Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.Unschuld betheuerte, wurde er von zwei Todtengräbern (Tapixeuten) dennoch als schuldig ergriffen und nach einem andern Saale gebracht. Dort ermahnte ihn der Vorsitzende (oft der König) von dem weitern Eindringen in die Geheimnisse zurückzutreten, um nicht in den Prüfungen zu unterliegen, und sich mit einer dargereichten Krone als Lohn seiner bisherigen Thaten zu begnügen. Beharrte der Aufzunehmende auf seinem Vorsatz und warf die goldene Krone verschmähend hinweg, rief der Vorsitzende "Beleidigung! Rache!" und schlug mit dem vor ihm liegenden Opferbeil dem Aufzunehmenden leise vor den Kopf. Kaiser Commodus that dies einmal bei einer Aufnahme in die Mithramysterien so ernstlich, dass er den Aufzunehmenden wirklich erschlug.1) Nun ergriffen die Todtengräber den symbolisch Erschlagenen abermals, warfen ihn rücklings zu Boden und behandelten und deckten ihn gleich einer Leiche. Der Todte wurde fortgetragen und seine Leiche über einen See durch Charon in das Schattenreich vor die Todtenrichter gebracht, um dort nach seinen Thaten gerichtet zu werden. Das Urtheil lautete, dass der Gerichtete in der Unterwelt in den unterirdischen Gängen des Tempels zu verbleiben habe, womit die Aufnahme in den dritten Grad vollendet war, und worauf der Unterricht für einen weitern der sieben Grade begann. Anderwärts wird noch erzählt, dass man dem Aufzunehmenden nach seiner Auferstehung die Geschichte des Osiris erzählt, ihn zu dessen Bildsäule geführt und ihm die Erlaubniss gegeben habe, den Schleier davon wegzunehmen und folgende Aufschrift über dem Auge desselben zu lesen: "Ich gebe dem Erdkreise das Licht. Ihr, die ihr es bekommt, vertheilet es weiter!" Nach dieser Ceremonie soll ihm die Stätte, wo die Asche des Osiris aufbewahrt wurde, gezeigt worden sein. 2) Ohne hier jetzt die Geschichte der ägyptischen Mysterien weiter zu verfolgen, mag nur die höchst beachtenswerthe Thatsache noch berührt werden, dass deutliche Spuren der ägyptischen Mysterien oder dann ganz ähn- 1) Windischmann, Mithra,
67. 2) Lenning, Encyklopädie, Bd. III. S. 67.
Unschuld betheuerte, wurde er von zwei Todtengräbern (Tapixeuten) dennoch als schuldig ergriffen und nach einem andern Saale gebracht. Dort ermahnte ihn der Vorsitzende (oft der König) von dem weitern Eindringen in die Geheimnisse zurückzutreten, um nicht in den Prüfungen zu unterliegen, und sich mit einer dargereichten Krone als Lohn seiner bisherigen Thaten zu begnügen. Beharrte der Aufzunehmende auf seinem Vorsatz und warf die goldene Krone verschmähend hinweg, rief der Vorsitzende „Beleidigung! Rache!“ und schlug mit dem vor ihm liegenden Opferbeil dem Aufzunehmenden leise vor den Kopf. Kaiser Commodus that dies einmal bei einer Aufnahme in die Mithramysterien so ernstlich, dass er den Aufzunehmenden wirklich erschlug.1) Nun ergriffen die Todtengräber den symbolisch Erschlagenen abermals, warfen ihn rücklings zu Boden und behandelten und deckten ihn gleich einer Leiche. Der Todte wurde fortgetragen und seine Leiche über einen See durch Charon in das Schattenreich vor die Todtenrichter gebracht, um dort nach seinen Thaten gerichtet zu werden. Das Urtheil lautete, dass der Gerichtete in der Unterwelt in den unterirdischen Gängen des Tempels zu verbleiben habe, womit die Aufnahme in den dritten Grad vollendet war, und worauf der Unterricht für einen weitern der sieben Grade begann. Anderwärts wird noch erzählt, dass man dem Aufzunehmenden nach seiner Auferstehung die Geschichte des Osiris erzählt, ihn zu dessen Bildsäule geführt und ihm die Erlaubniss gegeben habe, den Schleier davon wegzunehmen und folgende Aufschrift über dem Auge desselben zu lesen: „Ich gebe dem Erdkreise das Licht. Ihr, die ihr es bekommt, vertheilet es weiter!“ Nach dieser Ceremonie soll ihm die Stätte, wo die Asche des Osiris aufbewahrt wurde, gezeigt worden sein. 2) Ohne hier jetzt die Geschichte der ägyptischen Mysterien weiter zu verfolgen, mag nur die höchst beachtenswerthe Thatsache noch berührt werden, dass deutliche Spuren der ägyptischen Mysterien oder dann ganz ähn- 1) Windischmann, Mithra,
67. 2) Lenning, Encyklopädie, Bd. III. S. 67.
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Unschuld betheuerte, wurde er von zwei Todtengräbern (Tapixeuten) dennoch als schuldig ergriffen und nach einem andern Saale gebracht. Dort ermahnte ihn der Vorsitzende (oft der König) von dem weitern Eindringen in die Geheimnisse zurückzutreten, um nicht in den Prüfungen zu unterliegen, und sich mit einer dargereichten Krone als Lohn seiner bisherigen Thaten zu begnügen. Beharrte der Aufzunehmende auf seinem Vorsatz und warf die goldene Krone verschmähend hinweg, rief der Vorsitzende „Beleidigung! Rache!“ und schlug mit dem vor ihm liegenden Opferbeil dem Aufzunehmenden leise vor den Kopf. Kaiser Commodus that dies einmal bei einer Aufnahme in die Mithramysterien so ernstlich, dass er den Aufzunehmenden wirklich erschlug. 1) Nun ergriffen die Todtengräber den symbolisch Erschlagenen abermals, warfen ihn rücklings zu Boden und behandelten und deckten ihn gleich einer Leiche. Der Todte wurde fortgetragen und seine Leiche über einen See durch Charon in das Schattenreich vor die Todtenrichter gebracht, um dort nach seinen Thaten gerichtet zu werden. Das Urtheil lautete, dass der Gerichtete in der Unterwelt in den unterirdischen Gängen des Tempels zu verbleiben habe, womit die Aufnahme in den dritten Grad vollendet war, und worauf der Unterricht für einen weitern der sieben Grade begann.
Anderwärts wird noch erzählt, dass man dem Aufzunehmenden nach seiner Auferstehung die Geschichte des Osiris erzählt, ihn zu dessen Bildsäule geführt und ihm die Erlaubniss gegeben habe, den Schleier davon wegzunehmen und folgende Aufschrift über dem Auge desselben zu lesen: „Ich gebe dem Erdkreise das Licht. Ihr, die ihr es bekommt, vertheilet es weiter!“ Nach dieser Ceremonie soll ihm die Stätte, wo die Asche des Osiris aufbewahrt wurde, gezeigt worden sein. 2)
Ohne hier jetzt die Geschichte der ägyptischen Mysterien weiter zu verfolgen, mag nur die höchst beachtenswerthe Thatsache noch berührt werden, dass deutliche Spuren der ägyptischen Mysterien oder dann ganz ähn-
1) Windischmann, Mithra, 67.
2) Lenning, Encyklopädie, Bd. III. S. 67.
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