Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Polizei oder gar die Auflösung und das Verbot aller Zünfte nothwendig. Im J. 1304 zählte z. B. die Stadt Löwen allein 4000 Tuchwebermeister und 15,000 Gesellen; Stendal, woselbst im J. 1345 durch Markgraf Ludwig von Brandenburg die Gerber, Schuster, Gewandschneider und Bäcker den Zutritt zum Rath erlangt hatten, besass ungefähr gleichzeitig 600 Weber.1) Herzog Rudolf IV. von Oesterreich hob zu Wien 1364 alle Zechen, Innungen und Handwerksgesellschaften auf und vernichtete ihre unter sich gemachten Gebote und Ordnungen. Unter Zeche ist hier eine Gesellschaft (Gilde) zu verstehen, die zu gemeinsamen Essen und Trinken, oder sonst zu gemeinsamen Zwecken Geld zusammenlegt, dann auch die so vereinten Personen und deren Zusammensein, der Ort, wo sie zusammenkommen.2) Schmeller nimmt in die Definition der Zeche besonders auf, was zum Besten einer Kirche und ihres Dienstes zusammengelegt werde; metononymisch heisse Zeche auch Kirchgemeinde. Besonders im Bergbau wird unter Zeche eine Gesellschaft von Gewerken und das ihr verliehene Feld verstanden. Im Allgemeinen und Wesentlichen, d. h. gewisse wenige auch den Bauern oder dem Landmanne unentbehrliche Handwerker ausgenommen, wie die Schmiede, Wagner, Schuster, Schneider, Ziegler, Bäcker, Müller u. s. w., sind die Handwerke (und der Handel) städtische oder durften zur Blüthezeit der Zünfte nur innerhalb der Stadt und eines gewissen Umkreises um dieselbe, der Bannmeile betrieben und geübt werden. Die Handwerker sind insofern gleichbedeutend mit Bürger, das Bürgerrecht ist in der Regel die Bedingung zur Erlangung des Zunft- und des Meisterrechtes und überall haben die Handwerker seit dem 14ten Jahrb. grösseren oder geringeren Antheil an der Stadtregierung, wenn sie diese nicht selbst in ihre ausschliesslichen Hände gebracht haben. Daher bildete sich der allgemeine, nur wenigen Beschränkungen und Ausnahmen unterworfene Grundsatz, dass eine vollständige 1) Danz V. S. 47. 2) Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, III. S. 859; Schmeller, bayerisches Wörterbuch, IV. S. 219.
Polizei oder gar die Auflösung und das Verbot aller Zünfte nothwendig. Im J. 1304 zählte z. B. die Stadt Löwen allein 4000 Tuchwebermeister und 15,000 Gesellen; Stendal, woselbst im J. 1345 durch Markgraf Ludwig von Brandenburg die Gerber, Schuster, Gewandschneider und Bäcker den Zutritt zum Rath erlangt hatten, besass ungefähr gleichzeitig 600 Weber.1) Herzog Rudolf IV. von Oesterreich hob zu Wien 1364 alle Zechen, Innungen und Handwerksgesellschaften auf und vernichtete ihre unter sich gemachten Gebote und Ordnungen. Unter Zeche ist hier eine Gesellschaft (Gilde) zu verstehen, die zu gemeinsamen Essen und Trinken, oder sonst zu gemeinsamen Zwecken Geld zusammenlegt, dann auch die so vereinten Personen und deren Zusammensein, der Ort, wo sie zusammenkommen.2) Schmeller nimmt in die Definition der Zeche besonders auf, was zum Besten einer Kirche und ihres Dienstes zusammengelegt werde; metononymisch heisse Zeche auch Kirchgemeinde. Besonders im Bergbau wird unter Zeche eine Gesellschaft von Gewerken und das ihr verliehene Feld verstanden. Im Allgemeinen und Wesentlichen, d. h. gewisse wenige auch den Bauern oder dem Landmanne unentbehrliche Handwerker ausgenommen, wie die Schmiede, Wagner, Schuster, Schneider, Ziegler, Bäcker, Müller u. s. w., sind die Handwerke (und der Handel) städtische oder durften zur Blüthezeit der Zünfte nur innerhalb der Stadt und eines gewissen Umkreises um dieselbe, der Bannmeile betrieben und geübt werden. Die Handwerker sind insofern gleichbedeutend mit Bürger, das Bürgerrecht ist in der Regel die Bedingung zur Erlangung des Zunft- und des Meisterrechtes und überall haben die Handwerker seit dem 14ten Jahrb. grösseren oder geringeren Antheil an der Stadtregierung, wenn sie diese nicht selbst in ihre ausschliesslichen Hände gebracht haben. Daher bildete sich der allgemeine, nur wenigen Beschränkungen und Ausnahmen unterworfene Grundsatz, dass eine vollständige 1) Danz V. S. 47. 2) Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, III. S. 859; Schmeller, bayerisches Wörterbuch, IV. S. 219.
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Polizei oder gar die Auflösung und das Verbot aller Zünfte nothwendig. Im J. 1304 zählte z. B. die Stadt Löwen allein 4000 Tuchwebermeister und 15,000 Gesellen; Stendal, woselbst im J. 1345 durch Markgraf Ludwig von Brandenburg die Gerber, Schuster, Gewandschneider und Bäcker den Zutritt zum Rath erlangt hatten, besass ungefähr gleichzeitig 600 Weber. 1) Herzog Rudolf IV. von Oesterreich hob zu Wien 1364 alle Zechen, Innungen und Handwerksgesellschaften auf und vernichtete ihre unter sich gemachten Gebote und Ordnungen. Unter Zeche ist hier eine Gesellschaft (Gilde) zu verstehen, die zu gemeinsamen Essen und Trinken, oder sonst zu gemeinsamen Zwecken Geld zusammenlegt, dann auch die so vereinten Personen und deren Zusammensein, der Ort, wo sie zusammenkommen. 2) Schmeller nimmt in die Definition der Zeche besonders auf, was zum Besten einer Kirche und ihres Dienstes zusammengelegt werde; metononymisch heisse Zeche auch Kirchgemeinde. Besonders im Bergbau wird unter Zeche eine Gesellschaft von Gewerken und das ihr verliehene Feld verstanden.
Im Allgemeinen und Wesentlichen, d. h. gewisse wenige auch den Bauern oder dem Landmanne unentbehrliche Handwerker ausgenommen, wie die Schmiede, Wagner, Schuster, Schneider, Ziegler, Bäcker, Müller u. s. w., sind die Handwerke (und der Handel) städtische oder durften zur Blüthezeit der Zünfte nur innerhalb der Stadt und eines gewissen Umkreises um dieselbe, der Bannmeile betrieben und geübt werden. Die Handwerker sind insofern gleichbedeutend mit Bürger, das Bürgerrecht ist in der Regel die Bedingung zur Erlangung des Zunft- und des Meisterrechtes und überall haben die Handwerker seit dem 14ten Jahrb. grösseren oder geringeren Antheil an der Stadtregierung, wenn sie diese nicht selbst in ihre ausschliesslichen Hände gebracht haben. Daher bildete sich der allgemeine, nur wenigen Beschränkungen und Ausnahmen unterworfene Grundsatz, dass eine vollständige
1) Danz V. S. 47.
2) Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, III. S. 859; Schmeller, bayerisches Wörterbuch, IV. S. 219.
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