menheit versichert zu werden, Ehrtrieb beygelegt wird; so schreibt man dem, welcher sich derselben schon versichert hält, und dessen Betragen also mehr diese Meynung von sich, als den Wunsch, durch Anderer Achtung sie zu befestigen, ausdrückt, Stolz zu. Der Ehrbegierige ist immer noch nicht fest genug von seiner Vollkommenheit über- zeugt, und wirbt daher um die Beystimmung Andrer; der Stolze ist über diesen Punkt schon mit sich einverstanden, und fordert die Ehre als einen Tribut, den man seinem Werth schuldig ist. Der Ehrbegierige meynt, seine Vollkommenheiten seyen noch nicht hervorstechend genug, und wünscht daher dieselben anschaulich und offenbar zu ma- chen; der Stolze hingegen verlangt, daß ein jeder seine Vorzüge so deutlich wahrnehme, als er selbst, und hält die, welche dies nicht zu thun scheinen, für wirklich blind, oder solche, die nicht sehen wollen. -- Dem Ehrbegierigen ist es um die äußern Bezeugungen der Ehre zu thun, der Stolze kann ihrer entbehren; jener sucht, die- ser läßt sich suchen. Cato und Coriolan wa- ren stolz: Pompejus und Cäsar ehrbegierig.
So wie bey der Ehrbegierde öfters richtige Selbstkenntniß seyn kann, so bey dem Stolze oft Selbsttäuschung: so wie jene auch ohne Selbstgefühl wach werden kann, so muß diesem immer ein wahres oder eingebildetes Gefühl von
Werth
Cc
menheit verſichert zu werden, Ehrtrieb beygelegt wird; ſo ſchreibt man dem, welcher ſich derſelben ſchon verſichert haͤlt, und deſſen Betragen alſo mehr dieſe Meynung von ſich, als den Wunſch, durch Anderer Achtung ſie zu befeſtigen, ausdruͤckt, Stolz zu. Der Ehrbegierige iſt immer noch nicht feſt genug von ſeiner Vollkommenheit uͤber- zeugt, und wirbt daher um die Beyſtimmung Andrer; der Stolze iſt uͤber dieſen Punkt ſchon mit ſich einverſtanden, und fordert die Ehre als einen Tribut, den man ſeinem Werth ſchuldig iſt. Der Ehrbegierige meynt, ſeine Vollkommenheiten ſeyen noch nicht hervorſtechend genug, und wuͤnſcht daher dieſelben anſchaulich und offenbar zu ma- chen; der Stolze hingegen verlangt, daß ein jeder ſeine Vorzuͤge ſo deutlich wahrnehme, als er ſelbſt, und haͤlt die, welche dies nicht zu thun ſcheinen, fuͤr wirklich blind, oder ſolche, die nicht ſehen wollen. — Dem Ehrbegierigen iſt es um die aͤußern Bezeugungen der Ehre zu thun, der Stolze kann ihrer entbehren; jener ſucht, die- ſer laͤßt ſich ſuchen. Cato und Coriolan wa- ren ſtolz: Pompejus und Caͤſar ehrbegierig.
