Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

deren sie sich vorzüglich bei öffentlichen Prachtaufzügen bedienten. Für ihre inneren Angelegenheiten besassen sie eigene Gerichtsbarkeit und Richter. Gegen einander übten sie Gastfreundschaft, das sogenannte jus sodalitium, welches auch die gegenseitige Unterstützungspflicht überhaupt in sich schloss. Höchst wahrscheinlich hatten die Zünfte ähnliche besondere Constitutionen, wie die nach ihnen gebildete Yorker Constitution.1) Gemeinsame Festfeiern der Zunftmitglieder unter sich sowohl, als mit andern Zünften waren sehr gewöhnlich und beliebt. Die Mitglieder zahlten an die Zunftkasse monatliche Beiträge. Ebenso hatten sie Ehrenfrauen (honoratae oder matronae.2) Auch waren für alle Collegien besondere Priester und deren Gehülfen unentbehrlich (sacerdotes collegii, qui a sacris sunt, et eorum apparitores, qui sacerdotibus apparent seu praesto sunt). Auf ähnliche Weise hat die grosse Loge von England und Schottland einen eigenen Logenprediger, welche besonders auch bei öffentlichen Gelegenheiten und bei Begräbnissen maurerisch-religiöse Vorträge halten. 3) Die verschiedenen Zunftbeamten bildeten das Beamtencollegium (ordinem 4)). Nach römischem Vorgange erhielten die mittelalterlichen Bauzünfte den heiligen Johannes zu ihrem allgemeinen kirchlichen Patrone.5) Die römischen Zünfte hatten auch mehrere dienende Mitbrüder als Einsammler der monatlichen Beiträge (eranistas) und Bedienten (viatores), sowie eigene Sklaven (servos) und Fahnenträger und Träger der Bildnisse der Götter (signiferos s. vexilliferos). Da sich die Collegien nach dem Vorbilde einer Familie ausbildeten, finden sich ausser den Benennungen Vater, Mutter, Söhne, Töchter und Schwestern ausdrücklich auch hin und wieder der Name Bruder für die Mitglieder eines Collegiums.6) Ueber den symbolischen Gebrauch der Werkzeuge und Zunftgeräthe konnte Krause

1) Krause, S. 142 oben.
2) Krause, 8. 147 und 148, S. 156.
3) Krause, S. 149; Heldmann, S. 72 und 73.
4) Krause, S. 162.
5) Krause, S. 161.
6) Krause, S. 166.

deren sie sich vorzüglich bei öffentlichen Prachtaufzügen bedienten. Für ihre inneren Angelegenheiten besassen sie eigene Gerichtsbarkeit und Richter. Gegen einander übten sie Gastfreundschaft, das sogenannte jus sodalitium, welches auch die gegenseitige Unterstützungspflicht überhaupt in sich schloss. Höchst wahrscheinlich hatten die Zünfte ähnliche besondere Constitutionen, wie die nach ihnen gebildete Yorker Constitution.1) Gemeinsame Festfeiern der Zunftmitglieder unter sich sowohl, als mit andern Zünften waren sehr gewöhnlich und beliebt. Die Mitglieder zahlten an die Zunftkasse monatliche Beiträge. Ebenso hatten sie Ehrenfrauen (honoratae oder matronae.2) Auch waren für alle Collegien besondere Priester und deren Gehülfen unentbehrlich (sacerdotes collegii, qui a sacris sunt, et eorum apparitores, qui sacerdotibus apparent seu praesto sunt). Auf ähnliche Weise hat die grosse Loge von England und Schottland einen eigenen Logenprediger, welche besonders auch bei öffentlichen Gelegenheiten und bei Begräbnissen maurerisch-religiöse Vorträge halten. 3) Die verschiedenen Zunftbeamten bildeten das Beamtencollegium (ordinem 4)). Nach römischem Vorgange erhielten die mittelalterlichen Bauzünfte den heiligen Johannes zu ihrem allgemeinen kirchlichen Patrone.5) Die römischen Zünfte hatten auch mehrere dienende Mitbrüder als Einsammler der monatlichen Beiträge (eranistas) und Bedienten (viatores), sowie eigene Sklaven (servos) und Fahnenträger und Träger der Bildnisse der Götter (signiferos s. vexilliferos). Da sich die Collegien nach dem Vorbilde einer Familie ausbildeten, finden sich ausser den Benennungen Vater, Mutter, Söhne, Töchter und Schwestern ausdrücklich auch hin und wieder der Name Bruder für die Mitglieder eines Collegiums.6) Ueber den symbolischen Gebrauch der Werkzeuge und Zunftgeräthe konnte Krause

