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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

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zu lieben: dann werdet ihr fühlen, daß ohne das
Wohlbefinden Dieser, auch euer Zustand nicht
angenehm ist!

Auch bey diesem Triebe zeigt sich die Wahr-
heit des vortreflichen ciceronianischen Spruchs:
Animi cultus est humanitatis cibus (Aufklä-
rung des Geistes ist die Nahrung der Menschlich-
keit). Denn je weiter der Mensch in der ächten
Cultur rückt, desto weiter wird auch der Begrif
seines Selbsts. Das Kind rechnet dazu noch
nichts, als seinen Körper; wenn es Nahrung
und Bequemlichkeit für diesen hat, ist's ihm ge-
nug. Eben so der in der Rohheit lebende Mensch.
Die Sinnlichkeit ist sein Selbst; was dieser be-
hagt, das begehrt er, und stößt zurück, was ihr
unangenehm ist. Je mehr sich die Fähigkeiten
des Geistes und die Gefühle des Herzens entwi-
ckeln, desto mehr wächst auch die Anzahl der Ge-
genstände, die man mit seinem Selbst verbindet.
Jeder Schritt auf dem Felde der geistigen und
moralischen Ausbildung gewährt neue Aussichten
zur Vergrößerung des Wohlbefindens, neue Hof-
nung zur Freude und Lust.

Aber freylich kann auch dieser herrliche Grund-
trieb der menschlichen Seele verderbt werden:
kann statt nach dem Willen der Natur die Ge-
meinschaft und Verbrüderung mit Andern zu beför-

dern,
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zu lieben: dann werdet ihr fuͤhlen, daß ohne das
Wohlbefinden Dieſer, auch euer Zuſtand nicht
angenehm iſt!

Auch bey dieſem Triebe zeigt ſich die Wahr-
heit des vortreflichen ciceronianiſchen Spruchs:
Animi cultus eſt humanitatis cibus (Aufklaͤ-
rung des Geiſtes iſt die Nahrung der Menſchlich-
keit). Denn je weiter der Menſch in der aͤchten
Cultur ruͤckt, deſto weiter wird auch der Begrif
ſeines Selbſts. Das Kind rechnet dazu noch
nichts, als ſeinen Koͤrper; wenn es Nahrung
und Bequemlichkeit fuͤr dieſen hat, iſt's ihm ge-
nug. Eben ſo der in der Rohheit lebende Menſch.
Die Sinnlichkeit iſt ſein Selbſt; was dieſer be-
hagt, das begehrt er, und ſtoͤßt zuruͤck, was ihr
unangenehm iſt. Je mehr ſich die Faͤhigkeiten
des Geiſtes und die Gefuͤhle des Herzens entwi-
ckeln, deſto mehr waͤchſt auch die Anzahl der Ge-
genſtaͤnde, die man mit ſeinem Selbſt verbindet.
Jeder Schritt auf dem Felde der geiſtigen und
moraliſchen Ausbildung gewaͤhrt neue Ausſichten
zur Vergroͤßerung des Wohlbefindens, neue Hof-
nung zur Freude und Luſt.

Aber freylich kann auch dieſer herrliche Grund-
trieb der menſchlichen Seele verderbt werden:
kann ſtatt nach dem Willen der Natur die Ge-
meinſchaft und Verbruͤderung mit Andern zu befoͤr-

dern,
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[309/0025] zu lieben: dann werdet ihr fuͤhlen, daß ohne das Wohlbefinden Dieſer, auch euer Zuſtand nicht angenehm iſt! Auch bey dieſem Triebe zeigt ſich die Wahr- heit des vortreflichen ciceronianiſchen Spruchs: Animi cultus eſt humanitatis cibus (Aufklaͤ- rung des Geiſtes iſt die Nahrung der Menſchlich- keit). Denn je weiter der Menſch in der aͤchten Cultur ruͤckt, deſto weiter wird auch der Begrif ſeines Selbſts. Das Kind rechnet dazu noch nichts, als ſeinen Koͤrper; wenn es Nahrung und Bequemlichkeit fuͤr dieſen hat, iſt's ihm ge- nug. Eben ſo der in der Rohheit lebende Menſch. Die Sinnlichkeit iſt ſein Selbſt; was dieſer be- hagt, das begehrt er, und ſtoͤßt zuruͤck, was ihr unangenehm iſt. Je mehr ſich die Faͤhigkeiten des Geiſtes und die Gefuͤhle des Herzens entwi- ckeln, deſto mehr waͤchſt auch die Anzahl der Ge- genſtaͤnde, die man mit ſeinem Selbſt verbindet. Jeder Schritt auf dem Felde der geiſtigen und moraliſchen Ausbildung gewaͤhrt neue Ausſichten zur Vergroͤßerung des Wohlbefindens, neue Hof- nung zur Freude und Luſt. Aber freylich kann auch dieſer herrliche Grund- trieb der menſchlichen Seele verderbt werden: kann ſtatt nach dem Willen der Natur die Ge- meinſchaft und Verbruͤderung mit Andern zu befoͤr- dern, U 3

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/25>, abgerufen am 21.11.2024.