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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ungen und Bitten, Versprechungen und Fragen dasselbige Wort: Ich habe Alles gesagt, mir kann nichts geschehen, als was mir lieb ist, und am liebsten der Tod. Denn freilich, so bald ich begraben bin -- steht Düvecke wieder auf! So glauben die Menschen bei allen Hinrichtungen!

Und so blieb nichts übrig, als daß der König ihn ins Gefängniß führen ließ. Darauf mußte sein anderer Geheimschreiber, Steffen Hopfenstein, nebst seinem vertrautesten Rathe, Klaus Holst, vor ihm erscheinen. Beide aber wußten oder hatten richtig vermuthet, was im Werke sei, und hatten sich dahin vereinigt, Torbern's Todesurtheil zu hintertreiben, damit sie ihren Gebieter vor dieser gesetzlosen Gewaltthat bewahrten, wodurch er, bei Mangel an allen Beweisen, sich seine wenigen Freunde im Lande, besonders alle, die sich noch für mächtig und frei, für selbständig oder doch für sicher hielten, zu Feinden machen mußte. Auf seine Frage um ihren Rath antworteten sie also, daß es nach reiflicher Ueberlegung am besten gethan sei, Torbern vor dem Reichsrath als Verletzer des königlichen Ehebettes anzuklagen.

Da stöhnte es leise hinter dem Vorhang, und er zitterte. Die beiden Räthe sahen sich nur betroffen um; doch es blieb still, und sie glaubten, sie hätten sich getäuscht. Indeß, meinte Klaus Holst, könnten Unsinnige die Anklage so verstehen, als wenn die Königin gefehlt hätte, und die Unschuldige für schuldig halten!

ungen und Bitten, Versprechungen und Fragen dasselbige Wort: Ich habe Alles gesagt, mir kann nichts geschehen, als was mir lieb ist, und am liebsten der Tod. Denn freilich, so bald ich begraben bin — steht Düvecke wieder auf! So glauben die Menschen bei allen Hinrichtungen!

Und so blieb nichts übrig, als daß der König ihn ins Gefängniß führen ließ. Darauf mußte sein anderer Geheimschreiber, Steffen Hopfenstein, nebst seinem vertrautesten Rathe, Klaus Holst, vor ihm erscheinen. Beide aber wußten oder hatten richtig vermuthet, was im Werke sei, und hatten sich dahin vereinigt, Torbern's Todesurtheil zu hintertreiben, damit sie ihren Gebieter vor dieser gesetzlosen Gewaltthat bewahrten, wodurch er, bei Mangel an allen Beweisen, sich seine wenigen Freunde im Lande, besonders alle, die sich noch für mächtig und frei, für selbständig oder doch für sicher hielten, zu Feinden machen mußte. Auf seine Frage um ihren Rath antworteten sie also, daß es nach reiflicher Ueberlegung am besten gethan sei, Torbern vor dem Reichsrath als Verletzer des königlichen Ehebettes anzuklagen.

Da stöhnte es leise hinter dem Vorhang, und er zitterte. Die beiden Räthe sahen sich nur betroffen um; doch es blieb still, und sie glaubten, sie hätten sich getäuscht. Indeß, meinte Klaus Holst, könnten Unsinnige die Anklage so verstehen, als wenn die Königin gefehlt hätte, und die Unschuldige für schuldig halten!

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/109>, abgerufen am 29.11.2024.