Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.Bey weiten nicht immer ist Schaamröthe ein Neun Herz haben, weil sie unter Menschen leben, in welchen es versteinert, oder in leere Atome zerstiebt ist? -- *) Zimmermann von der Erfahrung in der Arzney-
kunst, 4. B 11. Kap. 550. Bey weiten nicht immer iſt Schaamroͤthe ein Neun Herz haben, weil ſie unter Menſchen leben, in welchen es verſteinert, oder in leere Atome zerſtiebt iſt? — *) Zimmermann von der Erfahrung in der Arzney-
kunſt, 4. B 11. Kap. 550. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0340" n="624"/> <p>Bey weiten nicht immer iſt Schaamroͤthe ein<lb/> Beweis von Schuld. Schon der Gedanke, bey<lb/> Andern in Verdacht zu ſeyn, kann dem, der es<lb/> weiß und fuͤhlt, was guter Name iſt, bey vol-<lb/> lem Bewußtſeyn der Unſchuld des Blut in die<lb/> Wangen treiben. Unter den kleinſten Koͤpfen,<lb/> ſagt Herr <hi rendition="#b">Zimmermann</hi>, wird man zuweilen<lb/> ſchaamroth, wenn ſie ſich uͤber dieſe oder jene ge-<lb/> gruͤndete oder ungegruͤndete, bekannte oder unbe-<lb/> kannte Beleidigung gegen uns vertheidigen; man<lb/> ſieht, daß ſie einen Argwohn wider jemand naͤh-<lb/> ren, und fuͤrchtet, ſie ſeyen <hi rendition="#b">dumm</hi> oder <hi rendition="#b">nieder-<lb/> traͤchtig</hi> genug, dieſen Argwohn auf Unſchuldige<lb/> zu werfen<note place="foot" n="*)">Zimmermann von der Erfahrung in der Arzney-<lb/> kunſt, 4. B 11. Kap. 550.</note>. — Man wird indeß leicht im<lb/> Stande ſeyn, die Schaamroͤthe der Schuld von<lb/> der der Delikateſſe zu unterſcheiden; indem die<lb/> uͤbrigen Geberden, Minen und das ganze Betra-<lb/> gen des zuſammengenommen, der, ohne ſich<lb/> ſelbſt anklagen zu duͤrfen, erroͤthet, immer noch<lb/> etwas Freyeres, Edles, zum Mitgefuͤhl Einla-<lb/> dendes und bey weitem nicht das Herabſetzende der<lb/> Schaam haben, die aus einem vorwurfſvollen<lb/> Herzen ins Angeſicht ſteigt.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Neun</fw><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_26_2" prev="#seg2pn_26_1" place="foot" n="*)">Herz haben, weil ſie unter Menſchen leben, in<lb/> welchen es verſteinert, oder in leere Atome zerſtiebt<lb/> iſt? —</note> </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [624/0340]
Bey weiten nicht immer iſt Schaamroͤthe ein
Beweis von Schuld. Schon der Gedanke, bey
Andern in Verdacht zu ſeyn, kann dem, der es
weiß und fuͤhlt, was guter Name iſt, bey vol-
lem Bewußtſeyn der Unſchuld des Blut in die
Wangen treiben. Unter den kleinſten Koͤpfen,
ſagt Herr Zimmermann, wird man zuweilen
ſchaamroth, wenn ſie ſich uͤber dieſe oder jene ge-
gruͤndete oder ungegruͤndete, bekannte oder unbe-
kannte Beleidigung gegen uns vertheidigen; man
ſieht, daß ſie einen Argwohn wider jemand naͤh-
ren, und fuͤrchtet, ſie ſeyen dumm oder nieder-
traͤchtig genug, dieſen Argwohn auf Unſchuldige
zu werfen *). — Man wird indeß leicht im
Stande ſeyn, die Schaamroͤthe der Schuld von
der der Delikateſſe zu unterſcheiden; indem die
uͤbrigen Geberden, Minen und das ganze Betra-
gen des zuſammengenommen, der, ohne ſich
ſelbſt anklagen zu duͤrfen, erroͤthet, immer noch
etwas Freyeres, Edles, zum Mitgefuͤhl Einla-
dendes und bey weitem nicht das Herabſetzende der
Schaam haben, die aus einem vorwurfſvollen
Herzen ins Angeſicht ſteigt.
Neun
*)
*) Zimmermann von der Erfahrung in der Arzney-
kunſt, 4. B 11. Kap. 550.
*) Herz haben, weil ſie unter Menſchen leben, in
welchen es verſteinert, oder in leere Atome zerſtiebt
iſt? —
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