Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.Stellung der niedern Grade und der jüngern Graduirten liegen, gefordert werden dürfen und wirklich gefordert werden, und als sie an der eigentlichen Bundesregierung noch keinen Antheil haben, weshalb namentlich apprentifs im Deutschen mit Diener übersetzt wird.1) Die Schüler, Akolythen der Geistlichen, wurden im deutschen Mittelalter ihre "lernknaben" genannt, z. B. im Reinhart 1487. Diener, Dasa, hiessen in den indischen Ragaputra-Familien, z. B. in Mewar, die vertrauteren und gut behandelten Angestellten.2) Die gemeine deutsche Steinmetzordnung vom J. 1459 nennt die Lehrknaben Diener.3) Wo in einem Vereine oder Bunde verschiedene Grade bestehen, müssen diese sich auch in einer Verschiedenheit der Rechte und Pflichten, der Stellung und der Leistungen geltend machen: nur muss diese Ungleichheit und Verschiedenheit nicht mit dem allgemeinen menschlichen Zwecke aller Grade im Widerspruche stehen und darf Nichts enthalten, was eines gebildeten und freien Mannes unwürdig ist, wie sich auch etwas Derartiges jetzt gar nicht auf die Dauer würde erhalten können. Dass so viele gebildete und grosse Männer durch die verschiedenen Grade der Freimaurerei hindurchgegangen sind oder ihnen auch jetzt noch angehören, gewährt die sicherste und unwiderlegteste Bürgschaft dafür, dass auch dem Maurer des niedrigsten Grades nichts Unwürdiges zugemuthet, sondern er blos in mildester Form an Gehorsam und Unterordnung gewöhnt werde, an sich aber und als Bruder auch dem Höchsten im Bunde gleichstehe. Bei den alten Bauzünften hatten die dienenden Brüder, die Lehrlinge und Gesellen, natürlich die Bedeutung der dem den Bau leitenden Meister untergeordneten Arbeiter;4) jetzt ist das Dienen der Lehrlinge und Gesellen gleich der gesammten Maurerei oder Baukunst nur noch ein symbolisches, ein moralisches oder rein humanes. Die dienenden Brüder aber im heu- 1) Krause, II. 2. S. 247. 2) Lassen, III. S. 982. 3) Holdmann, a. a. O., S. 226; Findel, Geschichte der Freimaurerei, I. S. 89. 4) Vergl. auch Krause, a. a. O., II. 1. S. 174 und 284 ff.
Stellung der niedern Grade und der jüngern Graduirten liegen, gefordert werden dürfen und wirklich gefordert werden, und als sie an der eigentlichen Bundesregierung noch keinen Antheil haben, weshalb namentlich apprentifs im Deutschen mit Diener übersetzt wird.1) Die Schüler, Akolythen der Geistlichen, wurden im deutschen Mittelalter ihre „lêrnknaben“ genannt, z. B. im Reinhart 1487. Diener, Dâsa, hiessen in den indischen Râgaputra-Familien, z. B. in Mewar, die vertrauteren und gut behandelten Angestellten.2) Die gemeine deutsche Steinmetzordnung vom J. 1459 nennt die Lehrknaben Diener.3) Wo in einem Vereine oder Bunde verschiedene Grade bestehen, müssen diese sich auch in einer Verschiedenheit der Rechte und Pflichten, der Stellung und der Leistungen geltend machen: nur muss diese Ungleichheit und Verschiedenheit nicht mit dem allgemeinen menschlichen Zwecke aller Grade im Widerspruche stehen und darf Nichts enthalten, was eines gebildeten und freien Mannes unwürdig ist, wie sich auch etwas Derartiges jetzt gar nicht auf die Dauer würde erhalten können. Dass so viele gebildete und grosse Männer durch die verschiedenen Grade der Freimaurerei hindurchgegangen sind oder ihnen auch jetzt noch angehören, gewährt die sicherste und unwiderlegteste Bürgschaft dafür, dass auch dem Maurer des niedrigsten Grades nichts Unwürdiges zugemuthet, sondern er blos in mildester Form an Gehorsam und Unterordnung gewöhnt werde, an sich aber und als Bruder auch dem Höchsten im Bunde gleichstehe. Bei den alten Bauzünften hatten die dienenden Brüder, die Lehrlinge und Gesellen, natürlich die Bedeutung der dem den Bau leitenden Meister untergeordneten Arbeiter;4) jetzt ist das Dienen der Lehrlinge und Gesellen gleich der gesammten Maurerei oder Baukunst nur noch ein symbolisches, ein moralisches oder rein humanes. Die dienenden Brüder aber im heu- 1) Krause, II. 2. S. 247. 2) Lassen, III. S. 982. 3) Holdmann, a. a. O., S. 226; Findel, Geschichte der Freimaurerei, I. S. 89. 4) Vergl. auch Krause, a. a. O., II. 1. S. 174 und 284 ff.
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Stellung der niedern Grade und der jüngern Graduirten liegen, gefordert werden dürfen und wirklich gefordert werden, und als sie an der eigentlichen Bundesregierung noch keinen Antheil haben, weshalb namentlich apprentifs im Deutschen mit Diener übersetzt wird. 1) Die Schüler, Akolythen der Geistlichen, wurden im deutschen Mittelalter ihre „lêrnknaben“ genannt, z. B. im Reinhart 1487. Diener, Dâsa, hiessen in den indischen Râgaputra-Familien, z. B. in Mewar, die vertrauteren und gut behandelten Angestellten. 2) Die gemeine deutsche Steinmetzordnung vom J. 1459 nennt die Lehrknaben Diener. 3) Wo in einem Vereine oder Bunde verschiedene Grade bestehen, müssen diese sich auch in einer Verschiedenheit der Rechte und Pflichten, der Stellung und der Leistungen geltend machen: nur muss diese Ungleichheit und Verschiedenheit nicht mit dem allgemeinen menschlichen Zwecke aller Grade im Widerspruche stehen und darf Nichts enthalten, was eines gebildeten und freien Mannes unwürdig ist, wie sich auch etwas Derartiges jetzt gar nicht auf die Dauer würde erhalten können. Dass so viele gebildete und grosse Männer durch die verschiedenen Grade der Freimaurerei hindurchgegangen sind oder ihnen auch jetzt noch angehören, gewährt die sicherste und unwiderlegteste Bürgschaft dafür, dass auch dem Maurer des niedrigsten Grades nichts Unwürdiges zugemuthet, sondern er blos in mildester Form an Gehorsam und Unterordnung gewöhnt werde, an sich aber und als Bruder auch dem Höchsten im Bunde gleichstehe. Bei den alten Bauzünften hatten die dienenden Brüder, die Lehrlinge und Gesellen, natürlich die Bedeutung der dem den Bau leitenden Meister untergeordneten Arbeiter; 4) jetzt ist das Dienen der Lehrlinge und Gesellen gleich der gesammten Maurerei oder Baukunst nur noch ein symbolisches, ein moralisches oder rein humanes. Die dienenden Brüder aber im heu-
1) Krause, II. 2. S. 247.
2) Lassen, III. S. 982.
3) Holdmann, a. a. O., S. 226; Findel, Geschichte der Freimaurerei, I. S. 89.
4) Vergl. auch Krause, a. a. O., II. 1. S. 174 und 284 ff.
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