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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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seiner Vorstufe und Unterlage hat. In Deutschland, welchem Karl der Grosse durch griechische Baumeister, besonders zu Aachen die ersten Kirchen hatte erbauen lassen, entfaltete sich die Kirchenbaukunst unter dem Einflusse des romantischen Geistes des Mittelalters während des 12. und 13. Jahrhunderts zu ihrer höchsten Blüthe, wesshalb die eigentliche Kirchenbaukunst mit Recht den Namen der deutschen ansprechen darf. Zu den herrlichen Schöpfungen dieser deutschen Kirchenbaukunst gehören nicht allein die Dome zu Strassburg, Cöln, Regensburg, Wien, Freiburg, Speier, Bern, Basel u. s. w., sondern auch die Cathedralkirche Notre Dame zu Paris aus dem 12. und 13. Jahrhunderte, die Cathedralkirche zu Rheims, - die Cathedralkirche zu York in England, beendigt 1426, - die Cathedralkirche zu Burgos und Toledo in Spanien, - die Cathedralkirche zu Mecheln in Belgien u. s. f. Der Name Erwins von Steinbach, der im Jahr 1276 den Bau des Thurmes an dem Dome zu Strassburg begonnen hat, und im Jahre 1318 verstorben ist, wird mit dem Namen seines Sohnes Johannes und seiner Tochter Sabine, die den Bau fortsetzten, und wenn namentlich die Sabine den grössten Theil der Basreliefs der zwei Portale gegen den Herrnhof anfertigte, dauern, so lange die deutsche Zunge klingt. Die Kirchen und Dome mit ihren im Alterthume unbekannten, allmählig abnehmenden und sich zuspitzenden Thürmen sind die den Steinen eingebildete, die steinbelebte, zum Himmel emporschlagende Flamme der Anbetung und Verehrung des Einzigen Gottes, und als reinste und höchste Flamme dieses Gottesdienstes wird durch alle Jahrhunderte hindurch der Dom zu Strassburg leuchten.

Ist die gesammte christlich-germanische Welt erzeugt und gereift in der griechisch-römischen, - hat jene nur nach dem höhern Plane fortgebildet und umgestaltet, was diese begonnen: wird auch die christlich-germanische Baukunst, die Kirchenbaukunst auf der Kunst der Griechen und Römer im Erbauen ihrer den Göttern geweihten Tempel ruhen, aber darin eben höher stehen, dass sie den Einen grossen und allmächtigen Gott, preiset und anbetet. In Griechenland beginnt die höhere und wirkliche

seiner Vorstufe und Unterlage hat. In Deutschland, welchem Karl der Grosse durch griechische Baumeister, besonders zu Aachen die ersten Kirchen hatte erbauen lassen, entfaltete sich die Kirchenbaukunst unter dem Einflusse des romantischen Geistes des Mittelalters während des 12. und 13. Jahrhunderts zu ihrer höchsten Blüthe, wesshalb die eigentliche Kirchenbaukunst mit Recht den Namen der deutschen ansprechen darf. Zu den herrlichen Schöpfungen dieser deutschen Kirchenbaukunst gehören nicht allein die Dome zu Strassburg, Cöln, Regensburg, Wien, Freiburg, Speier, Bern, Basel u. s. w., sondern auch die Cathedralkirche Notre Dame zu Paris aus dem 12. und 13. Jahrhunderte, die Cathedralkirche zu Rheims, – die Cathedralkirche zu York in England, beendigt 1426, – die Cathedralkirche zu Burgos und Toledo in Spanien, – die Cathedralkirche zu Mecheln in Belgien u. s. f. Der Name Erwins von Steinbach, der im Jahr 1276 den Bau des Thurmes an dem Dome zu Strassburg begonnen hat, und im Jahre 1318 verstorben ist, wird mit dem Namen seines Sohnes Johannes und seiner Tochter Sabine, die den Bau fortsetzten, und wenn namentlich die Sabine den grössten Theil der Basreliefs der zwei Portale gegen den Herrnhof anfertigte, dauern, so lange die deutsche Zunge klingt. Die Kirchen und Dome mit ihren im Alterthume unbekannten, allmählig abnehmenden und sich zuspitzenden Thürmen sind die den Steinen eingebildete, die steinbelebte, zum Himmel emporschlagende Flamme der Anbetung und Verehrung des Einzigen Gottes, und als reinste und höchste Flamme dieses Gottesdienstes wird durch alle Jahrhunderte hindurch der Dom zu Strassburg leuchten.

