Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

bekunden, gleich Jovisjurandum.1) Das Recht und das Rechte, jus et justum, sowie die Gerechtigkeit, justitia, und der Eid, jusjurandum, sind das Göttliche, Heilige, das Reine, das Licht. Der uralte heiligste Schwur der Römer war daher bei Jupiter Stein, per Jovem lapidem, bei dem Blitze Jupiters; der Schwur per Jovem, oder bei den Griechen beim Zeus Horkios,2) war ein Schwur beim göttlichen Lichte und Feuer, wie auch bei dem Herdfeuer (der Hestia, Vesta) und besonders Bündnisse und Vorträge über den brennenden Opfern geschworen wurden.3) Deshalb trug die Fides, die römische Göttin der Treue und Wahrhaftigkeit, ein weisses Gewand.4) Es ist eine verfehlte Erklärung des weissen Gewandes der Fides, wenn Preller, römische Mythologie S. 226, sagt: "denn weiss ist die Farbe des Lichtes und der lautern Treue." Der mythologische Gedanke ist vielmehr, dass das Wort, der Handschlag, die Versprechen und die Verträge der Menschen und der Völker unter den rächenden Schutz Gottes, des ewigen Lichtes gestellt sind, welches jede Treulosigkeit und Falschheit sieht und straft. Das weisse Gewand ist ja das Gewand der Gottheit, d. h. des allsehenden, alldurchdringenden und allwissenden Lichtes, nicht aber des treulosen und schwarzen, lichtscheuen Menschen. Die vorgestreckte Rechte der in einen weissen Schleier gehüllten Fides ist die Hand Gottes, welche über die Hand, das Wort, und die That des Menschen wacht und dessen Auge nicht verdunkelt und verhüllt zu werden vermag; denn sein Schleier ist das Licht, oder vielmehr sein Licht durchdringt leuchtend jeden Schleier, die verborgensten und tiefsten Falten des menschlichen Herzens. Uebrigens ist die römische Fides (privata et publica) die blosse Personification des abstracten Begriffes5) der von den Menschen und von den Völkern im Privat- und Staatsverkehre

1) Lasaulx, a. a. O., S. 214 u. 15.
2)
3) Lasaijlx, a. a. O., S. 190 u. 116.
4) Lasaulx, a. a. O., S. 230.
5) vergl. Meiners, kurze Geschichte der allegorischen Gottheiten, in dern göttingischen historischen Magazin von Meiners und Spittler, Bd. III., Stück 2, S. 356 ff.

bekunden, gleich Jovisjurandum.1) Das Recht und das Rechte, jus et justum, sowie die Gerechtigkeit, justitia, und der Eid, jusjurandum, sind das Göttliche, Heilige, das Reine, das Licht. Der uralte heiligste Schwur der Römer war daher bei Jupiter Stein, per Jovem lapidem, bei dem Blitze Jupiters; der Schwur per Jovem, oder bei den Griechen beim Zeus Horkios,2) war ein Schwur beim göttlichen Lichte und Feuer, wie auch bei dem Herdfeuer (der Hestia, Vesta) und besonders Bündnisse und Vorträge über den brennenden Opfern geschworen wurden.3) Deshalb trug die Fides, die römische Göttin der Treue und Wahrhaftigkeit, ein weisses Gewand.4) Es ist eine verfehlte Erklärung des weissen Gewandes der Fides, wenn Preller, römische Mythologie S. 226, sagt: „denn weiss ist die Farbe des Lichtes und der lautern Treue.“ Der mythologische Gedanke ist vielmehr, dass das Wort, der Handschlag, die Versprechen und die Verträge der Menschen und der Völker unter den rächenden Schutz Gottes, des ewigen Lichtes gestellt sind, welches jede Treulosigkeit und Falschheit sieht und straft. Das weisse Gewand ist ja das Gewand der Gottheit, d. h. des allsehenden, alldurchdringenden und allwissenden Lichtes, nicht aber des treulosen und schwarzen, lichtscheuen Menschen. Die vorgestreckte Rechte der in einen weissen Schleier gehüllten Fides ist die Hand Gottes, welche über die Hand, das Wort, und die That des Menschen wacht und dessen Auge nicht verdunkelt und verhüllt zu werden vermag; denn sein Schleier ist das Licht, oder vielmehr sein Licht durchdringt leuchtend jeden Schleier, die verborgensten und tiefsten Falten des menschlichen Herzens. Uebrigens ist die römische Fides (privata et publica) die blosse Personification des abstracten Begriffes5) der von den Menschen und von den Völkern im Privat- und Staatsverkehre

