te, wo sie sich dem Zügel der Vernunft entreißen, so unbändig und barbarisch sind, daß sie den Ver- stand blind und das Herz taub machen, für das, was menschlich und edel ist.
Nicht leicht sahe wohl eines Menschen Auge eine greuelvollere Scene der Wuth, als die war, welche Tilly und sein wüthendes Heer in dem er- oberten Magdeburg gaben. Eine Würgerscene fing an, so erzählt der Verfasser der neuesten Ge- schichte des dreyßigjährigen Krieges*), für wel- che die Geschichte keine Sprache und die Dicht- kunst keinen Pinsel hat. Nicht die schuldfreye Kindheit, nicht das hülflose Alter, nicht Jugend, nicht Geschlecht, nicht Stand, nicht Schönheit können die Wuth des Siegers entwaffnen. Frauen werden in den Armen ihrer Männer, Töchter zu den Füßen ihrer Väter mißhandelt, und das wehrlose Geschlecht hat blos das Vorrecht, einer gedoppelten Wuth zum Opfer zu dienen. Keine noch so verborgene, keine noch so geheiligte Stätte konnte vor der alles durchforschenden Habsucht sichern. Drey und funfzig Frauenspersonen fand man in einer Kirche enthauptet. Kroaten ver-
gnüg-
*) Herr Rath Schiller in dem Historischen Taschen- buche für Damen, S. 343 f.
te, wo ſie ſich dem Zuͤgel der Vernunft entreißen, ſo unbaͤndig und barbariſch ſind, daß ſie den Ver- ſtand blind und das Herz taub machen, fuͤr das, was menſchlich und edel iſt.
Nicht leicht ſahe wohl eines Menſchen Auge eine greuelvollere Scene der Wuth, als die war, welche Tilly und ſein wuͤthendes Heer in dem er- oberten Magdeburg gaben. Eine Wuͤrgerſcene fing an, ſo erzaͤhlt der Verfaſſer der neueſten Ge- ſchichte des dreyßigjaͤhrigen Krieges*), fuͤr wel- che die Geſchichte keine Sprache und die Dicht- kunſt keinen Pinſel hat. Nicht die ſchuldfreye Kindheit, nicht das huͤlfloſe Alter, nicht Jugend, nicht Geſchlecht, nicht Stand, nicht Schoͤnheit koͤnnen die Wuth des Siegers entwaffnen. Frauen werden in den Armen ihrer Maͤnner, Toͤchter zu den Fuͤßen ihrer Vaͤter mißhandelt, und das wehrloſe Geſchlecht hat blos das Vorrecht, einer gedoppelten Wuth zum Opfer zu dienen. Keine noch ſo verborgene, keine noch ſo geheiligte Staͤtte konnte vor der alles durchforſchenden Habſucht ſichern. Drey und funfzig Frauensperſonen fand man in einer Kirche enthauptet. Kroaten ver-
gnuͤg-
*) Herr Rath Schiller in dem Hiſtoriſchen Taſchen- buche fuͤr Damen, S. 343 f.
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te, wo ſie ſich dem Zuͤgel der Vernunft entreißen,
ſo unbaͤndig und barbariſch ſind, daß ſie den Ver-
ſtand blind und das Herz taub machen, fuͤr das,
was menſchlich und edel iſt.
Nicht leicht ſahe wohl eines Menſchen Auge
eine greuelvollere Scene der Wuth, als die war,
welche Tilly und ſein wuͤthendes Heer in dem er-
oberten Magdeburg gaben. Eine Wuͤrgerſcene
fing an, ſo erzaͤhlt der Verfaſſer der neueſten Ge-
ſchichte des dreyßigjaͤhrigen Krieges *), fuͤr wel-
che die Geſchichte keine Sprache und die Dicht-
kunſt keinen Pinſel hat. Nicht die ſchuldfreye
Kindheit, nicht das huͤlfloſe Alter, nicht Jugend,
nicht Geſchlecht, nicht Stand, nicht Schoͤnheit
koͤnnen die Wuth des Siegers entwaffnen. Frauen
werden in den Armen ihrer Maͤnner, Toͤchter zu
den Fuͤßen ihrer Vaͤter mißhandelt, und das
wehrloſe Geſchlecht hat blos das Vorrecht, einer
gedoppelten Wuth zum Opfer zu dienen. Keine
noch ſo verborgene, keine noch ſo geheiligte Staͤtte
konnte vor der alles durchforſchenden Habſucht
ſichern. Drey und funfzig Frauensperſonen fand
man in einer Kirche enthauptet. Kroaten ver-
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*) Herr Rath Schiller in dem Hiſtoriſchen Taſchen-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/354>, abgerufen am 22.11.2024.
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