können? -- So natürlich, als es natürlich ist, daß unsre Erwartungen zuweilen eintreffen. Alle zukünftige Begebenheiten haben ihren Grund im Vorhergehenden, und vieles von dem, was ganz zufällig zu seyn scheint, läßt sich schon im voraus wahrscheinlich bestimmen. Allezeit läßt sich freylich aus dem Gegenwärtigen nicht einsehen, was sich in der Folge zutragen wird; aber zuwei- len -- wenn in uns oder den uns bekannten Verhältnissen Andrer zu uns der Grund davon liegt -- können wir es doch ziemlich genau berech- nen, wenigstens muthmaßen; und es wäre gewiß ein größeres Wunder, wenn unsre Muthmaßun- gen nie einträfen, als daß sie zuweilen zur Wirk- lichkeit kommen. Manche Vorstellungen sind so schwach und dunkel, daß sie kaum zu unserm Be- wußtseyn gelangen, oder wenigstens so vorüber- gehend sind, daß wir uns derselben nicht wieder erinnern; indeß tragen dieselben doch das Jhrige mit zu den Urtheilen und Schlüssen bey, welche wir hernach ohne einen Verbindungsgrund der Begriffe und ohne Prämissen gemacht zu haben scheinen. So geht es auch im Traume. Es bleiben einige Vorstellungen gleichsam auf der Oberfläche der Seele, irgend eine Ursach regt dieselben an, und siehe, die Phantasie macht sich ein Bild aus ihnen, und zeigt dem Träumenden et- was, was sich hernach auch wirklich so zuträgt.
So
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koͤnnen? — So natuͤrlich, als es natuͤrlich iſt, daß unſre Erwartungen zuweilen eintreffen. Alle zukuͤnftige Begebenheiten haben ihren Grund im Vorhergehenden, und vieles von dem, was ganz zufaͤllig zu ſeyn ſcheint, laͤßt ſich ſchon im voraus wahrſcheinlich beſtimmen. Allezeit laͤßt ſich freylich aus dem Gegenwaͤrtigen nicht einſehen, was ſich in der Folge zutragen wird; aber zuwei- len — wenn in uns oder den uns bekannten Verhaͤltniſſen Andrer zu uns der Grund davon liegt — koͤnnen wir es doch ziemlich genau berech- nen, wenigſtens muthmaßen; und es waͤre gewiß ein groͤßeres Wunder, wenn unſre Muthmaßun- gen nie eintraͤfen, als daß ſie zuweilen zur Wirk- lichkeit kommen. Manche Vorſtellungen ſind ſo ſchwach und dunkel, daß ſie kaum zu unſerm Be- wußtſeyn gelangen, oder wenigſtens ſo voruͤber- gehend ſind, daß wir uns derſelben nicht wieder erinnern; indeß tragen dieſelben doch das Jhrige mit zu den Urtheilen und Schluͤſſen bey, welche wir hernach ohne einen Verbindungsgrund der Begriffe und ohne Praͤmiſſen gemacht zu haben ſcheinen. So geht es auch im Traume. Es bleiben einige Vorſtellungen gleichſam auf der Oberflaͤche der Seele, irgend eine Urſach regt dieſelben an, und ſiehe, die Phantaſie macht ſich ein Bild aus ihnen, und zeigt dem Traͤumenden et- was, was ſich hernach auch wirklich ſo zutraͤgt.
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koͤnnen? — So natuͤrlich, als es natuͤrlich iſt,
daß unſre Erwartungen zuweilen eintreffen.
Alle zukuͤnftige Begebenheiten haben ihren Grund
im Vorhergehenden, und vieles von dem, was
ganz zufaͤllig zu ſeyn ſcheint, laͤßt ſich ſchon im
voraus wahrſcheinlich beſtimmen. Allezeit laͤßt
ſich freylich aus dem Gegenwaͤrtigen nicht einſehen,
was ſich in der Folge zutragen wird; aber zuwei-
len — wenn in uns oder den uns bekannten
Verhaͤltniſſen Andrer zu uns der Grund davon
liegt — koͤnnen wir es doch ziemlich genau berech-
nen, wenigſtens muthmaßen; und es waͤre gewiß
ein groͤßeres Wunder, wenn unſre Muthmaßun-
gen nie eintraͤfen, als daß ſie zuweilen zur Wirk-
lichkeit kommen. Manche Vorſtellungen ſind ſo
ſchwach und dunkel, daß ſie kaum zu unſerm Be-
wußtſeyn gelangen, oder wenigſtens ſo voruͤber-
gehend ſind, daß wir uns derſelben nicht wieder
erinnern; indeß tragen dieſelben doch das Jhrige
mit zu den Urtheilen und Schluͤſſen bey, welche
wir hernach ohne einen Verbindungsgrund der
Begriffe und ohne Praͤmiſſen gemacht zu haben
ſcheinen. So geht es auch im Traume. Es
bleiben einige Vorſtellungen gleichſam auf der
Oberflaͤche der Seele, irgend eine Urſach regt
dieſelben an, und ſiehe, die Phantaſie macht ſich ein
Bild aus ihnen, und zeigt dem Traͤumenden et-
was, was ſich hernach auch wirklich ſo zutraͤgt.
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/113>, abgerufen am 21.11.2024.
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