des Erbanfalls, aber auch
zur Zeit des Erwerbs, ja sogar in der ganzen Zwischen-
zeit, da jede in dieser Zeit eintretende Unfähigkeit eines
berufenen Intestaterben dessen Erbantheil sogleich irgend
einer anderen Person, sey diese neben ihm oder hinter ihm
berufen, deferirt (§ 393. m). Diese Regeln gelten auf
gleiche Weise, es mag eine die Erbfähigkeit aufhebende
Veränderung bewirkt worden seyn durch neue thatsächliche
Verhältnisse, oder durch ein neues Gesetz.

Das Wichtigste aber und zugleich das Schwierigste ist
das persönliche Verhältniß des Intestaterben zum Erblasser,
welches vorzugsweise in Verwandtschaft besteht. Dieses
Verhältniß ist entscheidend sowohl für den Erbanspruch
jedes Einzelnen überhaupt, als über die bestimmte Stelle,
welche derselbe in der Reihefolge sämmtlicher für diesen

(a) L 1 § 4. 8 ad Sc. Tert. (38. 17).
31*

§. 395. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Fortſ.)
wurden. Ein Römer, der eine magna capitis deminutio
erlitten hatte (ein Deportirter, oder ein servus poenae),
konnte ohnehin keine Erbſchaft hinterlaſſen; was er hatte,
oder zu haben ſchien, gehörte dem Fiscus.

Die perſönliche Fähigkeit, zu irgend einer Inteſtaterb-
ſchaft berufen zu werden, beruhte auf derſelben Bedingung
der Civität; die magna capitis deminutio machte dazu un-
fähig, während die minima kein unbedingtes Hinderniß war,
ſondern nur gewiſſe Anſprüche auf Inteſtaterbfolge, die auf
Agnation gegründeten, aufhob (a). Dieſe Fähigkeit mußte
gewiß vorhanden ſeyn zur Zeit des Erbanfalls, aber auch
zur Zeit des Erwerbs, ja ſogar in der ganzen Zwiſchen-
zeit, da jede in dieſer Zeit eintretende Unfähigkeit eines
berufenen Inteſtaterben deſſen Erbantheil ſogleich irgend
einer anderen Perſon, ſey dieſe neben ihm oder hinter ihm
berufen, deferirt (§ 393. m). Dieſe Regeln gelten auf
gleiche Weiſe, es mag eine die Erbfähigkeit aufhebende
Veränderung bewirkt worden ſeyn durch neue thatſächliche
Verhältniſſe, oder durch ein neues Geſetz.

Das Wichtigſte aber und zugleich das Schwierigſte iſt
das perſönliche Verhältniß des Inteſtaterben zum Erblaſſer,
welches vorzugsweiſe in Verwandtſchaft beſteht. Dieſes
Verhältniß iſt entſcheidend ſowohl für den Erbanſpruch
jedes Einzelnen überhaupt, als über die beſtimmte Stelle,
welche derſelbe in der Reihefolge ſämmtlicher für dieſen

