Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

der Form der Seelenwanderung. Seinen eigentlichen Schülern, nach Röth , a. a. O., II S. 452, Mathematiker genannt, trug er vorzüglich die Mathesis oder die Grössen- und Zahlenlehre vor, worunter er aber nicht blos die eigentliche Mathematik, sondern auch die theoretische Musik und die Astronomie begriff. Um das Jahr 490 v. Chr. brachen jedoch in Kroton bürgerliche Unruhen aus, welche den Sturz der dort bis dahin herrschenden Aristokratie und der durch sie begünstigten pythagoreischen Schule zur Folge hatten. Das feste und treue Zusammenhalten der pythagoreischen Schüler in politischen Dingen und ihr Stehen an der Spitze der Staatsverwaltung zu Kroton mag den Hass und Neid der Volkspartei und des Volkes zunächst erregt zu haben. Selbst der Aristokratie scheint der pythagoreische Bund durch seine enge Verbindung mit Gütergemeinschaft und durch seine strenge Absonderung vor allen andern verhasst und gefahrdrohend geworden zu sein. Die besonderen Aufwiegler des Volkes gegen die Pythagoräer waren aber die beiden Aristokraten Hippasos und Kylon, von denen der Erstere von den Pythagoräern ausgeschlossen, der Letztere vermuthlich bei seiner Bewerbung um die Aufnahme zurückgewiesen worden war. Diese Ehrenkränkung brachte bei Kylon eine um so grössere Erbitterung hervor, als er nach Jamblichus und Porphyrius nicht blos durch Geschlecht, Ansehen und Reichthum einer der Ersten zu Kroton war, sondern auch von Natur heftig, gewaltthätig, tobsüchtig und tyrannisch, so dass seine durch den verletzten Ehrgeiz aufgestachelte Rachgier, untertützt durch die Macht seines grossen Reichthums und seines zahlreichen Anhanges, eine der bedeutendsten Mitursachen des leidenschaftlichen und langdauernden Kampfes gegen die Pythagoräer gewesen ist. In der wegen des Sturzes der Pythagoräer und trotz ihres Widerstandes dagegen zu Kroton abgehaltenen Volksversammlung wurde zur Aufregung des Volkes besonders eine von Hippasos verfasste falsche "heilige Sage" der Pythagoräer benützt, indem dadurch dieselben als durchaus volksfeindlich und herrschsüchtig dargestellt wurden. Indessen kam es in dieser Volksversammlung noch zu keinem bestimmten Beschlusse, was die pythagoreische Partei

der Form der Seelenwanderung. Seinen eigentlichen Schülern, nach Röth , a. a. O., II S. 452, Mathematiker genannt, trug er vorzüglich die Mathesis oder die Grössen- und Zahlenlehre vor, worunter er aber nicht blos die eigentliche Mathematik, sondern auch die theoretische Musik und die Astronomie begriff. Um das Jahr 490 v. Chr. brachen jedoch in Kroton bürgerliche Unruhen aus, welche den Sturz der dort bis dahin herrschenden Aristokratie und der durch sie begünstigten pythagoreischen Schule zur Folge hatten. Das feste und treue Zusammenhalten der pythagoreischen Schüler in politischen Dingen und ihr Stehen an der Spitze der Staatsverwaltung zu Kroton mag den Hass und Neid der Volkspartei und des Volkes zunächst erregt zu haben. Selbst der Aristokratie scheint der pythagoreische Bund durch seine enge Verbindung mit Gütergemeinschaft und durch seine strenge Absonderung vor allen andern verhasst und gefahrdrohend geworden zu sein. Die besonderen Aufwiegler des Volkes gegen die Pythagoräer waren aber die beiden Aristokraten Hippasos und Kylon, von denen der Erstere von den Pythagoräern ausgeschlossen, der Letztere vermuthlich bei seiner Bewerbung um die Aufnahme zurückgewiesen worden war. Diese Ehrenkränkung brachte bei Kylon eine um so grössere Erbitterung hervor, als er nach Jamblichus und Porphyrius nicht blos durch Geschlecht, Ansehen und Reichthum einer der Ersten zu Kroton war, sondern auch von Natur heftig, gewaltthätig, tobsüchtig und tyrannisch, so dass seine durch den verletzten Ehrgeiz aufgestachelte Rachgier, untertützt durch die Macht seines grossen Reichthums und seines zahlreichen Anhanges, eine der bedeutendsten Mitursachen des leidenschaftlichen und langdauernden Kampfes gegen die Pythagoräer gewesen ist. In der wegen des Sturzes der Pythagoräer und trotz ihres Widerstandes dagegen zu Kroton abgehaltenen Volksversammlung wurde zur Aufregung des Volkes besonders eine von Hippasos verfasste falsche „heilige Sage“ der Pythagoräer benützt, indem dadurch dieselben als durchaus volksfeindlich und herrschsüchtig dargestellt wurden. Indessen kam es in dieser Volksversammlung noch zu keinem bestimmten Beschlusse, was die pythagoreische Partei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0594" n="574"/>
