Nicht des Pythagoras Mahnung noch seine schweigenden Jahre Hemmten des Tarentiners Oebalius üppigen Luxus,
sagt Claudian. Zu Tarent soll Pythagoras noch eine langwierige und mühsame gelehrte Arbeit, eine geographische Tafel der damals bekannten Erde auf Erz vollendet haben, wie solche geographische Erztafeln oder Landcharten seit Anaximander in Griechenland aufkamen und verbreitet wurden. Durch seine weiten Reisen und selbst gemachten Erfahrungen war Pythagoras zu einer solchen Arbeit besonders befähigt. Mit der pythagoreischen Schule war Tarent auch der Sitz der griechischen Wissenschaft geworden, zumal zu Kroton mit der pythagoreischen Schule auch die ärztliche Schule des Demokedes, welcher als Haupt der Aristokratie gegolten und gekämpft hatte und gefallen war, zertrümmert worden war. In Kroton errichtete nun der von den Pythagoräern ausgestossene Hippasos, welcher blosser Akusmatiker oder Zuhörer des Pythagoras gewesen, eine neue Schule, welche nicht ohne sehr bedeutenden Einfluss auf die griechische Bildung blieb. Hippasos machte durch seine Schule besonders die mathematischen Wissenschaften Allen zugänglich, während Pythagoras dieselben als strenges Geheimniss seiner Schüler und Eingeweihten bewahren wollte. Erst die Schule des Hippasos war eine wahrhaft öffentliche Unterrichtsanstalt, eine Schule in unserem Sinne, bei welcher jeder Lernbegierige ohne Weihen Zutritt hatte; die Schule des Pythagoras war aristokratisch und geheim, diejenige des Hippasos demokratisch und öffentlich, zugleich war jene in ihrem Glauben und in ihrer Gotteslehre ägyptisch, diese zarathustrisch. Hippasos lehrte sein mathematisches Wissen nicht blos allgemein, sondern veröffentlichte es auch in Schriften, welche natürlich Aufsehen machten und begierig ergriffen wurden. Ueber die Veröffentlichung, über den Bruch des Geheimnisses durch Hippasos waren begreiflich die Pythagoriker ausserordentlich erbittert und erklärten sein späteres Ertrinken in dem Meere als die gerechte und verdiente Strafe des Verrathes. Zu den berühmten Schülern des Hippasos gehörten die Mathematiker und Philosophen, oder vielmehr die mathematischen Philosophen Philolaos und Heraklit. Mit dieser Schule des Hippasos,
Nicht des Pythagoras Mahnung noch seine schweigenden Jahre Hemmten des Tarentiners Oebalius üppigen Luxus,
sagt Claudian. Zu Tarent soll Pythagoras noch eine langwierige und mühsame gelehrte Arbeit, eine geographische Tafel der damals bekannten Erde auf Erz vollendet haben, wie solche geographische Erztafeln oder Landcharten seit Anaximander in Griechenland aufkamen und verbreitet wurden. Durch seine weiten Reisen und selbst gemachten Erfahrungen war Pythagoras zu einer solchen Arbeit besonders befähigt. Mit der pythagoreischen Schule war Tarent auch der Sitz der griechischen Wissenschaft geworden, zumal zu Kroton mit der pythagoreischen Schule auch die ärztliche Schule des Demokedes, welcher als Haupt der Aristokratie gegolten und gekämpft hatte und gefallen war, zertrümmert worden war. In Kroton errichtete nun der von den Pythagoräern ausgestossene Hippasos, welcher blosser Akusmatiker oder Zuhörer des Pythagoras gewesen, eine neue Schule, welche nicht ohne sehr bedeutenden Einfluss auf die griechische Bildung blieb. Hippasos machte durch seine Schule besonders die mathematischen Wissenschaften Allen zugänglich, während Pythagoras dieselben als strenges Geheimniss seiner Schüler und Eingeweihten bewahren wollte. Erst die Schule des Hippasos war eine wahrhaft öffentliche Unterrichtsanstalt, eine Schule in unserem Sinne, bei welcher jeder Lernbegierige ohne Weihen Zutritt hatte; die Schule des Pythagoras war aristokratisch und geheim, diejenige des Hippasos demokratisch und öffentlich, zugleich war jene in ihrem Glauben und in ihrer Gotteslehre ägyptisch, diese zarathustrisch. Hippasos lehrte sein mathematisches Wissen nicht blos allgemein, sondern veröffentlichte es auch in Schriften, welche natürlich Aufsehen machten und begierig ergriffen wurden. Ueber die Veröffentlichung, über den Bruch des Geheimnisses durch Hippasos waren begreiflich die Pythagoriker ausserordentlich erbittert und erklärten sein späteres Ertrinken in dem Meere als die gerechte und verdiente Strafe des Verrathes. Zu den berühmten Schülern des Hippasos gehörten die Mathematiker und Philosophen, oder vielmehr die mathematischen Philosophen Philolaos und Heraklit. Mit dieser Schule des Hippasos,
