lichen an die byzantinische Architektur sich anschliessende Moschee sich aufbauet, sind ein grosser Hof für die von der Andacht vorzunehmenden Waschungen und eine Halle (Mihrah) für die Verrichtung der Gebete. In welcher Lage, in welchem Verhältniss diese Theile zu einander stehen sollen, darüber gibt es keine feste Regel. Nur die eine Vorschrift ist bindend, dass der betende Gläubige sich nach Mekka zu wenden habe, weshalb eine kleinere Halle (Kiblah) zur Bezeichnung dieser Richtung angeordnet ist. In dem Gebäude muss zugleich eine Kanzel (Mimbar) stehen, von welcher herab die Priester zu den Gläubigen reden, und ebenso muss im Aeusseren die Moschee einen schlanken Thurm (Minaret) erhalten, von welchem der Muezzin die Stunden des Gebetes verkündigt.1) Auf dem. übereinstimmenden Bedürfnisse der Muhammedaner und Christen beruht es auch, dass zu Damaskus die Basilika des heiligen Johannes auf Befehl des Kalifen Omar den Muhammedanern und den Christen zur gemeinschaftlichen Benützung, jenen der östliche und diesen der westliche Theil überwiesen wurde,2) wie eben aus diesem Grunde auch leicht die justinianische Sophienkirche in eine türkische Moschee umgewandelt werden konnte.3) Auch ist bekannt, dass der Spitzbogen am frühesten in den arabischen Moscheen in Aegypten auftritt, obwohl die wahre architektonische Anwendung und Ausbildung des Spitzbogens erst der germanischen Baukunst angehört. Den Spitzbogen findet man zu Kairo an der im Jahr 885 gegründeten Moschee Ibn Tulun, ja schon an der im Jahr 643 erbauten Moschee des Amru in Alt-Kairo, obgleich hier der Spitzbogen auch erst im 9. Jahrhundert hinzugekommen sein könnte.4) Bei den monumentalen indischen muhammedanischen Bauten herrscht der geschweifte Spitzbogen oder der Kielbogen vor. So scheinen die Muhammedaner zwar den Spitzbogen erfunden zu haben: aber sie haben, wie Lübke sich ausspricht, denselben blos als Spielzeug müssiger Laune anzuwenden vermocht. Selbst die Kreuzesform
1) Lübke, S. 216.
2) Lübke, S. 215 und 224.
3) Lübke, S. 240.
4) Lübke, S. 225, oben.
lichen an die byzantinische Architektur sich anschliessende Moschee sich aufbauet, sind ein grosser Hof für die von der Andacht vorzunehmenden Waschungen und eine Halle (Mihrah) für die Verrichtung der Gebete. In welcher Lage, in welchem Verhältniss diese Theile zu einander stehen sollen, darüber gibt es keine feste Regel. Nur die eine Vorschrift ist bindend, dass der betende Gläubige sich nach Mekka zu wenden habe, weshalb eine kleinere Halle (Kiblah) zur Bezeichnung dieser Richtung angeordnet ist. In dem Gebäude muss zugleich eine Kanzel (Mimbar) stehen, von welcher herab die Priester zu den Gläubigen reden, und ebenso muss im Aeusseren die Moschee einen schlanken Thurm (Minaret) erhalten, von welchem der Muezzin die Stunden des Gebetes verkündigt.1) Auf dem. übereinstimmenden Bedürfnisse der Muhammedaner und Christen beruht es auch, dass zu Damaskus die Basilika des heiligen Johannes auf Befehl des Kalifen Omar den Muhammedanern und den Christen zur gemeinschaftlichen Benützung, jenen der östliche und diesen der westliche Theil überwiesen wurde,2) wie eben aus diesem Grunde auch leicht die justinianische Sophienkirche in eine türkische Moschee umgewandelt werden konnte.3) Auch ist bekannt, dass der Spitzbogen am frühesten in den arabischen Moscheen in Aegypten auftritt, obwohl die wahre architektonische Anwendung und Ausbildung des Spitzbogens erst der germanischen Baukunst angehört. Den Spitzbogen findet man zu Kairo an der im Jahr 885 gegründeten Moschee Ibn Tulun, ja schon an der im Jahr 643 erbauten Moschee des Amru in Alt-Kairo, obgleich hier der Spitzbogen auch erst im 9. Jahrhundert hinzugekommen sein könnte.4) Bei den monumentalen indischen muhammedanischen Bauten herrscht der geschweifte Spitzbogen oder der Kielbogen vor. So scheinen die Muhammedaner zwar den Spitzbogen erfunden zu haben: aber sie haben, wie Lübke sich ausspricht, denselben blos als Spielzeug müssiger Laune anzuwenden vermocht. Selbst die Kreuzesform
1) Lübke, S. 216.
2) Lübke, S. 215 und 224.
3) Lübke, S. 240.
4) Lübke, S. 225, oben.
