Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

machte, und einige meiner Freunde, unter wel-
chen ich mich zu befinden glaubte, fragen ließ, was
diese Extrapost wohl bringen möchte? Gesellschaft,
die Sie interessirt, war ihre Antwort, und kaum
hatte ich dieselbe vernommen, als ich in den Ar-
men eines meiner vertrautesten Freunde und einer
meiner liebsten Verwandtinnen war. Das Plötz-
liche dieser Erscheinung und der damit verknüpften
Freude betäubte mich, und die Betäubung war
im Traume so stark, als ich sie kaum jemals wa-
chend empfunden habe. Nach und nach kam ich
wieder zu mir selbst, und befand mich an den
Händen dieser geliebten Personen, unter einer zahl-
reichen Gesellschaft in einem prächtig erleuchteten
Gartenhause zu L., wo eine schöne Musik mein
Ohr und eine wohlbesetzte Tafel mein Auge,
aber nicht meinen Gaumen ergötzte. Nach
dem Abendessen führte uns der mir noch immer
unbekannte Wirth in einen mit vielen Kronleuch-
tern erhellten Saal, in welchem ich vorzüglich
deutlich vier ziemlich große vergoldete Spiegel, die
alabasternen Büsten der Göttin Mnemosyne und
ihrer neun Töchter, und in einer Ecke einen rö-
mischen Prätor mit einem Edikt in der Hand,
und mit der Physiognomie Friedrichs des Zweyten
erblickte. Man fing an zu tanzen, und ich tanzte
mit meiner Freundin meine Lieblingsquadrille.
Gegen Morgen fuhren wir wieder in die Stadt,

wo-

machte, und einige meiner Freunde, unter wel-
chen ich mich zu befinden glaubte, fragen ließ, was
dieſe Extrapoſt wohl bringen moͤchte? Geſellſchaft,
die Sie intereſſirt, war ihre Antwort, und kaum
hatte ich dieſelbe vernommen, als ich in den Ar-
men eines meiner vertrauteſten Freunde und einer
meiner liebſten Verwandtinnen war. Das Ploͤtz-
liche dieſer Erſcheinung und der damit verknuͤpften
Freude betaͤubte mich, und die Betaͤubung war
im Traume ſo ſtark, als ich ſie kaum jemals wa-
chend empfunden habe. Nach und nach kam ich
wieder zu mir ſelbſt, und befand mich an den
Haͤnden dieſer geliebten Perſonen, unter einer zahl-
reichen Geſellſchaft in einem praͤchtig erleuchteten
Gartenhauſe zu L., wo eine ſchoͤne Muſik mein
Ohr und eine wohlbeſetzte Tafel mein Auge,
aber nicht meinen Gaumen ergoͤtzte. Nach
dem Abendeſſen fuͤhrte uns der mir noch immer
unbekannte Wirth in einen mit vielen Kronleuch-
tern erhellten Saal, in welchem ich vorzuͤglich
deutlich vier ziemlich große vergoldete Spiegel, die
alabaſternen Buͤſten der Goͤttin Mnemoſyne und
ihrer neun Toͤchter, und in einer Ecke einen roͤ-
miſchen Praͤtor mit einem Edikt in der Hand,
und mit der Phyſiognomie Friedrichs des Zweyten
erblickte. Man fing an zu tanzen, und ich tanzte
mit meiner Freundin meine Lieblingsquadrille.
Gegen Morgen fuhren wir wieder in die Stadt,

