hagen heisst der aus neun verschiedenen Pflanzen gekochte Kohl negensterke und nach Seemans Bonplandia sind es folgende neun Pflanzen: 1) Taube Nessel, 2) Spinat, 3) Körbel, 4) Pinipinelle, 5) Geschel, 6) Sauerrampfer, 7) Brauner Kohl, 8) Kuhblume und 9) Porre.1) In den gleichen Herzogthümern wird das Gemüse des grünen Donnerstags auch als sebensterke gegessen, d. h. blos aus sieben Pflanzen zubereitet.2) Daran mag angefügt werden, dass dort der letzte von sieben einer Familie geborenen Knaben sebenpfauster heisst und die Gabe besitzen soll, ein krankes Auge durch Anblasen mit dem Munde wieder gesund zu machen. In einem verwandten Sinne mit dem neunfachen Gemüse des grünenden Frühlings hat der nordische Heimdallr neun Mütter, die neun um den Hiram geweinten mütterlichen Thränen, und wird auch der Johanniskranz aus neunerlei Blumen gewunden. Verfehlt möchte es sicherlich sein, dass Mülhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 140, hier die Neunzahl auf neun Welten deuten will, an welche die Germanen geglaubt haben. Im germanischen Volksglauben waren niemals neun, sondern blos drei Himmel angenommen und die neun Himmel, welche Skaldskaparmal Cap. 75 aufzählt, hält Simrok, Myth, S. 51, mit allem Rechte nur für dichterische Bezeichnungen, denen mythischer Gehalt abgeht. Werden aber auch die neun Welten von den neun Himmeln unterschieden, wie dies Simrok, S. 43 ff., zu thun versucht hat, sind die neun Welten so überaus künstliche Begriffe und Dinge, dass dieselben als solche niemals dem Volksglauben angehört haben können. Die Vorstellung und auch die Mythen des zwölfmonatlichen Jahres waren dagegen volksmässige. Die zwölf Himmelsburgen oder Götterwohnungen, welche Grimnismal nennt, beziehen sich jedenfalls gleich den zwölf Asen auf die zwölf Monate des Jahres, sind das Wohnen des Sonnengottes in den zwölf einzelnen Monaten, in den zwölf Theilen der Sonnenbahn und vielleicht in den zwölf Bildern und Häusern des Thierkreises, wie schon Finn Magnusen richtig erkannt und
.
1) Vergl. Schambach, Wörterbuch der niederdeutschen Mundart, Hannover 1858, S. 144.
2) Schambach, a. a. O. 188
hagen heisst der aus neun verschiedenen Pflanzen gekochte Kohl nêgensterke und nach Seemans Bonplandia sind es folgende neun Pflanzen: 1) Taube Nessel, 2) Spinat, 3) Körbel, 4) Pinipinelle, 5) Geschel, 6) Sauerrampfer, 7) Brauner Kohl, 8) Kuhblume und 9) Porre.1) In den gleichen Herzogthümern wird das Gemüse des grünen Donnerstags auch als sêbensterke gegessen, d. h. blos aus sieben Pflanzen zubereitet.2) Daran mag angefügt werden, dass dort der letzte von sieben einer Familie geborenen Knaben sêbenpfûster heisst und die Gabe besitzen soll, ein krankes Auge durch Anblasen mit dem Munde wieder gesund zu machen. In einem verwandten Sinne mit dem neunfachen Gemüse des grünenden Frühlings hat der nordische Heimdallr neun Mütter, die neun um den Hiram geweinten mütterlichen Thränen, und wird auch der Johanniskranz aus neunerlei Blumen gewunden. Verfehlt möchte es sicherlich sein, dass Mülhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 140, hier die Neunzahl auf neun Welten deuten will, an welche die Germanen geglaubt haben. Im germanischen Volksglauben waren niemals neun, sondern blos drei Himmel angenommen und die neun Himmel, welche Skaldskaparmal Cap. 75 aufzählt, hält Simrok, Myth, S. 51, mit allem Rechte nur für dichterische Bezeichnungen, denen mythischer Gehalt abgeht. Werden aber auch die neun Welten von den neun Himmeln unterschieden, wie dies Simrok, S. 43 ff., zu thun versucht hat, sind die neun Welten so überaus künstliche Begriffe und Dinge, dass dieselben als solche niemals dem Volksglauben angehört haben können. Die Vorstellung und auch die Mythen des zwölfmonatlichen Jahres waren dagegen volksmässige. Die zwölf Himmelsburgen oder Götterwohnungen, welche Grimnismal nennt, beziehen sich jedenfalls gleich den zwölf Asen auf die zwölf Monate des Jahres, sind das Wohnen des Sonnengottes in den zwölf einzelnen Monaten, in den zwölf Theilen der Sonnenbahn und vielleicht in den zwölf Bildern und Häusern des Thierkreises, wie schon Finn Magnusen richtig erkannt und
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1) Vergl. Schambach, Wörterbuch der niederdeutschen Mundart, Hannover 1858, S. 144.