1) Lasaulx, a. a. O., S. 214 u. 15.
2)
3) Lasaijlx, a. a. O., S. 190 u. 116.
4) Lasaulx, a. a. O., S. 230.
5) vergl. Meiners, kurze Geschichte der allegorischen Gottheiten, in dern göttingischen historischen Magazin von Meiners und Spittler, Bd. III., Stück 2, S. 356 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0459" n="443"/>
bekunden, gleich Jovisjurandum.<note place="foot" n="1)">Lasaulx, a. a. O., S. 214 u. 15. </note> Das Recht und das Rechte, jus et justum, sowie die
 Gerechtigkeit, justitia, und der Eid, jusjurandum, sind das Göttliche, Heilige, das Reine, das
 Licht. Der uralte heiligste Schwur der Römer war daher bei Jupiter Stein, per Jovem lapidem, bei dem
 Blitze Jupiters; der Schwur per Jovem, oder bei den Griechen beim Zeus Horkios,<note place="foot" n="2)"/> war ein Schwur beim göttlichen Lichte und Feuer, wie auch bei dem Herdfeuer (der Hestia,
 Vesta) und besonders Bündnisse und Vorträge über den brennenden Opfern geschworen wurden.<note place="foot" n="3)">Lasaijlx, a. a. O., S. 190 u. 116.</note> Deshalb trug die Fides, die römische
 Göttin der Treue und Wahrhaftigkeit, ein weisses Gewand.<note place="foot" n="4)">Lasaulx, a. a. O.,
 S. 230.</note> Es ist eine verfehlte Erklärung des weissen Gewandes der Fides, wenn Preller,
 römische Mythologie S. 226, sagt: &#x201E;denn weiss ist die Farbe des Lichtes und der lautern Treue.&#x201C; Der
 mythologische Gedanke ist vielmehr, dass das Wort, der Handschlag, die Versprechen und die Verträge
 der Menschen und der Völker unter den rächenden Schutz Gottes, des ewigen Lichtes gestellt sind,
 welches jede Treulosigkeit und Falschheit sieht und straft. Das weisse Gewand ist ja das Gewand der
 Gottheit, d. h. des allsehenden, alldurchdringenden und allwissenden Lichtes, nicht aber des
 treulosen und schwarzen, lichtscheuen Menschen. Die vorgestreckte Rechte der in einen weissen
 Schleier gehüllten Fides ist die Hand Gottes, welche über die Hand, das Wort, und die That des
 Menschen wacht und dessen Auge nicht verdunkelt und verhüllt zu werden vermag; denn sein Schleier
 ist das Licht, oder vielmehr sein Licht durchdringt leuchtend jeden Schleier, die verborgensten und
 tiefsten Falten des menschlichen Herzens. Uebrigens ist die römische Fides (privata et publica) die
 blosse Personification des abstracten Begriffes<note place="foot" n="5)">vergl. Meiners, kurze
 Geschichte der allegorischen Gottheiten, in dern göttingischen historischen Magazin von Meiners und
 Spittler, Bd. III., Stück 2, S. 356 ff. </note> der von den Menschen und von den Völkern im Privat-
 und Staatsverkehre
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[443/0459] bekunden, gleich Jovisjurandum. 1) Das Recht und das Rechte, jus et justum, sowie die Gerechtigkeit, justitia, und der Eid, jusjurandum, sind das Göttliche, Heilige, das Reine, das Licht. Der uralte heiligste Schwur der Römer war daher bei Jupiter Stein, per Jovem lapidem, bei dem Blitze Jupiters; der Schwur per Jovem, oder bei den Griechen beim Zeus Horkios, 2) war ein Schwur beim göttlichen Lichte und Feuer, wie auch bei dem Herdfeuer (der Hestia, Vesta) und besonders Bündnisse und Vorträge über den brennenden Opfern geschworen wurden. 3) Deshalb trug die Fides, die römische Göttin der Treue und Wahrhaftigkeit, ein weisses Gewand. 4) Es ist eine verfehlte Erklärung des weissen Gewandes der Fides, wenn Preller, römische Mythologie S. 226, sagt: „denn weiss ist die Farbe des Lichtes und der lautern Treue.“ Der mythologische Gedanke ist vielmehr, dass das Wort, der Handschlag, die Versprechen und die Verträge der Menschen und der Völker unter den rächenden Schutz Gottes, des ewigen Lichtes gestellt sind, welches jede Treulosigkeit und Falschheit sieht und straft. Das weisse Gewand ist ja das Gewand der Gottheit, d. h. des allsehenden, alldurchdringenden und allwissenden Lichtes, nicht aber des treulosen und schwarzen, lichtscheuen Menschen. Die vorgestreckte Rechte der in einen weissen Schleier gehüllten Fides ist die Hand Gottes, welche über die Hand, das Wort, und die That des Menschen wacht und dessen Auge nicht verdunkelt und verhüllt zu werden vermag; denn sein Schleier ist das Licht, oder vielmehr sein Licht durchdringt leuchtend jeden Schleier, die verborgensten und tiefsten Falten des menschlichen Herzens. Uebrigens ist die römische Fides (privata et publica) die blosse Personification des abstracten Begriffes 5) der von den Menschen und von den Völkern im Privat- und Staatsverkehre 1) Lasaulx, a. a. O., S. 214 u. 15. 2) 3) Lasaijlx, a. a. O., S. 190 u. 116. 4) Lasaulx, a. a. O., S. 230. 5) vergl. Meiners, kurze Geschichte der allegorischen Gottheiten, in dern göttingischen historischen Magazin von Meiners und Spittler, Bd. III., Stück 2, S. 356 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/459
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/459>, abgerufen am 22.11.2024.