1) Krause, S. 142 oben.
2) Krause, 8. 147 und 148, S. 156.
3) Krause, S. 149; Heldmann, S. 72 und 73.
4) Krause, S. 162.
5) Krause, S. 161.
6) Krause, S. 166.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0266" n="246"/>
deren sie sich vorzüglich bei öffentlichen Prachtaufzügen bedienten. Für ihre inneren Angelegenheiten besassen sie eigene Gerichtsbarkeit und Richter. Gegen einander übten sie Gastfreundschaft, das sogenannte jus sodalitium, welches auch die gegenseitige Unterstützungspflicht überhaupt in sich schloss. Höchst wahrscheinlich hatten die Zünfte ähnliche besondere Constitutionen, wie die nach ihnen gebildete Yorker Constitution.<note place="foot" n="1)">Krause, S. 142 oben.<lb/></note> Gemeinsame Festfeiern der Zunftmitglieder unter sich sowohl, als mit andern Zünften waren sehr gewöhnlich und beliebt. Die Mitglieder zahlten an die Zunftkasse monatliche Beiträge. Ebenso hatten sie Ehrenfrauen (honoratae oder matronae.<note place="foot" n="2)">Krause, 8. 147 und 148, S. 156.<lb/></note> Auch waren für alle Collegien besondere Priester und deren Gehülfen unentbehrlich (sacerdotes collegii, qui a sacris sunt, et eorum apparitores, qui sacerdotibus apparent seu praesto sunt). Auf ähnliche Weise hat die grosse Loge von England und Schottland einen eigenen Logenprediger, welche besonders auch bei öffentlichen Gelegenheiten und bei Begräbnissen maurerisch-religiöse Vorträge halten. <note place="foot" n="3)">Krause, S. 149; Heldmann, S. 72 und 73.<lb/></note> Die verschiedenen Zunftbeamten bildeten das Beamtencollegium (ordinem <note place="foot" n="4)">Krause, S. 162.<lb/></note>). Nach römischem Vorgange erhielten die mittelalterlichen Bauzünfte den heiligen Johannes zu ihrem allgemeinen kirchlichen Patrone.<note place="foot" n="5)">Krause, S. 161.<lb/></note> Die römischen Zünfte hatten auch mehrere dienende Mitbrüder als Einsammler der monatlichen Beiträge (eranistas) und Bedienten (viatores), sowie eigene Sklaven (servos) und Fahnenträger und Träger der Bildnisse der Götter (signiferos s. vexilliferos). Da sich die Collegien nach dem Vorbilde einer Familie ausbildeten, finden sich ausser den Benennungen Vater, Mutter, Söhne, Töchter und Schwestern ausdrücklich auch hin und wieder der Name Bruder für die Mitglieder eines Collegiums.<note place="foot" n="6)">Krause, S. 166.<lb/></note> Ueber den symbolischen Gebrauch der Werkzeuge und Zunftgeräthe konnte Krause
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0266] deren sie sich vorzüglich bei öffentlichen Prachtaufzügen bedienten. Für ihre inneren Angelegenheiten besassen sie eigene Gerichtsbarkeit und Richter. Gegen einander übten sie Gastfreundschaft, das sogenannte jus sodalitium, welches auch die gegenseitige Unterstützungspflicht überhaupt in sich schloss. Höchst wahrscheinlich hatten die Zünfte ähnliche besondere Constitutionen, wie die nach ihnen gebildete Yorker Constitution. 1) Gemeinsame Festfeiern der Zunftmitglieder unter sich sowohl, als mit andern Zünften waren sehr gewöhnlich und beliebt. Die Mitglieder zahlten an die Zunftkasse monatliche Beiträge. Ebenso hatten sie Ehrenfrauen (honoratae oder matronae. 2) Auch waren für alle Collegien besondere Priester und deren Gehülfen unentbehrlich (sacerdotes collegii, qui a sacris sunt, et eorum apparitores, qui sacerdotibus apparent seu praesto sunt). Auf ähnliche Weise hat die grosse Loge von England und Schottland einen eigenen Logenprediger, welche besonders auch bei öffentlichen Gelegenheiten und bei Begräbnissen maurerisch-religiöse Vorträge halten. 3) Die verschiedenen Zunftbeamten bildeten das Beamtencollegium (ordinem 4)). Nach römischem Vorgange erhielten die mittelalterlichen Bauzünfte den heiligen Johannes zu ihrem allgemeinen kirchlichen Patrone. 5) Die römischen Zünfte hatten auch mehrere dienende Mitbrüder als Einsammler der monatlichen Beiträge (eranistas) und Bedienten (viatores), sowie eigene Sklaven (servos) und Fahnenträger und Träger der Bildnisse der Götter (signiferos s. vexilliferos). Da sich die Collegien nach dem Vorbilde einer Familie ausbildeten, finden sich ausser den Benennungen Vater, Mutter, Söhne, Töchter und Schwestern ausdrücklich auch hin und wieder der Name Bruder für die Mitglieder eines Collegiums. 6) Ueber den symbolischen Gebrauch der Werkzeuge und Zunftgeräthe konnte Krause 1) Krause, S. 142 oben. 2) Krause, 8. 147 und 148, S. 156. 3) Krause, S. 149; Heldmann, S. 72 und 73. 4) Krause, S. 162. 5) Krause, S. 161. 6) Krause, S. 166.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/266
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/266>, abgerufen am 22.11.2024.