Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn gleich ungewisse, doch angenehme Aussich-
ten in die Zukunft giebt.

Die Neigung sehr vieler Menschen zu dem
Hazardspiele überhaupt, gründet sich auf die,
durch das beständige Hin- und Herfallen, aus einem
Affekt in den andern, bewirkte angenehme Er-
schütterung, und bey Einigen auf die dadurch be-
werkstelligte Ausfüllung ihres leeren Herzens, wel-
ches auf diese Weise doch durch ein Jnteresse be-
wegt wird.

Aus den angeführten Gründen läßt sich
auch die große Liebe einiger Wilden zum Tanz und
zu Wagspielen, welche Robertson vornehmlich
von den Amerikanern bemerkt hat, erklären.
Als die Spanier, sagt der philosophische Ge-
schichtschreiber, zuerst nach Amerika kamen, er-
staunten sie über die Liebe der Eingebornen zum
Tanzen, und sahen mit Verwunderung, ein in sei-
nen meisten andern Geschäften kaltes und schläf-
riges Volk aufleben, und sich eifrig anstrengen, so
oft dieser Lieblingszeitvertreib vorkam*).

Wenn nun gleich bey dem Tanz der Ameri-
kaner
nicht, wie bey unsern gesitteten Tänzen,
die Liebe, noch, wie bey dem ungesitteten Tanzen,
die grobe Begierde ihre Nahrung findet, weil ge-
wöhnlich jedes Geschlecht besonders seine Tänze

feyert
*) Roberts. Gesch. v. Amerika. D. U. 1. Th. S. 456.

wenn gleich ungewiſſe, doch angenehme Ausſich-
ten in die Zukunft giebt.

Die Neigung ſehr vieler Menſchen zu dem
Hazardſpiele uͤberhaupt, gruͤndet ſich auf die,
durch das beſtaͤndige Hin- und Herfallen, aus einem
Affekt in den andern, bewirkte angenehme Er-
ſchuͤtterung, und bey Einigen auf die dadurch be-
werkſtelligte Ausfuͤllung ihres leeren Herzens, wel-
ches auf dieſe Weiſe doch durch ein Jntereſſe be-
wegt wird.

Aus den angefuͤhrten Gruͤnden laͤßt ſich
auch die große Liebe einiger Wilden zum Tanz und
zu Wagſpielen, welche Robertſon vornehmlich
von den Amerikanern bemerkt hat, erklaͤren.
Als die Spanier, ſagt der philoſophiſche Ge-
ſchichtſchreiber, zuerſt nach Amerika kamen, er-
ſtaunten ſie uͤber die Liebe der Eingebornen zum
Tanzen, und ſahen mit Verwunderung, ein in ſei-
nen meiſten andern Geſchaͤften kaltes und ſchlaͤf-
riges Volk aufleben, und ſich eifrig anſtrengen, ſo
oft dieſer Lieblingszeitvertreib vorkam*).

Wenn nun gleich bey dem Tanz der Ameri-
kaner
nicht, wie bey unſern geſitteten Taͤnzen,
die Liebe, noch, wie bey dem ungeſitteten Tanzen,
die grobe Begierde ihre Nahrung findet, weil ge-
woͤhnlich jedes Geſchlecht beſonders ſeine Taͤnze

