Zu dem sinnigen Aufsatze von Koberstein hat Reinhold Köhler, a. a. O., S. 479, einen Nachtrag geliefert, woraus wir noch hervorheben: In den bekannten Balladen von William und Margareth und Lord Thomas and fair Anet heisst es:
In der Marienkirche begruben sie ihn Und sie im Marienchor; Aus ihrem Grab ein roth Röslein sprosst, Aus seinem ein Weissdorn hervor.
Die neigten sich, die verzweigten sich, Wär'n gern einander recht nah; Dass Jeder es gleich erkennen konnt': Zwei Liebende ruhten allda.
In einem bretagnischen Volksliede geräth Junker Nann im Walde in eine Feengrotte, die Fee verlangt ihn zum Gatten, sonst soll er am dritten Tage sterben. Junker Nann verschmäht die Fee, treu seiner erst seit Jahresfrist ihm vermählten Gattin, und stirbt wirklich am dritten Tage. Als seine Gattin es vernimmt:
Auf beide Kniee fiel sie drob, Und nimmermehr sie sich erhob.
Da war's zu schauen wunderbar, Als jener Tag vorüber war, In einem Grabe lag das Paar.
Da wuchsen aus der neuen Gruft Zwei Eichen mächtig in die Luft.
Auf ihren Zweigen wonniglich Zwei weisse Tauben schnäbeln sich.
Sie sangen bis zum Momen dort, Dann flogen sie zum Himmel fort!
Im deutschen Minnegesang sendet der persönlich gedachte Mai den Schmuck des Waldes und der Haide als seine Boten voraus in die Lande, um seine Ankunft zu melden und gleich einem Könige, der nach langer Abwesenheit siegreich heimkehrt, kündigt er sich durch Briefe an, welce die Nachtigall liest.1) Angelangt, setzt er sich
1) Weimarisches Jahrbuch, V. S. 146.
Zu dem sinnigen Aufsatze von Koberstein hat Reinhold Köhler, a. a. O., S. 479, einen Nachtrag geliefert, woraus wir noch hervorheben: In den bekannten Balladen von William und Margareth und Lord Thomas and fair Anet heisst es:
In der Marienkirche begruben sie ihn Und sie im Marienchor; Aus ihrem Grab ein roth Röslein sprosst, Aus seinem ein Weissdorn hervor.
Die neigten sich, die verzweigten sich, Wär’n gern einander recht nah; Dass Jeder es gleich erkennen konnt’: Zwei Liebende ruhten allda.
In einem bretagnischen Volksliede geräth Junker Nann im Walde in eine Feengrotte, die Fee verlangt ihn zum Gatten, sonst soll er am dritten Tage sterben. Junker Nann verschmäht die Fee, treu seiner erst seit Jahresfrist ihm vermählten Gattin, und stirbt wirklich am dritten Tage. Als seine Gattin es vernimmt:
Auf beide Kniee fiel sie drob, Und nimmermehr sie sich erhob.
Da war’s zu schauen wunderbar, Als jener Tag vorüber war, In einem Grabe lag das Paar.
Da wuchsen aus der neuen Gruft Zwei Eichen mächtig in die Luft.
Auf ihren Zweigen wonniglich Zwei weisse Tauben schnäbeln sich.
Sie sangen bis zum Momen dort, Dann flogen sie zum Himmel fort!