So wie bey der Ehrbegierde oͤfters richtige Selbſtkenntniß ſeyn kann, ſo bey dem Stolze oft Selbſttaͤuſchung: ſo wie jene auch ohne Selbſtgefuͤhl wach werden kann, ſo muß dieſem immer ein wahres oder eingebildetes Gefuͤhl von
Werth
Cc
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0117"n="401"/>
menheit verſichert zu werden, <hirendition="#b">Ehrtrieb</hi> beygelegt<lb/>
wird; ſo ſchreibt man dem, welcher ſich derſelben<lb/>ſchon verſichert haͤlt, und deſſen Betragen alſo<lb/>
mehr dieſe Meynung von ſich, als den Wunſch,<lb/>
durch Anderer Achtung ſie zu befeſtigen, ausdruͤckt,<lb/><hirendition="#b">Stolz</hi> zu. Der Ehrbegierige iſt immer noch<lb/>
nicht feſt genug von ſeiner Vollkommenheit uͤber-<lb/>
zeugt, und <hirendition="#b">wirbt</hi> daher um die Beyſtimmung<lb/>
Andrer; der Stolze iſt uͤber dieſen Punkt ſchon<lb/>
mit ſich einverſtanden, und <hirendition="#b">fordert</hi> die Ehre als<lb/>
einen Tribut, den man ſeinem Werth ſchuldig iſt.<lb/>
Der Ehrbegierige meynt, ſeine Vollkommenheiten<lb/>ſeyen noch nicht hervorſtechend genug, und wuͤnſcht<lb/>
daher dieſelben anſchaulich und offenbar zu ma-<lb/>
chen; der Stolze hingegen verlangt, daß ein jeder<lb/>ſeine Vorzuͤge ſo deutlich wahrnehme, als er ſelbſt,<lb/>
und haͤlt die, welche dies nicht zu thun ſcheinen,<lb/>
fuͤr wirklich blind, oder ſolche, die nicht ſehen<lb/><hirendition="#b">wollen</hi>. — Dem Ehrbegierigen iſt es um die<lb/>
aͤußern <hirendition="#b">Bezeugungen</hi> der Ehre zu thun, der<lb/>
Stolze <hirendition="#b">kann</hi> ihrer entbehren; jener <hirendition="#b">ſucht</hi>, die-<lb/>ſer <hirendition="#b">laͤßt ſich ſuchen. Cato</hi> und <hirendition="#b">Coriolan</hi> wa-<lb/>
ren <hirendition="#b">ſtolz: Pompejus</hi> und <hirendition="#b">Caͤſar ehrbegierig</hi>.</p><lb/><p>So wie bey der <hirendition="#b">Ehrbegierde</hi> oͤfters richtige<lb/><hirendition="#b">Selbſtkenntniß</hi>ſeyn kann, ſo bey dem <hirendition="#b">Stolze</hi><lb/>
oft <hirendition="#b">Selbſttaͤuſchung</hi>: ſo wie jene auch ohne<lb/>
Selbſtgefuͤhl wach werden kann, ſo muß dieſem<lb/>
immer ein wahres oder eingebildetes Gefuͤhl von<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Cc</fw><fwplace="bottom"type="catch">Werth</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[401/0117]
menheit verſichert zu werden, Ehrtrieb beygelegt
wird; ſo ſchreibt man dem, welcher ſich derſelben
ſchon verſichert haͤlt, und deſſen Betragen alſo
mehr dieſe Meynung von ſich, als den Wunſch,
durch Anderer Achtung ſie zu befeſtigen, ausdruͤckt,
Stolz zu. Der Ehrbegierige iſt immer noch
nicht feſt genug von ſeiner Vollkommenheit uͤber-
zeugt, und wirbt daher um die Beyſtimmung
Andrer; der Stolze iſt uͤber dieſen Punkt ſchon
mit ſich einverſtanden, und fordert die Ehre als
einen Tribut, den man ſeinem Werth ſchuldig iſt.
Der Ehrbegierige meynt, ſeine Vollkommenheiten
ſeyen noch nicht hervorſtechend genug, und wuͤnſcht
daher dieſelben anſchaulich und offenbar zu ma-
chen; der Stolze hingegen verlangt, daß ein jeder
ſeine Vorzuͤge ſo deutlich wahrnehme, als er ſelbſt,
und haͤlt die, welche dies nicht zu thun ſcheinen,
fuͤr wirklich blind, oder ſolche, die nicht ſehen
wollen. — Dem Ehrbegierigen iſt es um die
aͤußern Bezeugungen der Ehre zu thun, der
Stolze kann ihrer entbehren; jener ſucht, die-
ſer laͤßt ſich ſuchen. Cato und Coriolan wa-
ren ſtolz: Pompejus und Caͤſar ehrbegierig.
So wie bey der Ehrbegierde oͤfters richtige
Selbſtkenntniß ſeyn kann, ſo bey dem Stolze
oft Selbſttaͤuſchung: ſo wie jene auch ohne
Selbſtgefuͤhl wach werden kann, ſo muß dieſem
immer ein wahres oder eingebildetes Gefuͤhl von
Werth
Cc
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/117>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.