wo-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0117" n="93"/>
machte, und einige meiner Freunde, unter wel-<lb/>
chen ich mich zu befinden glaubte, fragen ließ, was<lb/>
die&#x017F;e Extrapo&#x017F;t wohl bringen mo&#x0364;chte? Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft,<lb/>
die Sie intere&#x017F;&#x017F;irt, war ihre Antwort, und kaum<lb/>
hatte ich die&#x017F;elbe vernommen, als ich in den Ar-<lb/>
men eines meiner vertraute&#x017F;ten Freunde und einer<lb/>
meiner lieb&#x017F;ten Verwandtinnen war. Das Plo&#x0364;tz-<lb/>
liche die&#x017F;er Er&#x017F;cheinung und der damit verknu&#x0364;pften<lb/>
Freude beta&#x0364;ubte mich, und die Beta&#x0364;ubung war<lb/>
im Traume &#x017F;o &#x017F;tark, als ich &#x017F;ie kaum jemals wa-<lb/>
chend empfunden habe. Nach und nach kam ich<lb/>
wieder zu mir &#x017F;elb&#x017F;t, und befand mich an den<lb/>
Ha&#x0364;nden die&#x017F;er geliebten Per&#x017F;onen, unter einer zahl-<lb/>
reichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in einem pra&#x0364;chtig erleuchteten<lb/>
Gartenhau&#x017F;e zu L., wo eine &#x017F;cho&#x0364;ne Mu&#x017F;ik mein<lb/>
Ohr und eine wohlbe&#x017F;etzte Tafel mein <hi rendition="#b">Auge</hi>,<lb/>
aber nicht meinen <hi rendition="#b">Gaumen</hi> ergo&#x0364;tzte. Nach<lb/>
dem Abende&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;hrte uns der mir noch immer<lb/>
unbekannte Wirth in einen mit vielen Kronleuch-<lb/>
tern erhellten Saal, in welchem ich vorzu&#x0364;glich<lb/>
deutlich vier ziemlich große vergoldete Spiegel, die<lb/>
alaba&#x017F;ternen Bu&#x0364;&#x017F;ten der Go&#x0364;ttin Mnemo&#x017F;yne und<lb/>
ihrer neun To&#x0364;chter, und in einer Ecke einen ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Pra&#x0364;tor mit einem Edikt in der Hand,<lb/>
und mit der Phy&#x017F;iognomie Friedrichs des Zweyten<lb/>
erblickte. Man fing an zu tanzen, und ich tanzte<lb/>
mit meiner Freundin meine Lieblingsquadrille.<lb/>
Gegen Morgen fuhren wir wieder in die Stadt,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wo-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0117] machte, und einige meiner Freunde, unter wel- chen ich mich zu befinden glaubte, fragen ließ, was dieſe Extrapoſt wohl bringen moͤchte? Geſellſchaft, die Sie intereſſirt, war ihre Antwort, und kaum hatte ich dieſelbe vernommen, als ich in den Ar- men eines meiner vertrauteſten Freunde und einer meiner liebſten Verwandtinnen war. Das Ploͤtz- liche dieſer Erſcheinung und der damit verknuͤpften Freude betaͤubte mich, und die Betaͤubung war im Traume ſo ſtark, als ich ſie kaum jemals wa- chend empfunden habe. Nach und nach kam ich wieder zu mir ſelbſt, und befand mich an den Haͤnden dieſer geliebten Perſonen, unter einer zahl- reichen Geſellſchaft in einem praͤchtig erleuchteten Gartenhauſe zu L., wo eine ſchoͤne Muſik mein Ohr und eine wohlbeſetzte Tafel mein Auge, aber nicht meinen Gaumen ergoͤtzte. Nach dem Abendeſſen fuͤhrte uns der mir noch immer unbekannte Wirth in einen mit vielen Kronleuch- tern erhellten Saal, in welchem ich vorzuͤglich deutlich vier ziemlich große vergoldete Spiegel, die alabaſternen Buͤſten der Goͤttin Mnemoſyne und ihrer neun Toͤchter, und in einer Ecke einen roͤ- miſchen Praͤtor mit einem Edikt in der Hand, und mit der Phyſiognomie Friedrichs des Zweyten erblickte. Man fing an zu tanzen, und ich tanzte mit meiner Freundin meine Lieblingsquadrille. Gegen Morgen fuhren wir wieder in die Stadt, wo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/117
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/117>, abgerufen am 24.11.2024.