Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.Je weniger Geist daher der Mensch hat, desto Jn träger Ruhe liegt der ungebildete Wilde, Wenn irgend eine Leidenschaft sich des Her- Tag und Nacht denkt der Ehrsüchtige an Tag und Nacht denkt der gewinnsüchtige und *) Robertsons Gesch. v. Amerika. 1. 437 ff.
Je weniger Geiſt daher der Menſch hat, deſto Jn traͤger Ruhe liegt der ungebildete Wilde, Wenn irgend eine Leidenſchaft ſich des Her- Tag und Nacht denkt der Ehrſuͤchtige an Tag und Nacht denkt der gewinnſuͤchtige und *) Robertſons Geſch. v. Amerika. 1. 437 ff.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0047" n="331"/> <p>Je weniger Geiſt daher der Menſch hat, deſto<lb/> geringer iſt ſein Thaͤtigkeitstrieb. Der Dumme<lb/> oͤfnet den Mund, wo der geiſtige Haͤnde und<lb/> Fuͤße gebraucht, weil er tauſend Gegenſtaͤnde<lb/> ſieht, zu welchen dieſe ihn tragen und die er mit<lb/> jenen ergreifen kann.</p><lb/> <p>Jn traͤger Ruhe liegt der ungebildete Wilde,<lb/> und regt ſich nur, wenn Jagd oder Krieg ruft,<lb/> welches die einzigen Gegenſtaͤnde ſind, die lebhaf-<lb/> te Vorſtellungen in ihm hervorbringen koͤnnen;<lb/> indeß ſein ungluͤckliches Weib, welcher Sorge,<lb/> Kummer, Schwaͤche und Furcht den Geiſt<lb/> uͤben, Tag und Nacht arbeitet<note place="foot" n="*)">Robertſons Geſch. v. Amerika. 1. 437 ff.</note>.</p><lb/> <p>Wenn irgend eine Leidenſchaft ſich des Her-<lb/> zens bemeiſtert, welche bey jeder Gelegenheit an<lb/> ſich erinnert, dann wird der Trieb zur Thaͤtigkeit<lb/> ſehr lebhaft. Denn die Leidenſchaft erhaͤlt immer<lb/> die Vorſtellung der Gegenſtaͤnde, die mit ihr ver-<lb/> bunden ſind, und der Zwecke, die ſie hat, leben-<lb/> dig, und erlaubt daher niemals, laͤßig und traͤge<lb/> zu ſeyn.</p><lb/> <p>Tag und Nacht denkt der Ehrſuͤchtige an<lb/> das, was ſeiner Begierde Nahrung geben kann,<lb/> und hat nie genug fuͤr ſeine Ehre gethan.</p><lb/> <p>Tag und Nacht denkt der gewinnſuͤchtige<lb/> Kaufmann auf neuen Gewinn, macht tauſend<lb/> Verſuche, unterzieht ſich tauſend Beſchwerden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [331/0047]
Je weniger Geiſt daher der Menſch hat, deſto
geringer iſt ſein Thaͤtigkeitstrieb. Der Dumme
oͤfnet den Mund, wo der geiſtige Haͤnde und
Fuͤße gebraucht, weil er tauſend Gegenſtaͤnde
ſieht, zu welchen dieſe ihn tragen und die er mit
jenen ergreifen kann.
Jn traͤger Ruhe liegt der ungebildete Wilde,
und regt ſich nur, wenn Jagd oder Krieg ruft,
welches die einzigen Gegenſtaͤnde ſind, die lebhaf-
te Vorſtellungen in ihm hervorbringen koͤnnen;
indeß ſein ungluͤckliches Weib, welcher Sorge,
Kummer, Schwaͤche und Furcht den Geiſt
uͤben, Tag und Nacht arbeitet *).
Wenn irgend eine Leidenſchaft ſich des Her-
zens bemeiſtert, welche bey jeder Gelegenheit an
ſich erinnert, dann wird der Trieb zur Thaͤtigkeit
ſehr lebhaft. Denn die Leidenſchaft erhaͤlt immer
die Vorſtellung der Gegenſtaͤnde, die mit ihr ver-
bunden ſind, und der Zwecke, die ſie hat, leben-
dig, und erlaubt daher niemals, laͤßig und traͤge
zu ſeyn.
Tag und Nacht denkt der Ehrſuͤchtige an
das, was ſeiner Begierde Nahrung geben kann,
und hat nie genug fuͤr ſeine Ehre gethan.
Tag und Nacht denkt der gewinnſuͤchtige
Kaufmann auf neuen Gewinn, macht tauſend
Verſuche, unterzieht ſich tauſend Beſchwerden
und
*) Robertſons Geſch. v. Amerika. 1. 437 ff.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |