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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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den ritterlichen und geistlichen Reitern entgegengestellt wurden, - die städtische Gliederung zugleich die Gliederung des städtischen Heeres wurde. Dass die städtischen Kämpfe am frühesten und vorzüglich in den bischöflichen Städten entbrannten und andauerten, hat wohl darin seine doppelte Veranlassung, dass die bischöflichen Herrschaften und Regierungen besonders drückten und dass die Bischöfe, die Geistlichkeit, welche nicht selbst das Schwert führen sollte, gleichsam wehrlos oder nicht so widerstandsfähig war. Da Freiheit und Recht die Macht zur Unterlage haben oder frei und in seinem Rechte geachtet ist, wer zu fürchten ist und nicht ungestraft angegriffen werden kann, stehen die städtischen Freiheiten und damit auch die Entfaltungen des bürgerlichen Lebens nach allen Seiten hin im genauen Verhältniss zur Grösse der Einwohnerzahl und aller sonstigen Kräfte der Stadt. Warnkoenig nennt die Städte mit dem Rechte, Gilden zu bilden und bewaffnet zu vertheidigen, Städte mit Schutzgildeverfassung; es wären die ganz freien und reichsunmittelbaren, die eigentlich souveränen Städte. Das Schwert und die Souveränität sind jedoch kein wesentlicher und nothwendiger, wenngleich oft damit verbundener Bestandtheil der städtischen Gildeverfassung; die Gilde, d. h. die Verbindung durch einen Eid zur Erstrebung und Erreiellung eines bestimmten Zweckes, war die allgemeine Verbindungsform des germanischen Mittelalters, wie sich z. B. im J. 1247 die hohen fränkischen Barone durch einen Eidschwur zur Abschaffung und Unterdrückung der Criminal- und Civilgerichtsbarkeit der Geistlichen verbanden.1) Ob die blossen religiösen oder die Opfergilden schon durch einen Eid eingegangen und befestigt worden seien, ist unermittelt und unwahrscheinlich; der Eid wurde erst gewählt und nothwendig, als der Verbindung ernstere und gefährlichere Zwecke und Absichten als des Opferschmausens untergelegt wurden. Es möchten daher die eidlichen Gilden, die Eidgenossenschaften mit Kemble, Wilda und Hartwig gleichfalls als etwas Neues oder nur als ein Erzeugniss der spätern Zeiten anzusehen sein und

1) Thierry, I. S. 34.

den ritterlichen und geistlichen Reitern entgegengestellt wurden, – die städtische Gliederung zugleich die Gliederung des städtischen Heeres wurde. Dass die städtischen Kämpfe am frühesten und vorzüglich in den bischöflichen Städten entbrannten und andauerten, hat wohl darin seine doppelte Veranlassung, dass die bischöflichen Herrschaften und Regierungen besonders drückten und dass die Bischöfe, die Geistlichkeit, welche nicht selbst das Schwert führen sollte, gleichsam wehrlos oder nicht so widerstandsfähig war. Da Freiheit und Recht die Macht zur Unterlage haben oder frei und in seinem Rechte geachtet ist, wer zu fürchten ist und nicht ungestraft angegriffen werden kann, stehen die städtischen Freiheiten und damit auch die Entfaltungen des bürgerlichen Lebens nach allen Seiten hin im genauen Verhältniss zur Grösse der Einwohnerzahl und aller sonstigen Kräfte der Stadt. Warnkoenig nennt die Städte mit dem Rechte, Gilden zu bilden und bewaffnet zu vertheidigen, Städte mit Schutzgildeverfassung; es wären die ganz freien und reichsunmittelbaren, die eigentlich souveränen Städte. Das Schwert und die Souveränität sind jedoch kein wesentlicher und nothwendiger, wenngleich oft damit verbundener Bestandtheil der städtischen Gildeverfassung; die Gilde, d. h. die Verbindung durch einen Eid zur Erstrebung und Erreiellung eines bestimmten Zweckes, war die allgemeine Verbindungsform des germanischen Mittelalters, wie sich z. B. im J. 1247 die hohen fränkischen Barone durch einen Eidschwur zur Abschaffung und Unterdrückung der Criminal- und Civilgerichtsbarkeit der Geistlichen verbanden.1) Ob die blossen religiösen oder die Opfergilden schon durch einen Eid eingegangen und befestigt worden seien, ist unermittelt und unwahrscheinlich; der Eid wurde erst gewählt und nothwendig, als der Verbindung ernstere und gefährlichere Zwecke und Absichten als des Opferschmausens untergelegt wurden. Es möchten daher die eidlichen Gilden, die Eidgenossenschaften mit Kemble, Wilda und Hartwig gleichfalls als etwas Neues oder nur als ein Erzeugniss der spätern Zeiten anzusehen sein und

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[236/0256] den ritterlichen und geistlichen Reitern entgegengestellt wurden, – die städtische Gliederung zugleich die Gliederung des städtischen Heeres wurde. Dass die städtischen Kämpfe am frühesten und vorzüglich in den bischöflichen Städten entbrannten und andauerten, hat wohl darin seine doppelte Veranlassung, dass die bischöflichen Herrschaften und Regierungen besonders drückten und dass die Bischöfe, die Geistlichkeit, welche nicht selbst das Schwert führen sollte, gleichsam wehrlos oder nicht so widerstandsfähig war. Da Freiheit und Recht die Macht zur Unterlage haben oder frei und in seinem Rechte geachtet ist, wer zu fürchten ist und nicht ungestraft angegriffen werden kann, stehen die städtischen Freiheiten und damit auch die Entfaltungen des bürgerlichen Lebens nach allen Seiten hin im genauen Verhältniss zur Grösse der Einwohnerzahl und aller sonstigen Kräfte der Stadt. Warnkoenig nennt die Städte mit dem Rechte, Gilden zu bilden und bewaffnet zu vertheidigen, Städte mit Schutzgildeverfassung; es wären die ganz freien und reichsunmittelbaren, die eigentlich souveränen Städte. Das Schwert und die Souveränität sind jedoch kein wesentlicher und nothwendiger, wenngleich oft damit verbundener Bestandtheil der städtischen Gildeverfassung; die Gilde, d. h. die Verbindung durch einen Eid zur Erstrebung und Erreiellung eines bestimmten Zweckes, war die allgemeine Verbindungsform des germanischen Mittelalters, wie sich z. B. im J. 1247 die hohen fränkischen Barone durch einen Eidschwur zur Abschaffung und Unterdrückung der Criminal- und Civilgerichtsbarkeit der Geistlichen verbanden. 1) Ob die blossen religiösen oder die Opfergilden schon durch einen Eid eingegangen und befestigt worden seien, ist unermittelt und unwahrscheinlich; der Eid wurde erst gewählt und nothwendig, als der Verbindung ernstere und gefährlichere Zwecke und Absichten als des Opferschmausens untergelegt wurden. Es möchten daher die eidlichen Gilden, die Eidgenossenschaften mit Kemble, Wilda und Hartwig gleichfalls als etwas Neues oder nur als ein Erzeugniss der spätern Zeiten anzusehen sein und 1) Thierry, I. S. 34.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/256>, abgerufen am 22.11.2024.