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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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hatten ihre längst bestehenden Bauverbindungen, Baumysterien, so dass die Benedictiner, wenn sie Derartiges aufnahmen und wirklich hatten, es nur aus dem Alterthume überkommen haben können. Der Baumkultus, soweit er sich in einzelnen Spuren bis auf den heutigen Tag in der Freimaurerei erhalten hat, möchte vorzüglich von dem römischen Collegium Dendrophorum oder der Baumträger stammen,1) welches die Römer aus Griechenland bei sich eingeführt hatten, zuerst als eine besondere Abtheilung allen Collegien und Mysterien zugetheilt war, später aber in ein einziges Corpus verbunden und zuletzt mit den Collegien der Fabrorum, der römischen Bauleute, verschmolzen wurde. Die römischen Bauleute sollen nach Heldmann, S. 93, besonders den Silvanus , d. h. den Pan der Dendrophoren (Heldmann, S. 77), verehrt haben, da die Griechen den römischen Silvanus, den Gott der Bäume und Wälder und der Baum- und Waldcultur mit Pan und den Panisken identificirten.2) Dieser Silvanus oder Pan war aber wohl bei den Dendrophoren und den römischen Bauleuten (Structores, Aedificiorum Artifices, Operarii, Materiarii) gleich dem späteren Hiram zu einem Baumeister, zu einem Lehrer und Beschützer der Baukunst gestaltet; er hatte den Menschen die Kunst der Ausrodung der Wälder und der Ansiedelung durch Erbauung von Häusern gebracht und war in diesem Sinne Silvanus domesticus, der Erbauer und Beschützer des Hauses.

Bei der ausserordentlichen Dürftigkeit der maurerischen Geschichtsquellen und da die eigentlichen Mysterien- oder Weihegebräuche wohl niemals niedergeschrieben waren, sondern blos traditionell oder mündlich mitgetheilt und bewahrt wurden: ist es sehr schwer, wenn nicht unmöglich. die ursprüngliche und alterthümliche maurerische Weihe zu erkennen, jedoch darf im Hinblicke auf den Grundgedanken vieler andern Mysterienweihen die jetzige Meisterweihe, das Wiedergeborenwerden als ein neuer Mensch und zu einem neuen unsterblichen Leben als die eigentliche und ursprüngliche Weihe angesehen werden,

1) Vergl. darüber Heidmann, a. a. O., S. 76 ff.
2) Preller, röm. Mythologie, S. 350 unten.

hatten ihre längst bestehenden Bauverbindungen, Baumysterien, so dass die Benedictiner, wenn sie Derartiges aufnahmen und wirklich hatten, es nur aus dem Alterthume überkommen haben können. Der Baumkultus, soweit er sich in einzelnen Spuren bis auf den heutigen Tag in der Freimaurerei erhalten hat, möchte vorzüglich von dem römischen Collegium Dendrophorum oder der Baumträger stammen,1) welches die Römer aus Griechenland bei sich eingeführt hatten, zuerst als eine besondere Abtheilung allen Collegien und Mysterien zugetheilt war, später aber in ein einziges Corpus verbunden und zuletzt mit den Collegien der Fabrorum, der römischen Bauleute, verschmolzen wurde. Die römischen Bauleute sollen nach Heldmann, S. 93, besonders den Silvanus , d. h. den Pan der Dendrophoren (Heldmann, S. 77), verehrt haben, da die Griechen den römischen Silvanus, den Gott der Bäume und Wälder und der Baum- und Waldcultur mit Pan und den Panisken identificirten.2) Dieser Silvanus oder Pan war aber wohl bei den Dendrophoren und den römischen Bauleuten (Structores, Aedificiorum Artifices, Operarii, Materiarii) gleich dem späteren Hiram zu einem Baumeister, zu einem Lehrer und Beschützer der Baukunst gestaltet; er hatte den Menschen die Kunst der Ausrodung der Wälder und der Ansiedelung durch Erbauung von Häusern gebracht und war in diesem Sinne Silvanus domesticus, der Erbauer und Beschützer des Hauses.

Bei der ausserordentlichen Dürftigkeit der maurerischen Geschichtsquellen und da die eigentlichen Mysterien- oder Weihegebräuche wohl niemals niedergeschrieben waren, sondern blos traditionell oder mündlich mitgetheilt und bewahrt wurden: ist es sehr schwer, wenn nicht unmöglich. die ursprüngliche und alterthümliche maurerische Weihe zu erkennen, jedoch darf im Hinblicke auf den Grundgedanken vieler andern Mysterienweihen die jetzige Meisterweihe, das Wiedergeborenwerden als ein neuer Mensch und zu einem neuen unsterblichen Leben als die eigentliche und ursprüngliche Weihe angesehen werden,

1) Vergl. darüber Heidmann, a. a. O., S. 76 ff.
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[223/0243] hatten ihre längst bestehenden Bauverbindungen, Baumysterien, so dass die Benedictiner, wenn sie Derartiges aufnahmen und wirklich hatten, es nur aus dem Alterthume überkommen haben können. Der Baumkultus, soweit er sich in einzelnen Spuren bis auf den heutigen Tag in der Freimaurerei erhalten hat, möchte vorzüglich von dem römischen Collegium Dendrophorum oder der Baumträger stammen, 1) welches die Römer aus Griechenland bei sich eingeführt hatten, zuerst als eine besondere Abtheilung allen Collegien und Mysterien zugetheilt war, später aber in ein einziges Corpus verbunden und zuletzt mit den Collegien der Fabrorum, der römischen Bauleute, verschmolzen wurde. Die römischen Bauleute sollen nach Heldmann, S. 93, besonders den Silvanus , d. h. den Pan der Dendrophoren (Heldmann, S. 77), verehrt haben, da die Griechen den römischen Silvanus, den Gott der Bäume und Wälder und der Baum- und Waldcultur mit Pan und den Panisken identificirten. 2) Dieser Silvanus oder Pan war aber wohl bei den Dendrophoren und den römischen Bauleuten (Structores, Aedificiorum Artifices, Operarii, Materiarii) gleich dem späteren Hiram zu einem Baumeister, zu einem Lehrer und Beschützer der Baukunst gestaltet; er hatte den Menschen die Kunst der Ausrodung der Wälder und der Ansiedelung durch Erbauung von Häusern gebracht und war in diesem Sinne Silvanus domesticus, der Erbauer und Beschützer des Hauses. Bei der ausserordentlichen Dürftigkeit der maurerischen Geschichtsquellen und da die eigentlichen Mysterien- oder Weihegebräuche wohl niemals niedergeschrieben waren, sondern blos traditionell oder mündlich mitgetheilt und bewahrt wurden: ist es sehr schwer, wenn nicht unmöglich. die ursprüngliche und alterthümliche maurerische Weihe zu erkennen, jedoch darf im Hinblicke auf den Grundgedanken vieler andern Mysterienweihen die jetzige Meisterweihe, das Wiedergeborenwerden als ein neuer Mensch und zu einem neuen unsterblichen Leben als die eigentliche und ursprüngliche Weihe angesehen werden, 1) Vergl. darüber Heidmann, a. a. O., S. 76 ff. 2) Preller, röm. Mythologie, S. 350 unten.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/243>, abgerufen am 23.11.2024.