feyert
*) Robertſ. Geſch. v. Amerika. D. U. 1. Th. S. 456.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0052" n="336"/>
wenn gleich ungewi&#x017F;&#x017F;e, doch angenehme Aus&#x017F;ich-<lb/>
ten in die Zukunft giebt.</p><lb/>
        <p>Die Neigung &#x017F;ehr vieler Men&#x017F;chen zu dem<lb/>
Hazard&#x017F;piele u&#x0364;berhaupt, gru&#x0364;ndet &#x017F;ich auf die,<lb/>
durch das be&#x017F;ta&#x0364;ndige Hin- und Herfallen, aus einem<lb/>
Affekt in den andern, bewirkte angenehme Er-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tterung, und bey Einigen auf die dadurch be-<lb/>
werk&#x017F;telligte Ausfu&#x0364;llung ihres leeren Herzens, wel-<lb/>
ches auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e doch durch ein Jntere&#x017F;&#x017F;e be-<lb/>
wegt wird.</p><lb/>
        <p>Aus den angefu&#x0364;hrten Gru&#x0364;nden la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
auch die große Liebe einiger Wilden zum Tanz und<lb/>
zu Wag&#x017F;pielen, welche <hi rendition="#b">Robert&#x017F;on</hi> vornehmlich<lb/>
von den <hi rendition="#b">Amerikanern</hi> bemerkt hat, erkla&#x0364;ren.<lb/>
Als die <hi rendition="#b">Spanier</hi>, &#x017F;agt der philo&#x017F;ophi&#x017F;che Ge-<lb/>
&#x017F;chicht&#x017F;chreiber, zuer&#x017F;t nach <hi rendition="#b">Amerika</hi> kamen, er-<lb/>
&#x017F;taunten &#x017F;ie u&#x0364;ber die Liebe der Eingebornen zum<lb/>
Tanzen, und &#x017F;ahen mit Verwunderung, ein in &#x017F;ei-<lb/>
nen mei&#x017F;ten andern Ge&#x017F;cha&#x0364;ften kaltes und &#x017F;chla&#x0364;f-<lb/>
riges Volk aufleben, und &#x017F;ich eifrig an&#x017F;trengen, &#x017F;o<lb/>
oft die&#x017F;er Lieblingszeitvertreib vorkam<note place="foot" n="*)">Robert&#x017F;. Ge&#x017F;ch. v. Amerika. D. U. 1. Th. S. 456.</note>.</p><lb/>
        <p>Wenn nun gleich bey dem Tanz der <hi rendition="#b">Ameri-<lb/>
kaner</hi> nicht, wie bey un&#x017F;ern <hi rendition="#b">ge&#x017F;itteten Ta&#x0364;nzen</hi>,<lb/>
die Liebe, noch, wie bey dem <hi rendition="#b">unge&#x017F;itteten Tanzen</hi>,<lb/>
die grobe Begierde ihre Nahrung findet, weil ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich jedes Ge&#x017F;chlecht be&#x017F;onders &#x017F;eine Ta&#x0364;nze<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">feyert</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[336/0052] wenn gleich ungewiſſe, doch angenehme Ausſich- ten in die Zukunft giebt. Die Neigung ſehr vieler Menſchen zu dem Hazardſpiele uͤberhaupt, gruͤndet ſich auf die, durch das beſtaͤndige Hin- und Herfallen, aus einem Affekt in den andern, bewirkte angenehme Er- ſchuͤtterung, und bey Einigen auf die dadurch be- werkſtelligte Ausfuͤllung ihres leeren Herzens, wel- ches auf dieſe Weiſe doch durch ein Jntereſſe be- wegt wird. Aus den angefuͤhrten Gruͤnden laͤßt ſich auch die große Liebe einiger Wilden zum Tanz und zu Wagſpielen, welche Robertſon vornehmlich von den Amerikanern bemerkt hat, erklaͤren. Als die Spanier, ſagt der philoſophiſche Ge- ſchichtſchreiber, zuerſt nach Amerika kamen, er- ſtaunten ſie uͤber die Liebe der Eingebornen zum Tanzen, und ſahen mit Verwunderung, ein in ſei- nen meiſten andern Geſchaͤften kaltes und ſchlaͤf- riges Volk aufleben, und ſich eifrig anſtrengen, ſo oft dieſer Lieblingszeitvertreib vorkam *). Wenn nun gleich bey dem Tanz der Ameri- kaner nicht, wie bey unſern geſitteten Taͤnzen, die Liebe, noch, wie bey dem ungeſitteten Tanzen, die grobe Begierde ihre Nahrung findet, weil ge- woͤhnlich jedes Geſchlecht beſonders ſeine Taͤnze feyert *) Robertſ. Geſch. v. Amerika. D. U. 1. Th. S. 456.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/52
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/52>, abgerufen am 09.11.2024.