2) Schambach, a. a. O. 188
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hagen heisst der aus neun verschiedenen Pflanzen gekochte Kohl nêgensterke und nach Seemans Bonplandia sind es folgende neun Pflanzen: 1) Taube Nessel, 2) Spinat, 3) Körbel, 4) Pinipinelle, 5) Geschel, 6) Sauerrampfer, 7) Brauner Kohl, 8) Kuhblume und 9) Porre.<noteplace="foot"n="1)">Vergl. Schambach, Wörterbuch der niederdeutschen Mundart, Hannover 1858, S. 144.<lb/></note> In den gleichen Herzogthümern wird das Gemüse des grünen Donnerstags auch als sêbensterke gegessen, d. h. blos aus sieben Pflanzen zubereitet.<noteplace="foot"n="2)">Schambach, a. a. O. 188<lb/></note> Daran mag angefügt werden, dass dort der letzte von sieben einer Familie geborenen Knaben sêbenpfûster heisst und die Gabe besitzen soll, ein krankes Auge durch Anblasen mit dem Munde wieder gesund zu machen. In einem verwandten Sinne mit dem neunfachen Gemüse des grünenden Frühlings hat der nordische Heimdallr neun Mütter, die neun um den Hiram geweinten mütterlichen Thränen, und wird auch der Johanniskranz aus neunerlei Blumen gewunden. Verfehlt möchte es sicherlich sein, dass Mülhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 140, hier die Neunzahl auf neun Welten deuten will, an welche die Germanen geglaubt haben. Im germanischen Volksglauben waren niemals neun, sondern blos drei Himmel angenommen und die neun Himmel, welche Skaldskaparmal Cap. 75 aufzählt, hält Simrok, Myth, S. 51, mit allem Rechte nur für dichterische Bezeichnungen, denen mythischer Gehalt abgeht. Werden aber auch die neun Welten von den neun Himmeln unterschieden, wie dies Simrok, S. 43 ff., zu thun versucht hat, sind die neun Welten so überaus künstliche Begriffe und Dinge, dass dieselben als solche niemals dem Volksglauben angehört haben können. Die Vorstellung und auch die Mythen des zwölfmonatlichen Jahres waren dagegen volksmässige. Die zwölf Himmelsburgen oder Götterwohnungen, welche Grimnismal nennt, beziehen sich jedenfalls gleich den zwölf Asen auf die zwölf Monate des Jahres, sind das Wohnen des Sonnengottes in den zwölf einzelnen Monaten, in den zwölf Theilen der Sonnenbahn und vielleicht in den zwölf Bildern und Häusern des Thierkreises, wie schon Finn Magnusen richtig erkannt und
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hagen heisst der aus neun verschiedenen Pflanzen gekochte Kohl nêgensterke und nach Seemans Bonplandia sind es folgende neun Pflanzen: 1) Taube Nessel, 2) Spinat, 3) Körbel, 4) Pinipinelle, 5) Geschel, 6) Sauerrampfer, 7) Brauner Kohl, 8) Kuhblume und 9) Porre. 1) In den gleichen Herzogthümern wird das Gemüse des grünen Donnerstags auch als sêbensterke gegessen, d. h. blos aus sieben Pflanzen zubereitet. 2) Daran mag angefügt werden, dass dort der letzte von sieben einer Familie geborenen Knaben sêbenpfûster heisst und die Gabe besitzen soll, ein krankes Auge durch Anblasen mit dem Munde wieder gesund zu machen. In einem verwandten Sinne mit dem neunfachen Gemüse des grünenden Frühlings hat der nordische Heimdallr neun Mütter, die neun um den Hiram geweinten mütterlichen Thränen, und wird auch der Johanniskranz aus neunerlei Blumen gewunden. Verfehlt möchte es sicherlich sein, dass Mülhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 140, hier die Neunzahl auf neun Welten deuten will, an welche die Germanen geglaubt haben. Im germanischen Volksglauben waren niemals neun, sondern blos drei Himmel angenommen und die neun Himmel, welche Skaldskaparmal Cap. 75 aufzählt, hält Simrok, Myth, S. 51, mit allem Rechte nur für dichterische Bezeichnungen, denen mythischer Gehalt abgeht. Werden aber auch die neun Welten von den neun Himmeln unterschieden, wie dies Simrok, S. 43 ff., zu thun versucht hat, sind die neun Welten so überaus künstliche Begriffe und Dinge, dass dieselben als solche niemals dem Volksglauben angehört haben können. Die Vorstellung und auch die Mythen des zwölfmonatlichen Jahres waren dagegen volksmässige. Die zwölf Himmelsburgen oder Götterwohnungen, welche Grimnismal nennt, beziehen sich jedenfalls gleich den zwölf Asen auf die zwölf Monate des Jahres, sind das Wohnen des Sonnengottes in den zwölf einzelnen Monaten, in den zwölf Theilen der Sonnenbahn und vielleicht in den zwölf Bildern und Häusern des Thierkreises, wie schon Finn Magnusen richtig erkannt und .
1) Vergl. Schambach, Wörterbuch der niederdeutschen Mundart, Hannover 1858, S. 144.
2) Schambach, a. a. O. 188
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/669>, abgerufen am 16.07.2024.
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