Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Wodurch wird die einzelne Person mit ihrem Rechtszustand an das Land gebunden? Welches ist also der Grund, der zwischen der Person und dem Territorialrecht den Zusammen- hang vermittelt? Unsere nächste Aufgabe muß auf die Be- antwortung dieser Frage gerichtet sein.
Hier treten uns nun zwei thatsächliche Verhältnisse als solche Vermittelungsgründe entgegen: Origo und domicilium, Herkunft und Wohnsitz. Wir haben uns die Bedeutung derselben, den juristischen Einfluß, das Verhältniß beider zu einander klar zu machen.
Daran nun zweifelt Niemand, daß uns sowohl diese Ausdrücke, als die mit denselben bezeichneten Rechtsbegriffe, durch das Römische Recht zugekommen sind: Alle, die davon Anwendung machen, gehen auf die Quellen des Römischen Rechts zurück. Wir müssen also vor Allem genau festzu- stellen suchen, was sich die Römischen Juristen unter jenen Ausdrücken denken, und welchen Einfluß sie den dadurch bezeichneten Rechtsbegriffen beilegen. Damit ist aber keines- weges gesagt, daß die Römische Auffassung derselben auch für uns maaßgebend sein müsse. Vielmehr wird sich im Fortgang der Untersuchung zeigen, daß eben hierin unser Rechtszustand die größten Abweichungen von dem Römischen darbietet. Es soll zunächst nur gegen die auf bloßen Miß- verständnissen beruhende Anwendung vermeintlicher Römischer Kunstausdrücke und Rechtsbegriffe ein sicherer Schutz ge- währt werden.
Hierin nun hat es mit einem der angeführten Aus-
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Wodurch wird die einzelne Perſon mit ihrem Rechtszuſtand an das Land gebunden? Welches iſt alſo der Grund, der zwiſchen der Perſon und dem Territorialrecht den Zuſammen- hang vermittelt? Unſere nächſte Aufgabe muß auf die Be- antwortung dieſer Frage gerichtet ſein.
Hier treten uns nun zwei thatſächliche Verhältniſſe als ſolche Vermittelungsgründe entgegen: Origo und domicilium, Herkunft und Wohnſitz. Wir haben uns die Bedeutung derſelben, den juriſtiſchen Einfluß, das Verhältniß beider zu einander klar zu machen.
Daran nun zweifelt Niemand, daß uns ſowohl dieſe Ausdrücke, als die mit denſelben bezeichneten Rechtsbegriffe, durch das Römiſche Recht zugekommen ſind: Alle, die davon Anwendung machen, gehen auf die Quellen des Römiſchen Rechts zurück. Wir müſſen alſo vor Allem genau feſtzu- ſtellen ſuchen, was ſich die Römiſchen Juriſten unter jenen Ausdrücken denken, und welchen Einfluß ſie den dadurch bezeichneten Rechtsbegriffen beilegen. Damit iſt aber keines- weges geſagt, daß die Römiſche Auffaſſung derſelben auch für uns maaßgebend ſein müſſe. Vielmehr wird ſich im Fortgang der Unterſuchung zeigen, daß eben hierin unſer Rechtszuſtand die größten Abweichungen von dem Römiſchen darbietet. Es ſoll zunächſt nur gegen die auf bloßen Miß- verſtändniſſen beruhende Anwendung vermeintlicher Römiſcher Kunſtausdrücke und Rechtsbegriffe ein ſicherer Schutz ge- währt werden.
Hierin nun hat es mit einem der angeführten Aus-
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Wodurch wird die einzelne Perſon mit ihrem Rechtszuſtand
an das Land gebunden? Welches iſt alſo der Grund, der
zwiſchen der Perſon und dem Territorialrecht den Zuſammen-
hang vermittelt? Unſere nächſte Aufgabe muß auf die Be-
antwortung dieſer Frage gerichtet ſein.
Hier treten uns nun zwei thatſächliche Verhältniſſe als
ſolche Vermittelungsgründe entgegen: Origo und domicilium,
Herkunft und Wohnſitz. Wir haben uns die Bedeutung
derſelben, den juriſtiſchen Einfluß, das Verhältniß beider
zu einander klar zu machen.
Daran nun zweifelt Niemand, daß uns ſowohl dieſe
Ausdrücke, als die mit denſelben bezeichneten Rechtsbegriffe,
durch das Römiſche Recht zugekommen ſind: Alle, die davon
Anwendung machen, gehen auf die Quellen des Römiſchen
Rechts zurück. Wir müſſen alſo vor Allem genau feſtzu-
ſtellen ſuchen, was ſich die Römiſchen Juriſten unter jenen
Ausdrücken denken, und welchen Einfluß ſie den dadurch
bezeichneten Rechtsbegriffen beilegen. Damit iſt aber keines-
weges geſagt, daß die Römiſche Auffaſſung derſelben auch
für uns maaßgebend ſein müſſe. Vielmehr wird ſich im
Fortgang der Unterſuchung zeigen, daß eben hierin unſer
Rechtszuſtand die größten Abweichungen von dem Römiſchen
darbietet. Es ſoll zunächſt nur gegen die auf bloßen Miß-
verſtändniſſen beruhende Anwendung vermeintlicher Römiſcher
Kunſtausdrücke und Rechtsbegriffe ein ſicherer Schutz ge-
währt werden.
Hierin nun hat es mit einem der angeführten Aus-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/62>, abgerufen am 26.11.2024.
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