sein Gartenhaus eingeladen. Man aß, musi- cirte und tanzte in einem Saal, in welchem aber außer den Spiegeln nichts befindlich war, wel- ches mit meinen Träumereyen übereinkam. -- Am folgenden Tag fuhren meine Freunde wieder ab; ich begleitete sie und ritt hernach auf dem Pferde, welches ich im Traum gesehen hatte, nach Haus. Auf meinen Rückweg beschäftigte ich mich nun außer dem Andenken an die genoßne Freude, auch mit meinem Traume, und fand fol- gende Ursachen seiner Entstehung und propheti- schen Beschaffenheit.
Jch pflege, meiner Vollblütigkeit wegen, zu- weilen, besonders wenn ich etwas Erhitzendes ge- trunken habe, ein Brausen vor den Ohren zu empfinden. Dieses scheint meine Phantasie dies- mal mit dem Blasen eines Postillions verwechselt zu haben, welches mich denn leicht auf die An- kunft meiner Freunde bringen konnte; besonders da ich den vorhergehenden Abend viel von ihnen gesprochen und vor einiger Zeit erfahren hatte, daß sie vielleicht eine Familiensache nach L. führen würde. An das Unvermuthete dieser sehnlichst gewünschten Erscheinung hing sich denn die Be- täubung als eine natürliche Folge. Wie ich aber von einem Gartenhause, Musik und Tanz hatte träumen können, war mir schwer zu ergründen. Jndeß kam ich auch diesem glücklich auf die Spur.
Jch
ſein Gartenhaus eingeladen. Man aß, muſi- cirte und tanzte in einem Saal, in welchem aber außer den Spiegeln nichts befindlich war, wel- ches mit meinen Traͤumereyen uͤbereinkam. — Am folgenden Tag fuhren meine Freunde wieder ab; ich begleitete ſie und ritt hernach auf dem Pferde, welches ich im Traum geſehen hatte, nach Haus. Auf meinen Ruͤckweg beſchaͤftigte ich mich nun außer dem Andenken an die genoßne Freude, auch mit meinem Traume, und fand fol- gende Urſachen ſeiner Entſtehung und propheti- ſchen Beſchaffenheit.
Jch pflege, meiner Vollbluͤtigkeit wegen, zu- weilen, beſonders wenn ich etwas Erhitzendes ge- trunken habe, ein Brauſen vor den Ohren zu empfinden. Dieſes ſcheint meine Phantaſie dies- mal mit dem Blaſen eines Poſtillions verwechſelt zu haben, welches mich denn leicht auf die An- kunft meiner Freunde bringen konnte; beſonders da ich den vorhergehenden Abend viel von ihnen geſprochen und vor einiger Zeit erfahren hatte, daß ſie vielleicht eine Familienſache nach L. fuͤhren wuͤrde. An das Unvermuthete dieſer ſehnlichſt gewuͤnſchten Erſcheinung hing ſich denn die Be- taͤubung als eine natuͤrliche Folge. Wie ich aber von einem Gartenhauſe, Muſik und Tanz hatte traͤumen koͤnnen, war mir ſchwer zu ergruͤnden. Jndeß kam ich auch dieſem gluͤcklich auf die Spur.
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ſein Gartenhaus eingeladen. Man aß, muſi-
cirte und tanzte in einem Saal, in welchem aber
außer den Spiegeln nichts befindlich war, wel-
ches mit meinen Traͤumereyen uͤbereinkam. —
Am folgenden Tag fuhren meine Freunde wieder
ab; ich begleitete ſie und ritt hernach auf dem
Pferde, welches ich im Traum geſehen hatte,
nach Haus. Auf meinen Ruͤckweg beſchaͤftigte
ich mich nun außer dem Andenken an die genoßne
Freude, auch mit meinem Traume, und fand fol-
gende Urſachen ſeiner Entſtehung und propheti-
ſchen Beſchaffenheit.
Jch pflege, meiner Vollbluͤtigkeit wegen, zu-
weilen, beſonders wenn ich etwas Erhitzendes ge-
trunken habe, ein Brauſen vor den Ohren zu
empfinden. Dieſes ſcheint meine Phantaſie dies-
mal mit dem Blaſen eines Poſtillions verwechſelt
zu haben, welches mich denn leicht auf die An-
kunft meiner Freunde bringen konnte; beſonders
da ich den vorhergehenden Abend viel von ihnen
geſprochen und vor einiger Zeit erfahren hatte,
daß ſie vielleicht eine Familienſache nach L. fuͤhren
wuͤrde. An das Unvermuthete dieſer ſehnlichſt
gewuͤnſchten Erſcheinung hing ſich denn die Be-
taͤubung als eine natuͤrliche Folge. Wie ich aber
von einem Gartenhauſe, Muſik und Tanz hatte
traͤumen koͤnnen, war mir ſchwer zu ergruͤnden.
Jndeß kam ich auch dieſem gluͤcklich auf die Spur.
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/119>, abgerufen am 21.11.2024.
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