Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

verschlossen, weil sie im Angesicht des Schiffes mit dem Herzog zuerst ihrer Tochter die mütterlichen Absichten mit ihr hatte entdecken wollen, worauf sie sonst nur durch einzelne Reden bei schicklicher Gelegenheit angespielt.

Jetzt rief es mit sonderbarer Stimme durch das Schlüsselloch: Das eine Mal mache nur auf, liebe Düvecke! Ich sehe dich, du bist es! Thu auf! Oder siehst du nach dem Herzog?

Es ist der arme, unglückliche Torbern, sprach Düvecke leise, über seinen Verdacht empört.

Torbern Ore! zischelte oder züngelte die Mutter Sigbritt.

Düvecke! im Himmel vor Gott wirst du an diese Stunde gedenken! Ich komme dich zu retten! Der Wind ist uns günstig, die Nacht ist nahe, das Boot liegt fertig. Mein Gott, mir ist so angst um dich, als rauschte ein Riesenhai auf dich zu, und du spieltest im Meerbad und hörtest und sähest ihn nicht! Doch ich rufe, ich schreie dir zu: er kommt, er . . . .

-- will dich fressen! lachte die Mutter vor Zorn laut auf. Nehmt Euch in Acht, lieber Ore, daß er Euch nicht verschlingt! Nicht alle Menschen heißen Jonas!

Aber Jungfrau Düvecke trat an die Thür und sprach laut zu ihm: Dank Euch Gott, lieber Torbern, für Eure Gutthat an mir! Euch kann es nur gut gehen -- auch wenn Ihr leidet! Ich aber bin verloren -- durch meine eigene Mutter, der es unvergolten bleiben

verschlossen, weil sie im Angesicht des Schiffes mit dem Herzog zuerst ihrer Tochter die mütterlichen Absichten mit ihr hatte entdecken wollen, worauf sie sonst nur durch einzelne Reden bei schicklicher Gelegenheit angespielt.

Jetzt rief es mit sonderbarer Stimme durch das Schlüsselloch: Das eine Mal mache nur auf, liebe Düvecke! Ich sehe dich, du bist es! Thu auf! Oder siehst du nach dem Herzog?

Es ist der arme, unglückliche Torbern, sprach Düvecke leise, über seinen Verdacht empört.

Torbern Ore! zischelte oder züngelte die Mutter Sigbritt.

Düvecke! im Himmel vor Gott wirst du an diese Stunde gedenken! Ich komme dich zu retten! Der Wind ist uns günstig, die Nacht ist nahe, das Boot liegt fertig. Mein Gott, mir ist so angst um dich, als rauschte ein Riesenhai auf dich zu, und du spieltest im Meerbad und hörtest und sähest ihn nicht! Doch ich rufe, ich schreie dir zu: er kommt, er . . . .

— will dich fressen! lachte die Mutter vor Zorn laut auf. Nehmt Euch in Acht, lieber Ore, daß er Euch nicht verschlingt! Nicht alle Menschen heißen Jonas!

Aber Jungfrau Düvecke trat an die Thür und sprach laut zu ihm: Dank Euch Gott, lieber Torbern, für Eure Gutthat an mir! Euch kann es nur gut gehen — auch wenn Ihr leidet! Ich aber bin verloren — durch meine eigene Mutter, der es unvergolten bleiben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0016"/>
verschlossen, weil sie                im Angesicht des Schiffes mit dem Herzog zuerst ihrer Tochter die mütterlichen                Absichten mit ihr hatte entdecken wollen, worauf sie sonst nur durch einzelne Reden                bei schicklicher Gelegenheit angespielt.</p><lb/>
        <p>Jetzt rief es mit sonderbarer Stimme durch das Schlüsselloch: Das eine Mal mache nur                auf, liebe Düvecke! Ich sehe dich, du bist es! Thu auf! Oder siehst du nach dem                Herzog?</p><lb/>
        <p>Es ist der arme, unglückliche Torbern, sprach Düvecke leise, über seinen Verdacht                empört.</p><lb/>
        <p>Torbern Ore! zischelte oder züngelte die Mutter Sigbritt.</p><lb/>
        <p>Düvecke! im Himmel vor Gott wirst du an diese Stunde gedenken! Ich komme dich zu                retten! Der Wind ist uns günstig, die Nacht ist nahe, das Boot liegt fertig. Mein                Gott, mir ist so angst um dich, als rauschte ein Riesenhai auf dich zu, und du                spieltest im Meerbad und hörtest und sähest ihn nicht! Doch ich rufe, ich schreie dir                zu: er kommt, er . . . .</p><lb/>
        <p>&#x2014; will dich fressen! lachte die Mutter vor Zorn laut auf. Nehmt Euch in Acht, lieber                Ore, daß er Euch nicht verschlingt! Nicht alle Menschen heißen Jonas!</p><lb/>
        <p>Aber Jungfrau Düvecke trat an die Thür und sprach laut zu ihm: Dank Euch Gott, lieber                Torbern, für Eure Gutthat an mir! Euch kann es nur gut gehen &#x2014; auch wenn Ihr leidet!                Ich aber bin verloren &#x2014; durch meine eigene Mutter, der es unvergolten bleiben<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0016] verschlossen, weil sie im Angesicht des Schiffes mit dem Herzog zuerst ihrer Tochter die mütterlichen Absichten mit ihr hatte entdecken wollen, worauf sie sonst nur durch einzelne Reden bei schicklicher Gelegenheit angespielt. Jetzt rief es mit sonderbarer Stimme durch das Schlüsselloch: Das eine Mal mache nur auf, liebe Düvecke! Ich sehe dich, du bist es! Thu auf! Oder siehst du nach dem Herzog? Es ist der arme, unglückliche Torbern, sprach Düvecke leise, über seinen Verdacht empört. Torbern Ore! zischelte oder züngelte die Mutter Sigbritt. Düvecke! im Himmel vor Gott wirst du an diese Stunde gedenken! Ich komme dich zu retten! Der Wind ist uns günstig, die Nacht ist nahe, das Boot liegt fertig. Mein Gott, mir ist so angst um dich, als rauschte ein Riesenhai auf dich zu, und du spieltest im Meerbad und hörtest und sähest ihn nicht! Doch ich rufe, ich schreie dir zu: er kommt, er . . . . — will dich fressen! lachte die Mutter vor Zorn laut auf. Nehmt Euch in Acht, lieber Ore, daß er Euch nicht verschlingt! Nicht alle Menschen heißen Jonas! Aber Jungfrau Düvecke trat an die Thür und sprach laut zu ihm: Dank Euch Gott, lieber Torbern, für Eure Gutthat an mir! Euch kann es nur gut gehen — auch wenn Ihr leidet! Ich aber bin verloren — durch meine eigene Mutter, der es unvergolten bleiben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/16
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/16>, abgerufen am 27.04.2024.