Ist die gesammte christlich-germanische Welt erzeugt und gereift in der griechisch-römischen, – hat jene nur nach dem höhern Plane fortgebildet und umgestaltet, was diese begonnen: wird auch die christlich-germanische Baukunst, die Kirchenbaukunst auf der Kunst der Griechen und Römer im Erbauen ihrer den Göttern geweihten Tempel ruhen, aber darin eben höher stehen, dass sie den Einen grossen und allmächtigen Gott, preiset und anbetet. In Griechenland beginnt die höhere und wirkliche

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 13. Jahrhunderts zu ihrer höchsten Blüthe, wesshalb die eigentliche Kirchenbaukunst mit Recht den
 Namen der deutschen ansprechen darf. Zu den herrlichen Schöpfungen dieser deutschen Kirchenbaukunst
 gehören nicht allein die Dome zu Strassburg, Cöln, Regensburg, Wien, Freiburg, Speier, Bern, Basel
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 begonnen hat, und im Jahre 1318 verstorben ist, wird mit dem Namen seines Sohnes Johannes und seiner
 Tochter Sabine, die den Bau fortsetzten, und wenn namentlich die Sabine den grössten Theil der
 Basreliefs der zwei Portale gegen den Herrnhof anfertigte, dauern, so lange die deutsche Zunge
 klingt. Die Kirchen und Dome mit ihren im Alterthume unbekannten, allmählig abnehmenden und sich
 zuspitzenden Thürmen sind die den Steinen eingebildete, die steinbelebte, zum Himmel emporschlagende
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[352/0368] seiner Vorstufe und Unterlage hat. In Deutschland, welchem Karl der Grosse durch griechische Baumeister, besonders zu Aachen die ersten Kirchen hatte erbauen lassen, entfaltete sich die Kirchenbaukunst unter dem Einflusse des romantischen Geistes des Mittelalters während des 12. und 13. Jahrhunderts zu ihrer höchsten Blüthe, wesshalb die eigentliche Kirchenbaukunst mit Recht den Namen der deutschen ansprechen darf. Zu den herrlichen Schöpfungen dieser deutschen Kirchenbaukunst gehören nicht allein die Dome zu Strassburg, Cöln, Regensburg, Wien, Freiburg, Speier, Bern, Basel u. s. w., sondern auch die Cathedralkirche Notre Dame zu Paris aus dem 12. und 13. Jahrhunderte, die Cathedralkirche zu Rheims, – die Cathedralkirche zu York in England, beendigt 1426, – die Cathedralkirche zu Burgos und Toledo in Spanien, – die Cathedralkirche zu Mecheln in Belgien u. s. f. Der Name Erwins von Steinbach, der im Jahr 1276 den Bau des Thurmes an dem Dome zu Strassburg begonnen hat, und im Jahre 1318 verstorben ist, wird mit dem Namen seines Sohnes Johannes und seiner Tochter Sabine, die den Bau fortsetzten, und wenn namentlich die Sabine den grössten Theil der Basreliefs der zwei Portale gegen den Herrnhof anfertigte, dauern, so lange die deutsche Zunge klingt. Die Kirchen und Dome mit ihren im Alterthume unbekannten, allmählig abnehmenden und sich zuspitzenden Thürmen sind die den Steinen eingebildete, die steinbelebte, zum Himmel emporschlagende Flamme der Anbetung und Verehrung des Einzigen Gottes, und als reinste und höchste Flamme dieses Gottesdienstes wird durch alle Jahrhunderte hindurch der Dom zu Strassburg leuchten. Ist die gesammte christlich-germanische Welt erzeugt und gereift in der griechisch-römischen, – hat jene nur nach dem höhern Plane fortgebildet und umgestaltet, was diese begonnen: wird auch die christlich-germanische Baukunst, die Kirchenbaukunst auf der Kunst der Griechen und Römer im Erbauen ihrer den Göttern geweihten Tempel ruhen, aber darin eben höher stehen, dass sie den Einen grossen und allmächtigen Gott, preiset und anbetet. In Griechenland beginnt die höhere und wirkliche

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/368>, abgerufen am 22.11.2024.