Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.von den höchsten Bergesspitzen bis hinab in das Innerste der Erde. Wie dem einzelnen Menschen seine glückliche und reiche Jugendzeit als der schönste Traum des Lebens niemals aus der Erinnerung schwinden wird, so das Griechenthum der Geschichte der Menschheit. Die römischen Staatsbürger nahmen die griechische Bildung auf, doch ihnen fehlte die Begeisterung und der hingebende Sinn des Jugendalters; was die Griechen nur der Schönheit wegen schufen und liebten, ermass der kältere ernste Römer gleich dem besonnenen Manne nach seinem Nutzen, nur als Mittel zur bequemen Einrichtung des Lebens, zur Bezwingung und Eroberung der Welt. Mit der Gründung und Vertheidigung Roms beginnt eine festverbundene Schaar von Räubern und Kriegern die römische Geschichte und diesen überwiegend militärisch-städtischen Charakter, dem der Sinn und die Reize des jugendlichen und des ländlichen Lebens mangeln, behalten die Römer bis zu ihrem Untergange bei. Vorzüglich an der Baukunst der Griechen ist wahrzunehmen, wie sehr durch die reine menschliche Freiheit alles menschliche Leben bedingt sei, und in welchem innigen Zusammenhange des Menschen Geist und seine Bauten stehen; diese sind nur die Verwirklichung des Geistes in den Steinen, der steingewordene Geist, und daran kann und muss die Geistesgeschichte geschrieben werden. Die menschliche Freiheit und das menschliche Bewusstsein, das Mass und die Schönheit, die Selbstbeherrschung durch den eigenen Geist und Willen, welche den orientalischen Völkern und Staaten abgehen, fehlen auch ihren Bauten, und sie verlieren sich in das Mass- und Schrankenlose, in das Ungeheure oder Colossale, sind blosse Werke der mechanischen und despotischen Kraft und Macht und Pracht. Man betrachte z. B. die in Felsen gehauenen unterirdischen Tempel der Indier, wie dieselben sich noch auf der Insel Elephanta und Salsette finden;1) - die Ruinen des Todtenpalastes der altpersischen Könige in dem durch 1) Lassen, indische
Alterthumskunde, I. S. 151; Dunker, Geschichte des Alterthums, Il. S. 211; Lübke, Geschichte der
Architektur, S. 16 ff.
von den höchsten Bergesspitzen bis hinab in das Innerste der Erde. Wie dem einzelnen Menschen seine glückliche und reiche Jugendzeit als der schönste Traum des Lebens niemals aus der Erinnerung schwinden wird, so das Griechenthum der Geschichte der Menschheit. Die römischen Staatsbürger nahmen die griechische Bildung auf, doch ihnen fehlte die Begeisterung und der hingebende Sinn des Jugendalters; was die Griechen nur der Schönheit wegen schufen und liebten, ermass der kältere ernste Römer gleich dem besonnenen Manne nach seinem Nutzen, nur als Mittel zur bequemen Einrichtung des Lebens, zur Bezwingung und Eroberung der Welt. Mit der Gründung und Vertheidigung Roms beginnt eine festverbundene Schaar von Räubern und Kriegern die römische Geschichte und diesen überwiegend militärisch-städtischen Charakter, dem der Sinn und die Reize des jugendlichen und des ländlichen Lebens mangeln, behalten die Römer bis zu ihrem Untergange bei. Vorzüglich an der Baukunst der Griechen ist wahrzunehmen, wie sehr durch die reine menschliche Freiheit alles menschliche Leben bedingt sei, und in welchem innigen Zusammenhange des Menschen Geist und seine Bauten stehen; diese sind nur die Verwirklichung des Geistes in den Steinen, der steingewordene Geist, und daran kann und muss die Geistesgeschichte geschrieben werden. Die menschliche Freiheit und das menschliche Bewusstsein, das Mass und die Schönheit, die Selbstbeherrschung durch den eigenen Geist und Willen, welche den orientalischen Völkern und Staaten abgehen, fehlen auch ihren Bauten, und sie verlieren sich in das Mass- und Schrankenlose, in das Ungeheure oder Colossale, sind blosse Werke der mechanischen und despotischen Kraft und Macht und Pracht. Man betrachte z. B. die in Felsen gehauenen unterirdischen Tempel der Indier, wie dieselben sich noch auf der Insel Elephanta und Salsette finden;1) – die Ruinen des Todtenpalastes der altpersischen Könige in dem durch 1) Lassen, indische
Alterthumskunde, I. S. 151; Dunker, Geschichte des Alterthums, Il. S. 211; Lübke, Geschichte der
Architektur, S. 16 ff.
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von den höchsten Bergesspitzen bis hinab in das Innerste der Erde. Wie dem einzelnen Menschen seine glückliche und reiche Jugendzeit als der schönste Traum des Lebens niemals aus der Erinnerung schwinden wird, so das Griechenthum der Geschichte der Menschheit. Die römischen Staatsbürger nahmen die griechische Bildung auf, doch ihnen fehlte die Begeisterung und der hingebende Sinn des Jugendalters; was die Griechen nur der Schönheit wegen schufen und liebten, ermass der kältere ernste Römer gleich dem besonnenen Manne nach seinem Nutzen, nur als Mittel zur bequemen Einrichtung des Lebens, zur Bezwingung und Eroberung der Welt. Mit der Gründung und Vertheidigung Roms beginnt eine festverbundene Schaar von Räubern und Kriegern die römische Geschichte und diesen überwiegend militärisch-städtischen Charakter, dem der Sinn und die Reize des jugendlichen und des ländlichen Lebens mangeln, behalten die Römer bis zu ihrem Untergange bei.
Vorzüglich an der Baukunst der Griechen ist wahrzunehmen, wie sehr durch die reine menschliche Freiheit alles menschliche Leben bedingt sei, und in welchem innigen Zusammenhange des Menschen Geist und seine Bauten stehen; diese sind nur die Verwirklichung des Geistes in den Steinen, der steingewordene Geist, und daran kann und muss die Geistesgeschichte geschrieben werden. Die menschliche Freiheit und das menschliche Bewusstsein, das Mass und die Schönheit, die Selbstbeherrschung durch den eigenen Geist und Willen, welche den orientalischen Völkern und Staaten abgehen, fehlen auch ihren Bauten, und sie verlieren sich in das Mass- und Schrankenlose, in das Ungeheure oder Colossale, sind blosse Werke der mechanischen und despotischen Kraft und Macht und Pracht. Man betrachte z. B. die in Felsen gehauenen unterirdischen Tempel der Indier, wie dieselben sich noch auf der Insel Elephanta und Salsette finden; 1) – die Ruinen des Todtenpalastes der altpersischen Könige in dem durch
1) Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 151; Dunker, Geschichte des Alterthums, Il. S. 211; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 16 ff.
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