(a) L 1 § 4. 8 ad Sc. Tert. (38. 17).
31*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0505" n="483"/><fw place="top" type="header">§. 395. <hi rendition="#aq">A.</hi> Erwerb der Rechte. Anwendungen. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Erbrecht. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
wurden. Ein Römer, der eine <hi rendition="#aq">magna capitis deminutio</hi><lb/>
erlitten hatte (ein Deportirter, oder ein <hi rendition="#aq">servus poenae</hi>),<lb/>
konnte ohnehin keine Erb&#x017F;chaft hinterla&#x017F;&#x017F;en; was er hatte,<lb/>
oder zu haben &#x017F;chien, gehörte dem Fiscus.</p><lb/>
            <p>Die per&#x017F;önliche Fähigkeit, zu irgend einer Inte&#x017F;taterb-<lb/>
&#x017F;chaft berufen zu werden, beruhte auf der&#x017F;elben Bedingung<lb/>
der Civität; die <hi rendition="#aq">magna capitis deminutio</hi> machte dazu un-<lb/>
fähig, während die <hi rendition="#aq">minima</hi> kein unbedingtes Hinderniß war,<lb/>
&#x017F;ondern nur gewi&#x017F;&#x017F;e An&#x017F;prüche auf Inte&#x017F;taterbfolge, die auf<lb/>
Agnation gegründeten, aufhob <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi> 1 § 4. 8 <hi rendition="#i">ad Sc. Tert.</hi></hi> (38. 17).</note>. Die&#x017F;e Fähigkeit mußte<lb/>
gewiß vorhanden &#x017F;eyn zur Zeit des Erbanfalls, aber auch<lb/>
zur Zeit des Erwerbs, ja &#x017F;ogar in der ganzen Zwi&#x017F;chen-<lb/>
zeit, da jede in die&#x017F;er Zeit eintretende Unfähigkeit eines<lb/>
berufenen Inte&#x017F;taterben de&#x017F;&#x017F;en Erbantheil &#x017F;ogleich irgend<lb/>
einer anderen Per&#x017F;on, &#x017F;ey die&#x017F;e neben ihm oder hinter ihm<lb/>
berufen, deferirt (§ 393. <hi rendition="#aq">m</hi>). Die&#x017F;e Regeln gelten auf<lb/>
gleiche Wei&#x017F;e, es mag eine die Erbfähigkeit aufhebende<lb/>
Veränderung bewirkt worden &#x017F;eyn durch neue that&#x017F;ächliche<lb/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;e, oder durch ein neues Ge&#x017F;etz.</p><lb/>
            <p>Das Wichtig&#x017F;te aber und zugleich das Schwierig&#x017F;te i&#x017F;t<lb/>
das per&#x017F;önliche Verhältniß des Inte&#x017F;taterben zum Erbla&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
welches vorzugswei&#x017F;e in Verwandt&#x017F;chaft be&#x017F;teht. Die&#x017F;es<lb/>
Verhältniß i&#x017F;t ent&#x017F;cheidend &#x017F;owohl für den Erban&#x017F;pruch<lb/>
jedes Einzelnen überhaupt, als über die be&#x017F;timmte Stelle,<lb/>
welche der&#x017F;elbe in der Reihefolge &#x017F;ämmtlicher für die&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">31*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0505] §. 395. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. IV. Erbrecht. (Fortſ.) wurden. Ein Römer, der eine magna capitis deminutio erlitten hatte (ein Deportirter, oder ein servus poenae), konnte ohnehin keine Erbſchaft hinterlaſſen; was er hatte, oder zu haben ſchien, gehörte dem Fiscus. Die perſönliche Fähigkeit, zu irgend einer Inteſtaterb- ſchaft berufen zu werden, beruhte auf derſelben Bedingung der Civität; die magna capitis deminutio machte dazu un- fähig, während die minima kein unbedingtes Hinderniß war, ſondern nur gewiſſe Anſprüche auf Inteſtaterbfolge, die auf Agnation gegründeten, aufhob (a). Dieſe Fähigkeit mußte gewiß vorhanden ſeyn zur Zeit des Erbanfalls, aber auch zur Zeit des Erwerbs, ja ſogar in der ganzen Zwiſchen- zeit, da jede in dieſer Zeit eintretende Unfähigkeit eines berufenen Inteſtaterben deſſen Erbantheil ſogleich irgend einer anderen Perſon, ſey dieſe neben ihm oder hinter ihm berufen, deferirt (§ 393. m). Dieſe Regeln gelten auf gleiche Weiſe, es mag eine die Erbfähigkeit aufhebende Veränderung bewirkt worden ſeyn durch neue thatſächliche Verhältniſſe, oder durch ein neues Geſetz. Das Wichtigſte aber und zugleich das Schwierigſte iſt das perſönliche Verhältniß des Inteſtaterben zum Erblaſſer, welches vorzugsweiſe in Verwandtſchaft beſteht. Dieſes Verhältniß iſt entſcheidend ſowohl für den Erbanſpruch jedes Einzelnen überhaupt, als über die beſtimmte Stelle, welche derſelbe in der Reihefolge ſämmtlicher für dieſen (a) L 1 § 4. 8 ad Sc. Tert. (38. 17). 31*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/505
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/505>, abgerufen am 22.11.2024.