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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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meinte Faaburg zu ihr -- sei es gut, daß sie in Obslo ganz verborgen und eingezogen lebe. Und da sie gehört hatte, daß der Herzog sogar öfters und lange in dieser schönen Stadt verweile, so folgte sie gern und bezog ein kleines einsames Haus, während ihr Faaburg seines Amtes wegen, und um nicht Verdacht zu erwecken, hier wieder auf dem Schlosse wohnen ging. Düvecke schien es hier doch wohler und sicherer im Schutz eines liebenden Mannes, als im Verrath einer herrschsüchtigen Mutter. Die Einsamkeit war ihr geringster Kummer, denn ein liebendes Weib ist nie allein, ihre Hoffnungen, Befürchtungen, Wünsche und zärtliche Sorgen sind ihr wie eine vom Himmel gesandte Gesellschaft von kleinen Genien, die sogleich sie umschweben, wenn sie nicht schwere irdische Menschengestalten bei ihr gewahren. Ihr Kummer war nur um ihre Mutter, der sie doch weh gethan als Tochter, da dieselbe nun einmal so war wie sie war; und ihre Gedanken schwebten oft um Torbern Ore, dessen Eifersucht sie zwar kannte, aber ihn auch keiner bösen That fähig hielt, am wenigsten einer, die ihr Schmerz machen mußte, wenn sie Den liebte, den er zu den Schatten senden wollte. Das konnte er nicht thun! Das war er nicht gewesen!

Ein anderes Bedenken quälte sie mehr: daß der Probst von Rothschild, der Erik Walkendorp, der mit dem Herzog nach Bergen gekommen, auch ein Freund ihres Faaburg war. Konnte der Mann erst so schlecht, dann so falsch sein? Sie frug ihn einst, als er sie in

meinte Faaburg zu ihr — sei es gut, daß sie in Obslo ganz verborgen und eingezogen lebe. Und da sie gehört hatte, daß der Herzog sogar öfters und lange in dieser schönen Stadt verweile, so folgte sie gern und bezog ein kleines einsames Haus, während ihr Faaburg seines Amtes wegen, und um nicht Verdacht zu erwecken, hier wieder auf dem Schlosse wohnen ging. Düvecke schien es hier doch wohler und sicherer im Schutz eines liebenden Mannes, als im Verrath einer herrschsüchtigen Mutter. Die Einsamkeit war ihr geringster Kummer, denn ein liebendes Weib ist nie allein, ihre Hoffnungen, Befürchtungen, Wünsche und zärtliche Sorgen sind ihr wie eine vom Himmel gesandte Gesellschaft von kleinen Genien, die sogleich sie umschweben, wenn sie nicht schwere irdische Menschengestalten bei ihr gewahren. Ihr Kummer war nur um ihre Mutter, der sie doch weh gethan als Tochter, da dieselbe nun einmal so war wie sie war; und ihre Gedanken schwebten oft um Torbern Ore, dessen Eifersucht sie zwar kannte, aber ihn auch keiner bösen That fähig hielt, am wenigsten einer, die ihr Schmerz machen mußte, wenn sie Den liebte, den er zu den Schatten senden wollte. Das konnte er nicht thun! Das war er nicht gewesen!

Ein anderes Bedenken quälte sie mehr: daß der Probst von Rothschild, der Erik Walkendorp, der mit dem Herzog nach Bergen gekommen, auch ein Freund ihres Faaburg war. Konnte der Mann erst so schlecht, dann so falsch sein? Sie frug ihn einst, als er sie in

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/37>, abgerufen am 27.04.2024.