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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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lich bezwingen und sich unterwerfen können, wenn nicht noch die römische Bildung und römischen Einrichtungen Überwiegend und beherrschend in den eroberten Ländern sich forterhalten gehabt und mit diesen die germanischen Eroberer sich angeeignet hätten. Wie und weshalb die reine lateinische Sprache sich in die romanischen Sprachen umgestaltete und umwandelte, so und aus dem gleichen Grunde ging auch der römische Baustyl allmählig in den gothischen, in den französisch-deutschen über; jener ist der Baustyl der Eroberten und des Alterthums, der gebildeten Alten und Vorchristen, dieser der Eroberer und des Mittelalters, der neugebildeten und christlichen Germanen. Mit dem Christen- und Kirchenthume selbst empfingen aus der Hand der Römer die Germanen auch die Kirchen, den römischen Baustyl, die römische Baukunst und Bauzünfte. Rom beherrschte die Welt, die Germania, und die Germanen zuerst mit dem Schwerte und dann durch die Kirche, durch den Geist, das Wort und die Schrift, und die letztere Herrschaft war und ist die bleibendere und dauerndere, die tiefer wirkende und greifende, weil sie die geistigere war und ist. Wer den unmittelbaren Zusammenhang der germanischen Bildung, der mittelalterlichen Baukunst und Bauzünfte, der heutigen Freimaurerei mit dem Alterthume und namentlich mit dem Römer- und Griechenthume zu bezweifeln und zu bestreiten vermag, kennt die Welt- und Völkergeschichte, die Geschichte seines eigenen Volkes nicht. Vergl. auch bei Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 212 ff. (vergl. mit S. 345 ff.): Sammlung von Nachrichten aus englischen und andern Schriftstellern, welche das ununterbrochene Dasein der Freimaurerbrüderschaft, vorzüglich in den britischen Inseln bis zu dem 18. Jahrhunderte beweisen. Die Geschichte der europäischen Kunst, in Steinen und besonders steinerne Kirchen, Klöster u. s. w. zu bauen, ist auch die Geschichte der Freimaurerei. In Deutschland scheint der im Jahr 1015 begonnene Bau des Münsters in Strassburg der erste grössere steinerne Kirchenbau durch eine förmlich eingerichtete Bauhütte (tabernaculum, lapidariorum societas, fraternitas, sodalitas, collegium) gewesen und dadurch die Strassburger Bauhütte als die älteste und die erste

lich bezwingen und sich unterwerfen können, wenn nicht noch die römische Bildung und römischen Einrichtungen Überwiegend und beherrschend in den eroberten Ländern sich forterhalten gehabt und mit diesen die germanischen Eroberer sich angeeignet hätten. Wie und weshalb die reine lateinische Sprache sich in die romanischen Sprachen umgestaltete und umwandelte, so und aus dem gleichen Grunde ging auch der römische Baustyl allmählig in den gothischen, in den französisch-deutschen über; jener ist der Baustyl der Eroberten und des Alterthums, der gebildeten Alten und Vorchristen, dieser der Eroberer und des Mittelalters, der neugebildeten und christlichen Germanen. Mit dem Christen- und Kirchenthume selbst empfingen aus der Hand der Römer die Germanen auch die Kirchen, den römischen Baustyl, die römische Baukunst und Bauzünfte. Rom beherrschte die Welt, die Germania, und die Germanen zuerst mit dem Schwerte und dann durch die Kirche, durch den Geist, das Wort und die Schrift, und die letztere Herrschaft war und ist die bleibendere und dauerndere, die tiefer wirkende und greifende, weil sie die geistigere war und ist. Wer den unmittelbaren Zusammenhang der germanischen Bildung, der mittelalterlichen Baukunst und Bauzünfte, der heutigen Freimaurerei mit dem Alterthume und namentlich mit dem Römer- und Griechenthume zu bezweifeln und zu bestreiten vermag, kennt die Welt- und Völkergeschichte, die Geschichte seines eigenen Volkes nicht. Vergl. auch bei Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 212 ff. (vergl. mit S. 345 ff.): Sammlung von Nachrichten aus englischen und andern Schriftstellern, welche das ununterbrochene Dasein der Freimaurerbrüderschaft, vorzüglich in den britischen Inseln bis zu dem 18. Jahrhunderte beweisen. Die Geschichte der europäischen Kunst, in Steinen und besonders steinerne Kirchen, Klöster u. s. w. zu bauen, ist auch die Geschichte der Freimaurerei. In Deutschland scheint der im Jahr 1015 begonnene Bau des Münsters in Strassburg der erste grössere steinerne Kirchenbau durch eine förmlich eingerichtete Bauhütte (tabernaculum, lapidariorum societas, fraternitas, sodalitas, collegium) gewesen und dadurch die Strassburger Bauhütte als die älteste und die erste

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[253/0273] lich bezwingen und sich unterwerfen können, wenn nicht noch die römische Bildung und römischen Einrichtungen Überwiegend und beherrschend in den eroberten Ländern sich forterhalten gehabt und mit diesen die germanischen Eroberer sich angeeignet hätten. Wie und weshalb die reine lateinische Sprache sich in die romanischen Sprachen umgestaltete und umwandelte, so und aus dem gleichen Grunde ging auch der römische Baustyl allmählig in den gothischen, in den französisch-deutschen über; jener ist der Baustyl der Eroberten und des Alterthums, der gebildeten Alten und Vorchristen, dieser der Eroberer und des Mittelalters, der neugebildeten und christlichen Germanen. Mit dem Christen- und Kirchenthume selbst empfingen aus der Hand der Römer die Germanen auch die Kirchen, den römischen Baustyl, die römische Baukunst und Bauzünfte. Rom beherrschte die Welt, die Germania, und die Germanen zuerst mit dem Schwerte und dann durch die Kirche, durch den Geist, das Wort und die Schrift, und die letztere Herrschaft war und ist die bleibendere und dauerndere, die tiefer wirkende und greifende, weil sie die geistigere war und ist. Wer den unmittelbaren Zusammenhang der germanischen Bildung, der mittelalterlichen Baukunst und Bauzünfte, der heutigen Freimaurerei mit dem Alterthume und namentlich mit dem Römer- und Griechenthume zu bezweifeln und zu bestreiten vermag, kennt die Welt- und Völkergeschichte, die Geschichte seines eigenen Volkes nicht. Vergl. auch bei Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 212 ff. (vergl. mit S. 345 ff.): Sammlung von Nachrichten aus englischen und andern Schriftstellern, welche das ununterbrochene Dasein der Freimaurerbrüderschaft, vorzüglich in den britischen Inseln bis zu dem 18. Jahrhunderte beweisen. Die Geschichte der europäischen Kunst, in Steinen und besonders steinerne Kirchen, Klöster u. s. w. zu bauen, ist auch die Geschichte der Freimaurerei. In Deutschland scheint der im Jahr 1015 begonnene Bau des Münsters in Strassburg der erste grössere steinerne Kirchenbau durch eine förmlich eingerichtete Bauhütte (tabernaculum, lapidariorum societas, fraternitas, sodalitas, collegium) gewesen und dadurch die Strassburger Bauhütte als die älteste und die erste

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/273>, abgerufen am 22.11.2024.