Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

drücken auch die maurerischen Feste der Winter- und der Sommersonnenwende, des neugeborenen Christus und des sterbenden Johannes, sowie der Lehrling im Gegensatze zu dem Meister aus. Aber die beiden Säulen deuten nicht allein auf den kosmogonischen oder physikalischen Dualismus, welche das Welt- und Naturleben bilden und hier als das ewige Welt- und Naturgesetz mit einander ringen, sondern auch noch mehr auf den ethischen oder sittlichen Dualismus zwischen dem Guten und dem Bösen, dem Reinen und dem Unreinen, dem Wahren und Falschen, dem Rechten und Unrechten, welche das Leben eines jeden einzelnen Menschen, wie der ganzen Menschheit tragen und ausmachen. Indem der Maurerlehrling durch die ethischen Säulen des Guten und des Bösen in die Loge geleitet wird, steigt nach den Vorstellungen des Alterthums und besonders der Aegypter, des Zendvolkes und der Inder, seine Seele aus dem Himmel, wo sie bisher bei Gott wohnte, aber gegen ihn fehlte, zu ihrer Busse und Reinigung hinab in den irdischen Kampf des Guten und Bösen, um sich in diesem Kampfe als ein siegreicher Streiter für das Gute gegen das Böse zu bewähren und sich die Rückkehr, die Wiederaufnahme in den Himmel, in das ewige Licht und Leben zu erwerben. Der neugeborene Mensch erscheint als ein Sohn des lichten Himmels- und der dunklen Erde; der Kampf zwischen dem Himmlischen und Irdischen in dem Menschen ist sein Erdenloos und Leben, und der Mensch kehrt als reiner Geist, als Licht, erst dann in den Himmel und in das Licht zurück, wenn er alles Irdische überwunden und abgestreift hat. Der irdische Leib muss zerfallen und vergehen, damit die göttliche Seele, der Geist unsterblich fortlebe. Die beiden Säulen bei dem Eingange in die Loge und in das Leben verkünden, dass dem Menschen auf Erden zwei Wege geöffnet seien, von denen der rechte Weg zum Lichte, zum Guten, zu Gott und in seinen Himmel, nach dem ewigen Osten und Leben führet, der linke aber zur Finsterniss, zum Bösen in die Hallennacht und Höllenqual. Welchen dieser zwei Wege der Mensch wählen und ziehen wolle, ist ihm freigegeben; jedoch die Maurerei ruft dem Lehrlinge warnend und liebend zu, dass er den rechten und

drücken auch die maurerischen Feste der Winter- und der Sommersonnenwende, des neugeborenen Christus und des sterbenden Johannes, sowie der Lehrling im Gegensatze zu dem Meister aus. Aber die beiden Säulen deuten nicht allein auf den kosmogonischen oder physikalischen Dualismus, welche das Welt- und Naturleben bilden und hier als das ewige Welt- und Naturgesetz mit einander ringen, sondern auch noch mehr auf den ethischen oder sittlichen Dualismus zwischen dem Guten und dem Bösen, dem Reinen und dem Unreinen, dem Wahren und Falschen, dem Rechten und Unrechten, welche das Leben eines jeden einzelnen Menschen, wie der ganzen Menschheit tragen und ausmachen. Indem der Maurerlehrling durch die ethischen Säulen des Guten und des Bösen in die Loge geleitet wird, steigt nach den Vorstellungen des Alterthums und besonders der Aegypter, des Zendvolkes und der Inder, seine Seele aus dem Himmel, wo sie bisher bei Gott wohnte, aber gegen ihn fehlte, zu ihrer Busse und Reinigung hinab in den irdischen Kampf des Guten und Bösen, um sich in diesem Kampfe als ein siegreicher Streiter für das Gute gegen das Böse zu bewähren und sich die Rückkehr, die Wiederaufnahme in den Himmel, in das ewige Licht und Leben zu erwerben. Der neugeborene Mensch erscheint als ein Sohn des lichten Himmels- und der dunklen Erde; der Kampf zwischen dem Himmlischen und Irdischen in dem Menschen ist sein Erdenloos und Leben, und der Mensch kehrt als reiner Geist, als Licht, erst dann in den Himmel und in das Licht zurück, wenn er alles Irdische überwunden und abgestreift hat. Der irdische Leib muss zerfallen und vergehen, damit die göttliche Seele, der Geist unsterblich fortlebe. Die beiden Säulen bei dem Eingange in die Loge und in das Leben verkünden, dass dem Menschen auf Erden zwei Wege geöffnet seien, von denen der rechte Weg zum Lichte, zum Guten, zu Gott und in seinen Himmel, nach dem ewigen Osten und Leben führet, der linke aber zur Finsterniss, zum Bösen in die Hallennacht und Höllenqual. Welchen dieser zwei Wege der Mensch wählen und ziehen wolle, ist ihm freigegeben; jedoch die Maurerei ruft dem Lehrlinge warnend und liebend zu, dass er den rechten und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0667" n="651"/>
drücken auch die maurerischen Feste der Winter- und der Sommersonnenwende, des
