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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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deres Mittel kennen, und diese Himmelsleiter, Jakobsleiter erscheint bei den Baktern und Indern, bei den Aegyptern und Juden. Mit der Todtenleiter verwandt und nur etwas später ist das Todtenross, auf dem die Verstorbenen in das Todtenreich reiten, so namentlich die Kelten, die Germanen, die Inder u. s. f., wie dieses Todtenpferd Furtwängler, a. a. O., S. 3 - 164 (der zweiten hier stets benützten Ausgabe) ausführlich, gründlich und geistvoll dargelegt hat. Die Pferde, welche bei den indo-germanischen Völkern so oft mit den Leichen verbrannt oder auch beerdigt wurden, sollten sie jenseits tragen, wie alle Grabesgaben auf die andere Welt berechnet und für diese bestimmt waren, das Jenseits nur als das höhere Diesseits gedacht wurde. Der Sterbende trat nur eine Reise nach einem fernen und unbekannten Lande an und wurde reichlich mit Allem ausgestattet, was er dort nach den diesseitigen Begriffen, Bedürfnissen und Neigungen zu bedürfen schien; besonders dem Krieger folgten seine Waffen, sein Pferd, seine Sklaven, Freunde oder Begleiter und selbst seine Gattin in den Tod. Auch die Speisen sowie das Fährgeld in den spätern Zeiten für den Todtenschiffer wurden nicht vergessen; das unbekannte Land, von dessen Rand noch niemals ein Sterblicher zurückgekehrt, ist in aller und jeder Hinsicht nur das treue Abbild des irdischen Lebens, des bekannten Landes; dort wird nur gleichsam in überirdischem oder göttlichem Masse geritten und gestritten, gesungen und getanzt, gegessen und getrunken, gelitten und genossen, wie hier. Wie Gott vermenschlicht, zum Gottmenschen wird, wird auch der Himmel zum irdischen Himmel oder zur himmlischen Erde, denn sonst könnte man ja unmöglich herab- und hinaufsteigen, hinüber- und herüberschiffen, - der Gott und die Göttin mit den Menschen sich verbinden, - die Gottheit mit der Menschheit einen ewigen Bund und Frieden schliessen. Die kindlichste Naturanschauung trifft darin mit der tiefsten Philosophie, das dunkelste Gefühl mit der schärfsten und bewusstesten Speculation und Metaphysik, der Naturalismus mit dem Supernaturalismus, der Materialismus mit dem Spiritualismus zusammen, dass Gott in den Menschen und auf Erden sei

deres Mittel kennen, und diese Himmelsleiter, Jakobsleiter erscheint bei den Baktern und Indern, bei den Aegyptern und Juden. Mit der Todtenleiter verwandt und nur etwas später ist das Todtenross, auf dem die Verstorbenen in das Todtenreich reiten, so namentlich die Kelten, die Germanen, die Inder u. s. f., wie dieses Todtenpferd Furtwängler, a. a. O., S. 3 – 164 (der zweiten hier stets benützten Ausgabe) ausführlich, gründlich und geistvoll dargelegt hat. Die Pferde, welche bei den indo-germanischen Völkern so oft mit den Leichen verbrannt oder auch beerdigt wurden, sollten sie jenseits tragen, wie alle Grabesgaben auf die andere Welt berechnet und für diese bestimmt waren, das Jenseits nur als das höhere Diesseits gedacht wurde. Der Sterbende trat nur eine Reise nach einem fernen und unbekannten Lande an und wurde reichlich mit Allem ausgestattet, was er dort nach den diesseitigen Begriffen, Bedürfnissen und Neigungen zu bedürfen schien; besonders dem Krieger folgten seine Waffen, sein Pferd, seine Sklaven, Freunde oder Begleiter und selbst seine Gattin in den Tod. Auch die Speisen sowie das Fährgeld in den spätern Zeiten für den Todtenschiffer wurden nicht vergessen; das unbekannte Land, von dessen Rand noch niemals ein Sterblicher zurückgekehrt, ist in aller und jeder Hinsicht nur das treue Abbild des irdischen Lebens, des bekannten Landes; dort wird nur gleichsam in überirdischem oder göttlichem Masse geritten und gestritten, gesungen und getanzt, gegessen und getrunken, gelitten und genossen, wie hier. Wie Gott vermenschlicht, zum Gottmenschen wird, wird auch der Himmel zum irdischen Himmel oder zur himmlischen Erde, denn sonst könnte man ja unmöglich herab- und hinaufsteigen, hinüber- und herüberschiffen, – der Gott und die Göttin mit den Menschen sich verbinden, – die Gottheit mit der Menschheit einen ewigen Bund und Frieden schliessen. Die kindlichste Naturanschauung trifft darin mit der tiefsten Philosophie, das dunkelste Gefühl mit der schärfsten und bewusstesten Speculation und Metaphysik, der Naturalismus mit dem Supernaturalismus, der Materialismus mit dem Spiritualismus zusammen, dass Gott in den Menschen und auf Erden sei

