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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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blos auf die östliche Lage, sondern auch auf die dort aufgepflanzte rothe Fahne als ein Symbol des Blutbannes, der Criminalgerichtsbarkeit Bezug haben. Auf das Letztere weiset z. B. der rothe Thurm, ein Gebäude der Stadt Zürich hin. In Indien ist roth die Farbe des Todes und wohl auch der glühenden Hölle, weshalb bei Grenzstreitigkeiten die Zeugen schwören müssen in rothen Kleidern und mit Kränzen von rothen Blumen auf dem Haupte, welches ausserdem mit Erde bestreuet sein muss.1) Auch in Deutschland erscheinen rothe Thürme und Brücken als Grenzen eines Stadtbannes,2) vielleicht weil sie als vorzüglich heilig und unverletzlich unter den Schutz der strafenden Gewalten gestellt waren. Bei Stöber, Sagen des Elsasses, Nr. 144, tragen die Seelen der rein Verstorbenen weisse Gewänder, dagegen die Seelen der Bösen rothe. In ein rothes Hemd gehüllt erscheint auch der Geist des verrätherischen Knechts in der "Gerichtsnacht auf Girbaden," bei Stöber, Nr. 155. Auch die kolossalen Statuen des bösen Geistes in der grossen Pagode zu Canton sollen roth gekleidet sein.3) Der König der Bergmännlein trägt ein rothes scharlachen Mäntlein,4) der Hausgeist Heinzelmann einen rothen Sammetrock,5) der Geist auf dem Helfenstein in Böhmen einen Hut mit rothem Federbusch,6) die Kobolde oder Hausgeister des nördlichen Deutschlands rothe Röcke und rothe Kappen u. s. w. Alle diese roth gekleideten Geister möchten christliche Verteufelungen der ursprünglich weissen heidnischen Gottheiten, besonders Genien oder Fylgien sein und können kaum mit Stöber, Sagen des Elsasses, S. 440, für hausbeschützende, den römischen Penaten verwandte Feuergeister gehalten werden. Auch das rothe Männlein, welches zu Paris und im Elsass7) an die Stelle der weis-

1) Dunker, Gesch. des Alterthums, Il. S 107; Raspe, das Gesetzbuch der Gentoos, S. 324 und 325.
2) Gaupp, I. S. 206.
3) Berchtold-Beaupre, Isis ou l'Initiation maconnique, S. 297.
4) Grimm, D. S., I. S. 48.
5) Grimm, I. S. 125.
6) Grimm, I. S. 165.
7) Stöber, S. 438 ff.

blos auf die östliche Lage, sondern auch auf die dort aufgepflanzte rothe Fahne als ein Symbol des Blutbannes, der Criminalgerichtsbarkeit Bezug haben. Auf das Letztere weiset z. B. der rothe Thurm, ein Gebäude der Stadt Zürich hin. In Indien ist roth die Farbe des Todes und wohl auch der glühenden Hölle, weshalb bei Grenzstreitigkeiten die Zeugen schwören müssen in rothen Kleidern und mit Kränzen von rothen Blumen auf dem Haupte, welches ausserdem mit Erde bestreuet sein muss.1) Auch in Deutschland erscheinen rothe Thürme und Brücken als Grenzen eines Stadtbannes,2) vielleicht weil sie als vorzüglich heilig und unverletzlich unter den Schutz der strafenden Gewalten gestellt waren. Bei Stöber, Sagen des Elsasses, Nr. 144, tragen die Seelen der rein Verstorbenen weisse Gewänder, dagegen die Seelen der Bösen rothe. In ein rothes Hemd gehüllt erscheint auch der Geist des verrätherischen Knechts in der „Gerichtsnacht auf Girbaden,“ bei Stöber, Nr. 155. Auch die kolossalen Statuen des bösen Geistes in der grossen Pagode zu Canton sollen roth gekleidet sein.3) Der König der Bergmännlein trägt ein rothes scharlachen Mäntlein,4) der Hausgeist Heinzelmann einen rothen Sammetrock,5) der Geist auf dem Helfenstein in Böhmen einen Hut mit rothem Federbusch,6) die Kobolde oder Hausgeister des nördlichen Deutschlands rothe Röcke und rothe Kappen u. s. w. Alle diese roth gekleideten Geister möchten christliche Verteufelungen der ursprünglich weissen heidnischen Gottheiten, besonders Genien oder Fylgien sein und können kaum mit Stöber, Sagen des Elsasses, S. 440, für hausbeschützende, den römischen Penaten verwandte Feuergeister gehalten werden. Auch das rothe Männlein, welches zu Paris und im Elsass7) an die Stelle der weis-

1) Dunker, Gesch. des Alterthums, Il. S 107; Raspe, das Gesetzbuch der Gentoos, S. 324 und 325.
2) Gaupp, I. S. 206.
3) Berchtold-Beaupré, Isis ou l’Initiation maçonnique, S. 297.
4) Grimm, D. S., I. S. 48.
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[74/0094] blos auf die östliche Lage, sondern auch auf die dort aufgepflanzte rothe Fahne als ein Symbol des Blutbannes, der Criminalgerichtsbarkeit Bezug haben. Auf das Letztere weiset z. B. der rothe Thurm, ein Gebäude der Stadt Zürich hin. In Indien ist roth die Farbe des Todes und wohl auch der glühenden Hölle, weshalb bei Grenzstreitigkeiten die Zeugen schwören müssen in rothen Kleidern und mit Kränzen von rothen Blumen auf dem Haupte, welches ausserdem mit Erde bestreuet sein muss. 1) Auch in Deutschland erscheinen rothe Thürme und Brücken als Grenzen eines Stadtbannes, 2) vielleicht weil sie als vorzüglich heilig und unverletzlich unter den Schutz der strafenden Gewalten gestellt waren. Bei Stöber, Sagen des Elsasses, Nr. 144, tragen die Seelen der rein Verstorbenen weisse Gewänder, dagegen die Seelen der Bösen rothe. In ein rothes Hemd gehüllt erscheint auch der Geist des verrätherischen Knechts in der „Gerichtsnacht auf Girbaden,“ bei Stöber, Nr. 155. Auch die kolossalen Statuen des bösen Geistes in der grossen Pagode zu Canton sollen roth gekleidet sein. 3) Der König der Bergmännlein trägt ein rothes scharlachen Mäntlein, 4) der Hausgeist Heinzelmann einen rothen Sammetrock, 5) der Geist auf dem Helfenstein in Böhmen einen Hut mit rothem Federbusch, 6) die Kobolde oder Hausgeister des nördlichen Deutschlands rothe Röcke und rothe Kappen u. s. w. Alle diese roth gekleideten Geister möchten christliche Verteufelungen der ursprünglich weissen heidnischen Gottheiten, besonders Genien oder Fylgien sein und können kaum mit Stöber, Sagen des Elsasses, S. 440, für hausbeschützende, den römischen Penaten verwandte Feuergeister gehalten werden. Auch das rothe Männlein, welches zu Paris und im Elsass 7) an die Stelle der weis- 1) Dunker, Gesch. des Alterthums, Il. S 107; Raspe, das Gesetzbuch der Gentoos, S. 324 und 325. 2) Gaupp, I. S. 206. 3) Berchtold-Beaupré, Isis ou l’Initiation maçonnique, S. 297. 4) Grimm, D. S., I. S. 48. 5) Grimm, I. S. 125. 6) Grimm, I. S. 165. 7) Stöber, S. 438 ff.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/94>, abgerufen am 21.11.2024.