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sagt Claudian. Zu Tarent soll Pythagoras noch eine langwierige und mühsame gelehrte Arbeit, eine geographische Tafel der damals bekannten Erde auf Erz vollendet haben, wie solche geographische Erztafeln oder Landcharten seit Anaximander in Griechenland aufkamen und verbreitet wurden. Durch seine weiten Reisen und selbst gemachten Erfahrungen war Pythagoras zu einer solchen Arbeit besonders befähigt. Mit der pythagoreischen Schule war Tarent auch der Sitz der griechischen Wissenschaft geworden, zumal zu Kroton mit der pythagoreischen Schule auch die ärztliche Schule des Demokedes, welcher als Haupt der Aristokratie gegolten und gekämpft hatte und gefallen war, zertrümmert worden war. In Kroton errichtete nun der von den Pythagoräern ausgestossene Hippasos, welcher blosser Akusmatiker oder Zuhörer des Pythagoras gewesen, eine neue Schule, welche nicht ohne sehr bedeutenden Einfluss auf die griechische Bildung blieb. Hippasos machte durch seine Schule besonders die mathematischen Wissenschaften Allen zugänglich, während Pythagoras dieselben als strenges Geheimniss seiner Schüler und Eingeweihten bewahren wollte. Erst die Schule des Hippasos war eine wahrhaft öffentliche Unterrichtsanstalt, eine Schule in unserem Sinne, bei welcher jeder Lernbegierige ohne Weihen Zutritt hatte; die Schule des Pythagoras war aristokratisch und geheim, diejenige des Hippasos demokratisch und öffentlich, zugleich war jene in ihrem Glauben und in ihrer Gotteslehre ägyptisch, diese zarathustrisch. Hippasos lehrte sein mathematisches Wissen nicht blos allgemein, sondern veröffentlichte es auch in Schriften, welche natürlich Aufsehen machten und begierig ergriffen wurden. Ueber die Veröffentlichung, über den Bruch des Geheimnisses durch Hippasos waren begreiflich die Pythagoriker ausserordentlich erbittert und erklärten sein späteres Ertrinken in dem Meere als die gerechte und verdiente Strafe des Verrathes. Zu den berühmten Schülern des Hippasos gehörten die Mathematiker und Philosophen, oder vielmehr die mathematischen Philosophen Philolaos und Heraklit. Mit dieser Schule des Hippasos,
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Nicht des Pythagoras Mahnung noch seine schweigenden Jahre
Hemmten des Tarentiners Oebalius üppigen Luxus, sagt Claudian. Zu Tarent soll Pythagoras noch eine langwierige und mühsame gelehrte Arbeit, eine geographische Tafel der damals bekannten Erde auf Erz vollendet haben, wie solche geographische Erztafeln oder Landcharten seit Anaximander in Griechenland aufkamen und verbreitet wurden. Durch seine weiten Reisen und selbst gemachten Erfahrungen war Pythagoras zu einer solchen Arbeit besonders befähigt. Mit der pythagoreischen Schule war Tarent auch der Sitz der griechischen Wissenschaft geworden, zumal zu Kroton mit der pythagoreischen Schule auch die ärztliche Schule des Demokedes, welcher als Haupt der Aristokratie gegolten und gekämpft hatte und gefallen war, zertrümmert worden war. In Kroton errichtete nun der von den Pythagoräern ausgestossene Hippasos, welcher blosser Akusmatiker oder Zuhörer des Pythagoras gewesen, eine neue Schule, welche nicht ohne sehr bedeutenden Einfluss auf die griechische Bildung blieb. Hippasos machte durch seine Schule besonders die mathematischen Wissenschaften Allen zugänglich, während Pythagoras dieselben als strenges Geheimniss seiner Schüler und Eingeweihten bewahren wollte. Erst die Schule des Hippasos war eine wahrhaft öffentliche Unterrichtsanstalt, eine Schule in unserem Sinne, bei welcher jeder Lernbegierige ohne Weihen Zutritt hatte; die Schule des Pythagoras war aristokratisch und geheim, diejenige des Hippasos demokratisch und öffentlich, zugleich war jene in ihrem Glauben und in ihrer Gotteslehre ägyptisch, diese zarathustrisch. Hippasos lehrte sein mathematisches Wissen nicht blos allgemein, sondern veröffentlichte es auch in Schriften, welche natürlich Aufsehen machten und begierig ergriffen wurden. Ueber die Veröffentlichung, über den Bruch des Geheimnisses durch Hippasos waren begreiflich die Pythagoriker ausserordentlich erbittert und erklärten sein späteres Ertrinken in dem Meere als die gerechte und verdiente Strafe des Verrathes. Zu den berühmten Schülern des Hippasos gehörten die Mathematiker und Philosophen, oder vielmehr die mathematischen Philosophen Philolaos und Heraklit. Mit dieser Schule des Hippasos,
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/596>, abgerufen am 26.06.2024.
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