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deres Mittel kennen, und diese Himmelsleiter, Jakobsleiter erscheint bei den Baktern und Indern, bei den Aegyptern und Juden. Mit der Todtenleiter verwandt und nur etwas später ist das Todtenross, auf dem die Verstorbenen in das Todtenreich reiten, so namentlich die Kelten, die Germanen, die Inder u. s. f., wie dieses Todtenpferd Furtwängler, a. a. O., S. 3 &#x2013; 164 (der zweiten hier stets benützten Ausgabe) ausführlich, gründlich und geistvoll dargelegt hat. Die Pferde, welche bei den indo-germanischen Völkern so oft mit den Leichen verbrannt oder auch beerdigt wurden, sollten sie jenseits tragen, wie alle Grabesgaben auf die andere Welt berechnet und für diese bestimmt waren, das Jenseits nur als das höhere Diesseits gedacht wurde. Der Sterbende trat nur eine Reise nach einem fernen und unbekannten Lande an und wurde reichlich mit Allem ausgestattet, was er dort nach den diesseitigen Begriffen, Bedürfnissen und Neigungen zu bedürfen schien; besonders dem Krieger folgten seine Waffen, sein Pferd, seine Sklaven, Freunde oder Begleiter und selbst seine Gattin in den Tod. Auch die Speisen sowie das Fährgeld in den spätern Zeiten für den Todtenschiffer wurden nicht vergessen; das unbekannte Land, von dessen Rand noch niemals ein Sterblicher zurückgekehrt, ist in aller und jeder Hinsicht nur das treue Abbild des irdischen Lebens, des bekannten Landes; dort wird nur gleichsam in überirdischem oder göttlichem Masse geritten und gestritten, gesungen und getanzt, gegessen und getrunken, gelitten und genossen, wie hier. Wie Gott vermenschlicht, zum Gottmenschen wird, wird auch der Himmel zum irdischen Himmel oder zur himmlischen Erde, denn sonst könnte man ja unmöglich herab- und hinaufsteigen, hinüber- und herüberschiffen, &#x2013; der Gott und die Göttin mit den Menschen sich verbinden, &#x2013; die Gottheit mit der Menschheit einen ewigen Bund und Frieden schliessen. Die kindlichste Naturanschauung trifft darin mit der tiefsten Philosophie, das dunkelste Gefühl mit der schärfsten und bewusstesten Speculation und Metaphysik, der Naturalismus mit dem Supernaturalismus, der Materialismus mit dem Spiritualismus zusammen, dass Gott in den Menschen und auf Erden <hi rendition="#g">sei</hi></p>
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[424/0444] deres Mittel kennen, und diese Himmelsleiter, Jakobsleiter erscheint bei den Baktern und Indern, bei den Aegyptern und Juden. Mit der Todtenleiter verwandt und nur etwas später ist das Todtenross, auf dem die Verstorbenen in das Todtenreich reiten, so namentlich die Kelten, die Germanen, die Inder u. s. f., wie dieses Todtenpferd Furtwängler, a. a. O., S. 3 – 164 (der zweiten hier stets benützten Ausgabe) ausführlich, gründlich und geistvoll dargelegt hat. Die Pferde, welche bei den indo-germanischen Völkern so oft mit den Leichen verbrannt oder auch beerdigt wurden, sollten sie jenseits tragen, wie alle Grabesgaben auf die andere Welt berechnet und für diese bestimmt waren, das Jenseits nur als das höhere Diesseits gedacht wurde. Der Sterbende trat nur eine Reise nach einem fernen und unbekannten Lande an und wurde reichlich mit Allem ausgestattet, was er dort nach den diesseitigen Begriffen, Bedürfnissen und Neigungen zu bedürfen schien; besonders dem Krieger folgten seine Waffen, sein Pferd, seine Sklaven, Freunde oder Begleiter und selbst seine Gattin in den Tod. Auch die Speisen sowie das Fährgeld in den spätern Zeiten für den Todtenschiffer wurden nicht vergessen; das unbekannte Land, von dessen Rand noch niemals ein Sterblicher zurückgekehrt, ist in aller und jeder Hinsicht nur das treue Abbild des irdischen Lebens, des bekannten Landes; dort wird nur gleichsam in überirdischem oder göttlichem Masse geritten und gestritten, gesungen und getanzt, gegessen und getrunken, gelitten und genossen, wie hier. Wie Gott vermenschlicht, zum Gottmenschen wird, wird auch der Himmel zum irdischen Himmel oder zur himmlischen Erde, denn sonst könnte man ja unmöglich herab- und hinaufsteigen, hinüber- und herüberschiffen, – der Gott und die Göttin mit den Menschen sich verbinden, – die Gottheit mit der Menschheit einen ewigen Bund und Frieden schliessen. Die kindlichste Naturanschauung trifft darin mit der tiefsten Philosophie, das dunkelste Gefühl mit der schärfsten und bewusstesten Speculation und Metaphysik, der Naturalismus mit dem Supernaturalismus, der Materialismus mit dem Spiritualismus zusammen, dass Gott in den Menschen und auf Erden sei

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/444>, abgerufen am 22.11.2024.