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lichen an die byzantinische Architektur sich anschliessende Moschee sich aufbauet, sind ein grosser Hof für die von der Andacht vorzunehmenden Waschungen und eine Halle (Mihrah) für die Verrichtung der Gebete. In welcher Lage, in welchem Verhältniss diese Theile zu einander stehen sollen, darüber gibt es keine feste Regel. Nur die eine Vorschrift ist bindend, dass der betende Gläubige sich nach Mekka zu wenden habe, weshalb eine kleinere Halle (Kiblah) zur Bezeichnung dieser Richtung angeordnet ist. In dem Gebäude muss zugleich eine Kanzel (Mimbar) stehen, von welcher herab die Priester zu den Gläubigen reden, und ebenso muss im Aeusseren die Moschee einen schlanken Thurm (Minaret) erhalten, von welchem der Muezzin die Stunden des Gebetes verkündigt.<noteplace="foot"n="1)">Lübke, S. 216.<lb/></note> Auf dem. übereinstimmenden Bedürfnisse der Muhammedaner und Christen beruht es auch, dass zu Damaskus die Basilika des heiligen Johannes auf Befehl des Kalifen Omar den Muhammedanern und den Christen zur gemeinschaftlichen Benützung, jenen der östliche und diesen der westliche Theil überwiesen wurde,<noteplace="foot"n="2)">Lübke, S. 215 und 224.<lb/></note> wie eben aus diesem Grunde auch leicht die justinianische Sophienkirche in eine türkische Moschee umgewandelt werden konnte.<noteplace="foot"n="3)">Lübke, S. 240.<lb/></note> Auch ist bekannt, dass der <hirendition="#g">Spitzbogen</hi> am frühesten in den arabischen Moscheen in Aegypten auftritt, obwohl die wahre architektonische Anwendung und Ausbildung des Spitzbogens erst der germanischen Baukunst angehört. Den Spitzbogen findet man zu Kairo an der im Jahr 885 gegründeten Moschee <hirendition="#g">Ibn Tulun</hi>, ja schon an der im Jahr 643 erbauten Moschee des Amru in Alt-Kairo, obgleich hier der Spitzbogen auch erst im 9. Jahrhundert hinzugekommen sein könnte.<noteplace="foot"n="4)">Lübke, S. 225, oben.<lb/></note> Bei den monumentalen indischen muhammedanischen Bauten herrscht der geschweifte Spitzbogen oder der Kielbogen vor. So scheinen die Muhammedaner zwar den Spitzbogen erfunden zu haben: aber sie haben, wie Lübke sich ausspricht, denselben blos als Spielzeug müssiger Laune anzuwenden vermocht. Selbst die Kreuzesform
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lichen an die byzantinische Architektur sich anschliessende Moschee sich aufbauet, sind ein grosser Hof für die von der Andacht vorzunehmenden Waschungen und eine Halle (Mihrah) für die Verrichtung der Gebete. In welcher Lage, in welchem Verhältniss diese Theile zu einander stehen sollen, darüber gibt es keine feste Regel. Nur die eine Vorschrift ist bindend, dass der betende Gläubige sich nach Mekka zu wenden habe, weshalb eine kleinere Halle (Kiblah) zur Bezeichnung dieser Richtung angeordnet ist. In dem Gebäude muss zugleich eine Kanzel (Mimbar) stehen, von welcher herab die Priester zu den Gläubigen reden, und ebenso muss im Aeusseren die Moschee einen schlanken Thurm (Minaret) erhalten, von welchem der Muezzin die Stunden des Gebetes verkündigt. 1) Auf dem. übereinstimmenden Bedürfnisse der Muhammedaner und Christen beruht es auch, dass zu Damaskus die Basilika des heiligen Johannes auf Befehl des Kalifen Omar den Muhammedanern und den Christen zur gemeinschaftlichen Benützung, jenen der östliche und diesen der westliche Theil überwiesen wurde, 2) wie eben aus diesem Grunde auch leicht die justinianische Sophienkirche in eine türkische Moschee umgewandelt werden konnte. 3) Auch ist bekannt, dass der Spitzbogen am frühesten in den arabischen Moscheen in Aegypten auftritt, obwohl die wahre architektonische Anwendung und Ausbildung des Spitzbogens erst der germanischen Baukunst angehört. Den Spitzbogen findet man zu Kairo an der im Jahr 885 gegründeten Moschee Ibn Tulun, ja schon an der im Jahr 643 erbauten Moschee des Amru in Alt-Kairo, obgleich hier der Spitzbogen auch erst im 9. Jahrhundert hinzugekommen sein könnte. 4) Bei den monumentalen indischen muhammedanischen Bauten herrscht der geschweifte Spitzbogen oder der Kielbogen vor. So scheinen die Muhammedaner zwar den Spitzbogen erfunden zu haben: aber sie haben, wie Lübke sich ausspricht, denselben blos als Spielzeug müssiger Laune anzuwenden vermocht. Selbst die Kreuzesform
1) Lübke, S. 216.
2) Lübke, S. 215 und 224.
3) Lübke, S. 240.
4) Lübke, S. 225, oben.
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/204>, abgerufen am 16.07.2024.
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