 neugeborenen Christus und des sterbenden Johannes, sowie der Lehrling im Gegensatze zu dem Meister
 aus. Aber die beiden Säulen deuten nicht allein auf den kosmogonischen oder physikalischen
 Dualismus, welche das Welt- und Naturleben bilden und hier als das ewige Welt- und Naturgesetz mit
 einander ringen, sondern auch noch mehr auf den ethischen oder sittlichen Dualismus zwischen dem
 Guten und dem Bösen, dem Reinen und dem Unreinen, dem Wahren und Falschen, dem Rechten und
 Unrechten, welche das Leben eines jeden einzelnen Menschen, wie der ganzen Menschheit tragen und
 ausmachen. Indem der Maurerlehrling durch die ethischen Säulen des Guten und des Bösen in die Loge
 geleitet wird, steigt nach den Vorstellungen des Alterthums und besonders der Aegypter, des
 Zendvolkes und der Inder, seine Seele aus dem Himmel, wo sie bisher bei Gott wohnte, aber gegen ihn
 fehlte, zu ihrer Busse und Reinigung hinab in den irdischen Kampf des Guten und Bösen, um sich in
 diesem Kampfe als ein siegreicher Streiter für das Gute gegen das Böse zu bewähren und sich die
 Rückkehr, die Wiederaufnahme in den Himmel, in das ewige Licht und Leben zu erwerben. Der
 neugeborene Mensch erscheint als ein Sohn des lichten Himmels- und der dunklen Erde; der Kampf
 zwischen dem Himmlischen und Irdischen in dem Menschen ist sein Erdenloos und Leben, und der Mensch
 kehrt als reiner Geist, als Licht, erst dann in den Himmel und in das Licht zurück, wenn er alles
 Irdische überwunden und abgestreift hat. Der irdische Leib muss zerfallen und vergehen, damit die
 göttliche Seele, der Geist unsterblich fortlebe. Die beiden Säulen bei dem Eingange in die Loge und
 in das Leben verkünden, dass dem Menschen auf Erden zwei Wege geöffnet seien, von denen der rechte
 Weg zum Lichte, zum Guten, zu Gott und in seinen Himmel, nach dem ewigen Osten und Leben führet, der
 linke aber zur Finsterniss, zum Bösen in die Hallennacht und Höllenqual. Welchen dieser zwei Wege
 der Mensch wählen und ziehen wolle, ist ihm freigegeben; jedoch die Maurerei ruft dem Lehrlinge
 warnend und liebend zu, dass er den rechten und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[651/0667] drücken auch die maurerischen Feste der Winter- und der Sommersonnenwende, des neugeborenen Christus und des sterbenden Johannes, sowie der Lehrling im Gegensatze zu dem Meister aus. Aber die beiden Säulen deuten nicht allein auf den kosmogonischen oder physikalischen Dualismus, welche das Welt- und Naturleben bilden und hier als das ewige Welt- und Naturgesetz mit einander ringen, sondern auch noch mehr auf den ethischen oder sittlichen Dualismus zwischen dem Guten und dem Bösen, dem Reinen und dem Unreinen, dem Wahren und Falschen, dem Rechten und Unrechten, welche das Leben eines jeden einzelnen Menschen, wie der ganzen Menschheit tragen und ausmachen. Indem der Maurerlehrling durch die ethischen Säulen des Guten und des Bösen in die Loge geleitet wird, steigt nach den Vorstellungen des Alterthums und besonders der Aegypter, des Zendvolkes und der Inder, seine Seele aus dem Himmel, wo sie bisher bei Gott wohnte, aber gegen ihn fehlte, zu ihrer Busse und Reinigung hinab in den irdischen Kampf des Guten und Bösen, um sich in diesem Kampfe als ein siegreicher Streiter für das Gute gegen das Böse zu bewähren und sich die Rückkehr, die Wiederaufnahme in den Himmel, in das ewige Licht und Leben zu erwerben. Der neugeborene Mensch erscheint als ein Sohn des lichten Himmels- und der dunklen Erde; der Kampf zwischen dem Himmlischen und Irdischen in dem Menschen ist sein Erdenloos und Leben, und der Mensch kehrt als reiner Geist, als Licht, erst dann in den Himmel und in das Licht zurück, wenn er alles Irdische überwunden und abgestreift hat. Der irdische Leib muss zerfallen und vergehen, damit die göttliche Seele, der Geist unsterblich fortlebe. Die beiden Säulen bei dem Eingange in die Loge und in das Leben verkünden, dass dem Menschen auf Erden zwei Wege geöffnet seien, von denen der rechte Weg zum Lichte, zum Guten, zu Gott und in seinen Himmel, nach dem ewigen Osten und Leben führet, der linke aber zur Finsterniss, zum Bösen in die Hallennacht und Höllenqual. Welchen dieser zwei Wege der Mensch wählen und ziehen wolle, ist ihm freigegeben; jedoch die Maurerei ruft dem Lehrlinge warnend und liebend zu, dass er den rechten und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/667
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/667>, abgerufen am 21.05.2024.