der Form der Seelenwanderung. Seinen eigentlichen Schülern, nach Röth , a. a. O., II S. 452, Mathematiker genannt, trug er vorzüglich die Mathesis oder die Grössen- und Zahlenlehre vor, worunter er aber nicht blos die eigentliche Mathematik, sondern auch die theoretische Musik und die Astronomie begriff. Um das Jahr 490 v. Chr. brachen jedoch in Kroton bürgerliche Unruhen aus, welche den Sturz der dort bis dahin herrschenden Aristokratie und der durch sie begünstigten pythagoreischen Schule zur Folge hatten. Das feste und treue Zusammenhalten der pythagoreischen Schüler in politischen Dingen und ihr Stehen an der Spitze der Staatsverwaltung zu Kroton mag den Hass und Neid der Volkspartei und des Volkes zunächst erregt zu haben. Selbst der Aristokratie scheint der pythagoreische Bund durch seine enge Verbindung mit Gütergemeinschaft und durch seine strenge Absonderung vor allen andern verhasst und gefahrdrohend geworden zu sein. Die besonderen Aufwiegler des Volkes gegen die Pythagoräer waren aber die beiden Aristokraten Hippasos und Kylon, von denen der Erstere von den Pythagoräern ausgeschlossen, der Letztere vermuthlich bei seiner Bewerbung um die Aufnahme zurückgewiesen worden war. Diese Ehrenkränkung brachte bei Kylon eine um so grössere Erbitterung hervor, als er nach Jamblichus und Porphyrius nicht blos durch Geschlecht, Ansehen und Reichthum einer der Ersten zu Kroton war, sondern auch von Natur heftig, gewaltthätig, tobsüchtig und tyrannisch, so dass seine durch den verletzten Ehrgeiz aufgestachelte Rachgier, untertützt durch die Macht seines grossen Reichthums und seines zahlreichen Anhanges, eine der bedeutendsten Mitursachen des leidenschaftlichen und langdauernden Kampfes gegen die Pythagoräer gewesen ist. In der wegen des Sturzes der Pythagoräer und trotz ihres Widerstandes dagegen zu Kroton abgehaltenen Volksversammlung wurde zur Aufregung des Volkes besonders eine von Hippasos verfasste falsche &#x201E;heilige Sage&#x201C; der Pythagoräer benützt, indem dadurch dieselben als durchaus volksfeindlich und herrschsüchtig dargestellt wurden. Indessen kam es in dieser Volksversammlung noch zu keinem bestimmten Beschlusse, was die pythagoreische Partei
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[574/0594] der Form der Seelenwanderung. Seinen eigentlichen Schülern, nach Röth , a. a. O., II S. 452, Mathematiker genannt, trug er vorzüglich die Mathesis oder die Grössen- und Zahlenlehre vor, worunter er aber nicht blos die eigentliche Mathematik, sondern auch die theoretische Musik und die Astronomie begriff. Um das Jahr 490 v. Chr. brachen jedoch in Kroton bürgerliche Unruhen aus, welche den Sturz der dort bis dahin herrschenden Aristokratie und der durch sie begünstigten pythagoreischen Schule zur Folge hatten. Das feste und treue Zusammenhalten der pythagoreischen Schüler in politischen Dingen und ihr Stehen an der Spitze der Staatsverwaltung zu Kroton mag den Hass und Neid der Volkspartei und des Volkes zunächst erregt zu haben. Selbst der Aristokratie scheint der pythagoreische Bund durch seine enge Verbindung mit Gütergemeinschaft und durch seine strenge Absonderung vor allen andern verhasst und gefahrdrohend geworden zu sein. Die besonderen Aufwiegler des Volkes gegen die Pythagoräer waren aber die beiden Aristokraten Hippasos und Kylon, von denen der Erstere von den Pythagoräern ausgeschlossen, der Letztere vermuthlich bei seiner Bewerbung um die Aufnahme zurückgewiesen worden war. Diese Ehrenkränkung brachte bei Kylon eine um so grössere Erbitterung hervor, als er nach Jamblichus und Porphyrius nicht blos durch Geschlecht, Ansehen und Reichthum einer der Ersten zu Kroton war, sondern auch von Natur heftig, gewaltthätig, tobsüchtig und tyrannisch, so dass seine durch den verletzten Ehrgeiz aufgestachelte Rachgier, untertützt durch die Macht seines grossen Reichthums und seines zahlreichen Anhanges, eine der bedeutendsten Mitursachen des leidenschaftlichen und langdauernden Kampfes gegen die Pythagoräer gewesen ist. In der wegen des Sturzes der Pythagoräer und trotz ihres Widerstandes dagegen zu Kroton abgehaltenen Volksversammlung wurde zur Aufregung des Volkes besonders eine von Hippasos verfasste falsche „heilige Sage“ der Pythagoräer benützt, indem dadurch dieselben als durchaus volksfeindlich und herrschsüchtig dargestellt wurden. Indessen kam es in dieser Volksversammlung noch zu keinem bestimmten Beschlusse, was die pythagoreische Partei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/594
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/594>, abgerufen am 26.06.2024.