Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792.Handelnden, seiner Vorstellungen, Neigungen, 13. §. *) Der Einfluss, den die Verschiedenheit des Ge- schlechts auf die Bestimmung der Handlungsweise und der einzelnen Handlungen hat, scheint mir der ganz vorzüglichen Aufmerksamkeit des Rich- ters werth zu seyn. In der Seele des Weibes er- scheint manches so ganz anders, als es der Mann sieht; das Weib entbehrt bey unsrer gewöhnlichen Erziehungsart so mancher Gelegenheit, sich Auf- klärung zu verschaffen, seine Tugend zu üben, seinen Character zu befestigen, die sich dem Man- ne darbietet. -- Das Weib darf dem strengen Männerspruche "mulier taceat in ecclesia" gemäss, sich um bürgerliche Angelegenheiten nicht beküm- mern, und seine öffentlichen Handlungen sollen doch nach bürgerlichen Gesetzen beurtheilt wer- den. -- Und von wem? von Richtern, die sich in die Seele des Weibes hineindenken können, die es aus sich selbst wissen, wie zart, wie reizbar, wie beweglich, wie schwach das weibliche Herz ist? G
Handelnden, ſeiner Vorſtellungen, Neigungen, 13. §. *) Der Einfluſs, den die Verſchiedenheit des Ge- ſchlechts auf die Beſtimmung der Handlungsweiſe und der einzelnen Handlungen hat, ſcheint mir der ganz vorzüglichen Aufmerkſamkeit des Rich- ters werth zu seyn. In der Seele des Weibes er- ſcheint manches ſo ganz anders, als es der Mann ſieht; das Weib entbehrt bey unſrer gewöhnlichen Erziehungsart ſo mancher Gelegenheit, ſich Auf- klärung zu verſchaffen, ſeine Tugend zu üben, ſeinen Character zu befeſtigen, die ſich dem Man- ne darbietet. — Das Weib darf dem ſtrengen Männerſpruche „mulier taceat in eccleſia„ gemäſs, ſich um bürgerliche Angelegenheiten nicht beküm- mern, und ſeine öffentlichen Handlungen ſollen doch nach bürgerlichen Geſetzen beurtheilt wer- den. — Und von wem? von Richtern, die ſich in die Seele des Weibes hineindenken können, die es aus ſich ſelbſt wiſſen, wie zart, wie reizbar, wie beweglich, wie ſchwach das weibliche Herz iſt? G
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Handelnden, ſeiner Vorſtellungen, Neigungen,
Gefühle, ſeiner Denkungs- und Sinnesart, ſeines
Characters, ſeines Geſchlechts *), ſeines Körpers
u. ſ. w. zu ſeinen Handlungen. Pſychologiſche
Theorie der Freyheit. Verhältniſs der Handlun-
gen zur Freyheit. Pſychologiſche Theorie der
Imputation u. ſ. w.
13. §.
*) Der Einfluſs, den die Verſchiedenheit des Ge-
ſchlechts auf die Beſtimmung der Handlungsweiſe
und der einzelnen Handlungen hat, ſcheint mir
der ganz vorzüglichen Aufmerkſamkeit des Rich-
ters werth zu seyn. In der Seele des Weibes er-
ſcheint manches ſo ganz anders, als es der Mann
ſieht; das Weib entbehrt bey unſrer gewöhnlichen
Erziehungsart ſo mancher Gelegenheit, ſich Auf-
klärung zu verſchaffen, ſeine Tugend zu üben,
ſeinen Character zu befeſtigen, die ſich dem Man-
ne darbietet. — Das Weib darf dem ſtrengen
Männerſpruche „mulier taceat in eccleſia„ gemäſs,
ſich um bürgerliche Angelegenheiten nicht beküm-
mern, und ſeine öffentlichen Handlungen ſollen
doch nach bürgerlichen Geſetzen beurtheilt wer-
den. — Und von wem? von Richtern, die ſich
in die Seele des Weibes hineindenken können,
die es aus ſich ſelbſt wiſſen, wie zart, wie reizbar,
wie beweglich, wie ſchwach das weibliche Herz
iſt?
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