Im deutschen Minnegesang sendet der persönlich gedachte Mai den Schmuck des Waldes und der Haide als seine Boten voraus in die Lande, um seine Ankunft zu melden und gleich einem Könige, der nach langer Abwesenheit siegreich heimkehrt, kündigt er sich durch Briefe an, welce die Nachtigall liest.1) Angelangt, setzt er sich
1) Weimarisches Jahrbuch, V. S. 146.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0067"n="47"/><p>
Zu dem sinnigen Aufsatze von Koberstein hat Reinhold Köhler, a. a. O., S. 479, einen Nachtrag geliefert, woraus wir noch hervorheben: In den bekannten Balladen von William und Margareth und Lord Thomas and fair Anet heisst es:</p><citrendition="#c"><quote><p>
In der Marienkirche begruben sie ihn<lb/>
Und sie im Marienchor;<lb/>
Aus ihrem Grab ein roth Röslein sprosst,<lb/>
Aus seinem ein Weissdorn hervor.</p><p>
Die neigten sich, die verzweigten sich,<lb/>
Wär’n gern einander recht nah;<lb/>
Dass Jeder es gleich erkennen konnt’:<lb/>
Zwei Liebende ruhten allda.</p></quote></cit><p>
In einem bretagnischen Volksliede geräth Junker Nann im Walde in eine Feengrotte, die Fee verlangt ihn zum Gatten, sonst soll er am dritten Tage sterben. Junker Nann verschmäht die Fee, treu seiner erst seit Jahresfrist ihm vermählten Gattin, und stirbt wirklich am dritten Tage. Als seine Gattin es vernimmt:</p><citrendition="#c"><quote><p>
Auf beide Kniee fiel sie drob,<lb/>
Und nimmermehr sie sich erhob.</p><p>
Da war’s zu schauen wunderbar,<lb/>
Als jener Tag vorüber war,<lb/>
In einem Grabe lag das Paar.</p><p>
Da wuchsen aus der neuen Gruft<lb/>
Zwei Eichen mächtig in die Luft.</p><p>
Auf ihren Zweigen wonniglich<lb/>
Zwei weisse Tauben schnäbeln sich.</p><p>
Sie sangen bis zum Momen dort,<lb/>
Dann flogen sie zum Himmel fort!</p></quote></cit><p>Im deutschen Minnegesang sendet der persönlich gedachte Mai den Schmuck des Waldes und der Haide als seine Boten voraus in die Lande, um seine Ankunft zu melden und gleich einem Könige, der nach langer Abwesenheit siegreich heimkehrt, kündigt er sich durch Briefe an, welce die Nachtigall liest.<noteplace="foot"n="1)">Weimarisches Jahrbuch, V. S. 146.<lb/></note> Angelangt, setzt er sich
</p></div></body></text></TEI>
[47/0067]
Zu dem sinnigen Aufsatze von Koberstein hat Reinhold Köhler, a. a. O., S. 479, einen Nachtrag geliefert, woraus wir noch hervorheben: In den bekannten Balladen von William und Margareth und Lord Thomas and fair Anet heisst es:
In der Marienkirche begruben sie ihn
Und sie im Marienchor;
Aus ihrem Grab ein roth Röslein sprosst,
Aus seinem ein Weissdorn hervor.
Die neigten sich, die verzweigten sich,
Wär’n gern einander recht nah;
Dass Jeder es gleich erkennen konnt’:
Zwei Liebende ruhten allda.
In einem bretagnischen Volksliede geräth Junker Nann im Walde in eine Feengrotte, die Fee verlangt ihn zum Gatten, sonst soll er am dritten Tage sterben. Junker Nann verschmäht die Fee, treu seiner erst seit Jahresfrist ihm vermählten Gattin, und stirbt wirklich am dritten Tage. Als seine Gattin es vernimmt:
Auf beide Kniee fiel sie drob,
Und nimmermehr sie sich erhob.
Da war’s zu schauen wunderbar,
Als jener Tag vorüber war,
In einem Grabe lag das Paar.
Da wuchsen aus der neuen Gruft
Zwei Eichen mächtig in die Luft.
Auf ihren Zweigen wonniglich
Zwei weisse Tauben schnäbeln sich.
Sie sangen bis zum Momen dort,
Dann flogen sie zum Himmel fort!
Im deutschen Minnegesang sendet der persönlich gedachte Mai den Schmuck des Waldes und der Haide als seine Boten voraus in die Lande, um seine Ankunft zu melden und gleich einem Könige, der nach langer Abwesenheit siegreich heimkehrt, kündigt er sich durch Briefe an, welce die Nachtigall liest. 1) Angelangt, setzt er sich
1) Weimarisches Jahrbuch, V. S. 146.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/67>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.