durch; geht der Hinterlist und den Ränken des Neides, und den Angriffen der Bosheit mit ofner Stirn entgegen; fällt eher, als daß er fliehen sollte, und zeigt auch im Fallen noch die Hoheit, auf welche er stolz war. Aber wenn er sieht, daß keine Kraft zu dem großen Ziel, das er sich steckt, durchdringen kann; dann zieht er sich zu sich selbst zurück, und keine Ehre, kein Vortheil, kein Glück kann ihn bewegen, seine edle Ruhe zu verlassen.
Er läßt sich nicht zum Ausführer solcher Plä- ne gebrauchen, welche von Andern erfunden sind, und kann niemals bewogen werden, den eigennü- tzigen Absichten Andrer zu dienen: denn Andre können ihn nicht belohnen. Er kennt keinen Lohn, als den ihm sein eignes Bewußtseyn giebt, keinen andren Führer, als sich selbst, kein anderes Mo- tiv, als das, welches aus dem großen Kreise des Ganzen genommen ist. --
Die Art des soliden Stolzes, welche sich vorzüglich auf Gehorsam gegen die Gesetze der Vernunft, Herrschaft über die Leidenschaft, und wahren Adel der Seele gründet, und hohes Ge- müth genannt wird, macht eigentlich und allein den edlen Mann. Jhn reizt nichts, was der begehrenden Sinnlichkeit schmeichelt, ihn erschüt- tert nichts, was derselben schrecklich vor- kömmt.
Et
durch; geht der Hinterliſt und den Raͤnken des Neides, und den Angriffen der Bosheit mit ofner Stirn entgegen; faͤllt eher, als daß er fliehen ſollte, und zeigt auch im Fallen noch die Hoheit, auf welche er ſtolz war. Aber wenn er ſieht, daß keine Kraft zu dem großen Ziel, das er ſich ſteckt, durchdringen kann; dann zieht er ſich zu ſich ſelbſt zuruͤck, und keine Ehre, kein Vortheil, kein Gluͤck kann ihn bewegen, ſeine edle Ruhe zu verlaſſen.
Er laͤßt ſich nicht zum Ausfuͤhrer ſolcher Plaͤ- ne gebrauchen, welche von Andern erfunden ſind, und kann niemals bewogen werden, den eigennuͤ- tzigen Abſichten Andrer zu dienen: denn Andre koͤnnen ihn nicht belohnen. Er kennt keinen Lohn, als den ihm ſein eignes Bewußtſeyn giebt, keinen andren Fuͤhrer, als ſich ſelbſt, kein anderes Mo- tiv, als das, welches aus dem großen Kreiſe des Ganzen genommen iſt. —
Die Art des ſoliden Stolzes, welche ſich vorzuͤglich auf Gehorſam gegen die Geſetze der Vernunft, Herrſchaft uͤber die Leidenſchaft, und wahren Adel der Seele gruͤndet, und hohes Ge- muͤth genannt wird, macht eigentlich und allein den edlen Mann. Jhn reizt nichts, was der begehrenden Sinnlichkeit ſchmeichelt, ihn erſchuͤt- tert nichts, was derſelben ſchrecklich vor- koͤmmt.
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durch; geht der Hinterliſt und den Raͤnken des
Neides, und den Angriffen der Bosheit mit ofner
Stirn entgegen; faͤllt eher, als daß er fliehen
ſollte, und zeigt auch im Fallen noch die Hoheit,
auf welche er ſtolz war. Aber wenn er ſieht, daß
keine Kraft zu dem großen Ziel, das er ſich ſteckt,
durchdringen kann; dann zieht er ſich zu ſich ſelbſt
zuruͤck, und keine Ehre, kein Vortheil, kein Gluͤck
kann ihn bewegen, ſeine edle Ruhe zu verlaſſen.
Er laͤßt ſich nicht zum Ausfuͤhrer ſolcher Plaͤ-
ne gebrauchen, welche von Andern erfunden ſind,
und kann niemals bewogen werden, den eigennuͤ-
tzigen Abſichten Andrer zu dienen: denn Andre
koͤnnen ihn nicht belohnen. Er kennt keinen Lohn,
als den ihm ſein eignes Bewußtſeyn giebt, keinen
andren Fuͤhrer, als ſich ſelbſt, kein anderes Mo-
tiv, als das, welches aus dem großen Kreiſe des
Ganzen genommen iſt. —
Die Art des ſoliden Stolzes, welche ſich
vorzuͤglich auf Gehorſam gegen die Geſetze der
Vernunft, Herrſchaft uͤber die Leidenſchaft, und
wahren Adel der Seele gruͤndet, und hohes Ge-
muͤth genannt wird, macht eigentlich und allein
den edlen Mann. Jhn reizt nichts, was der
begehrenden Sinnlichkeit ſchmeichelt, ihn erſchuͤt-
tert nichts, was derſelben ſchrecklich vor-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/134>, abgerufen am 21.11.2024.
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